Weltklimakonferenz COP26 Johnson forciert den Klimaschutz – doch beim Weltklimagipfel in Glasgow droht ein Flop

Der Milliardär und der britische Premier redeten in London über den Weg zur Klimaneutralität.
London Wenn Queen Elisabeth II. zu Canapés einlädt, kommen sie alle: Beim Klimaempfang auf Schloss Windsor tummelten sich am Dienstag mehr als hundert Bosse aus der Finanzwirtschaft, der Techszene und der Industrie, darunter Bill Gates (Microsoft), David Solomon (Goldman Sachs) und Stephen Schwarzman (Blackstone). Zuvor sprachen sie bei einem Investorengipfel im Londoner Science Museum über den grünen Umbau der Wirtschaft.
Das CEO-Treffen sollte den Ton vorgeben für die Weltklimakonferenz COP26, die vom 31. Oktober bis zum 12. November in Glasgow stattfindet. Die Wirtschaft spiele eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels, sagte Gastgeber und Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Insgesamt verkündete er „grüne“ Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Pfund.
Der größte Einzelposten, eine Investition des spanischen Energiekonzerns Iberdrola in Höhe von sechs Milliarden Pfund für einen Offshore-Windpark in East Anglia, war allerdings bereits bekannt. Auch RWE plant weitere Milliardeninvestitionen. Das Land sei einer der „strategischen Schlüsselmärkte“, sagte RWE-Chef Markus Krabber.
Johnson trug wie gewohnt dick auf. Großbritannien wolle das „Katar des Wasserstoffs“ und das „Saudi-Arabien der Windkraft“ werden, erklärte er. Zusammen mit der Gates Stiftung will die Regierung 400 Millionen Pfund in die Erforschung von Zukunftstechnologien wie grünem Wasserstoff und CO2-Speicherung investieren.
Großbritannien legt Net-Zero-Strategie vor
Zugleich legte die Regierung ihre lang erwartete Net-Zero-Strategie vor. Unter anderem will sie den Einbau von Wärmepumpen in britischen Wohnungen mit 5000 Pfund pro Haushalt subventionieren, um die klimaschädlichen Gasboiler zu ersetzen. Diese heizen derzeit 85 Prozent der Haushalte im Land und verursachen 21 Prozent der nationalen Emissionen. Ab 2035 sollen keine neuen Gasboiler mehr verkauft werden.
Bei der Stromgewinnung setzt das Land verstärkt auf die Atomkraft. Mit einer Finanzierungszusage für den Bau eines neuen Atomkraftwerks hielt sich die Regierung noch zurück, aber sie versprach 120 Millionen Pfund für die Entwicklung von Mini-Reaktoren.
Auch bei der E-Mobilität prescht sie vor: Ab 2030 dürfen keine Neuwagen mit Verbrennermotor mehr verkauft werden. Schon vorher soll es Vorgaben für Autobauer geben, welchen Anteil an „sauberen Autos“ sie pro Jahr verkaufen müssen. Die Regierung kündigte knapp eine Milliarde Pfund für Kaufprämien, Ladesäulen und Zulieferer an, um den Wandel in der Branche zu unterstützen.
Boris Johnson erwartet schwierige Gespräche bei COP26
Mit dem guten Beispiel will Johnson die anderen Teilnehmer der Weltklimakonferenz ermuntern, ebenfalls konkrete Zusagen zu machen. Das Treffen von Glasgow markiert die erste Fünfjahresmarke seit dem Pariser Abkommen 2015. Damals hatten sich 196 Länder darauf verständigt, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Zu diesem Zweck wollten sie bis 2020 nationale Klimapläne vorlegen.
Bis jetzt hat jedoch erst rund die Hälfte der G20-Länder konkrete Pläne bei der Uno eingereicht. Es fehlen noch einige der größten Emittenten wie China und Indien. Der britische COP-Beauftragte Alok Sharma, ein ehemaliger Wirtschaftsminister, fliegt seit Monaten um die Welt, um Klimazusagen einzusammeln. Seine Überzeugungskraft scheint jedoch begrenzt.
In London wird befürchtet, dass die Klimakonferenz ein Flop wird und keinen nennenswerten Fortschritt bringt. Es würden „äußerst schwierige Gespräche“, sagte Johnson dem Sender Bloomberg TV.
Auch der US-Klimabeauftragte John Kerry hatte die Erwartungen an Glasgow zuletzt gedämpft. Zu wenige Länder würden ihre Emissionen senken, sagte er der BBC. China etwa, welches 27 Prozent der globalen CO2-Emissionen verursacht, will überhaupt erst 2030 mit der Senkung beginnen. Das ist aus Sicht der Experten zu spät, wenn die Welt bis 2050 klimaneutral sein soll.
Zwölf Tage vor der Konferenz ist auch immer noch unklar, wer überhaupt dabei ist. Beim letzten COP-Treffen in Madrid 2019 fehlten die Regierungschefs der fünf größten Klimasünder USA, China, Indien, Japan und Russland. Dieses Mal sind immerhin die USA mit Präsident Joe Biden vertreten, aber Chinas Präsident Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin werden nicht erwartet.
Johnson hofft auf Kohleausstieg
Johnson hofft auf ein Gipfelbekenntnis zum Ende der Kohle. Bis 2030 sollten die Industrieländer aus der Kohle aussteigen, bis 2040 auch die Schwellenländer, sagte er. Großbritannien hat den Anteil des fossilen Brennstoffs im Energiemix bereits gegen null gedrückt, hatte aber zuletzt in der Energiekrise alte Kohlekraftwerke wieder zeitweise hochgefahren.
Klimaschützer bemängeln, dass Rhetorik und Realität bei der Johnson-Regierung oft auseinanderklaffen. Bis 2030 will das Land die CO2-Emissionen um 68 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Bis 2035 sollen es 78 Prozent sein. Mit dem aktuellen Tempo wäre das laut Experten nicht zu erreichen.
Auch der Plan, Wärmepumpen in Privatwohnungen zu subventionieren, enttäuschte die Umweltgruppen. Die bereitgestellten 450 Millionen Pfund reichen nämlich nur für 90.000 Wärmepumpen – bei rund 30 Millionen Gebäuden. Die Summe reiche nicht annähernd aus, sagte Caroline Jones von Greenpeace. Auch Mike Childs von Friends of the Earth gab sich wenig beeindruckt: „Es ist ein Anfang, aber kein guter.“
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