Weltklimakonferenz US-Präsident eröffnet virtuellen Klimagipfel – Diese Klimaziele stellen die Länder in Aussicht

„In diesem Moment geht es um mehr, als den Planeten zu retten“, erklärte Biden.
Washington US-Präsident Joe Biden hat sein Land und die anderen großen Industrieländer aufgerufen, mehr gegen den Klimawandel zu unternehmen. Das müsse erledigt werden, sagte er am Donnerstag zur Eröffnung eines virtuellen Klimagipfels.
„In diesem Moment geht es um mehr, als den Planeten zu retten“, erklärte Biden in seiner Eröffnungsrede. „Es geht darum, eine bessere Zukunft für uns alle zu schaffen.“ Die wissenschaftlichen Erkenntnisse könne man nicht ignorieren. „Die Kosten des Nichthandelns wachsen immer weiter.“
Ziel des zweitägigen Treffens, das nur online stattfinden soll, war es, die größten Klimasünder zum schnelleren Handeln im Kampf gegen die Erwärmung der Erde zu motivieren. Die US-Regierung ging als Gastgeberin voran und kündigte bis 2030 eine Reduzierung der Treibhausgase um mindestens 50 Prozent gegenüber dem Wert von 2005 an.
UN-Generalsekretär António Guterres forderte aggressive Maßnahmen im Kampf gegen die Erderwärmung. Die Welt stehe am Rande des Abgrunds, erklärte er. Notwendig sei eine globale Koalition, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.
„Jedes Land, jede Region, jede Stadt, jedes Unternehmen und jede Branche“ müsse sich beteiligten, erklärte Guterres. Die kommende Dekade müsse eine der Transformation sein, in der die größten Klimasünder wie die USA und andere Industriestaaten detaillierte, ehrgeizige Pläne vorlegten, um den Klimawandel zu bremsen. Dazu gehörten ein Preis für CO2, ein Ende der Subventionen für fossile Brennstoffe und höhere Investitionen in erneuerbare Energien und eine grüne Infrastruktur. Neue Kohlekraftwerke dürften nicht mehr gebaut werden, forderte Guterres.
Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore lobte die Zielsetzung des Weißen Hauses und erklärte: „Heute hat Präsident Biden gezeigt, dass seine Regierung der Aufgabe gewachsen ist, den Klimawandel anzugehen.“
Ihre Teilnahme zugesagt haben unter anderen der russische Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch Vertreter von Inselstaaten, die bereits mit den Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen haben, wollten sich zuschalten, genauso wie Papst Franziskus.
Klimaaktivistinnen griffen unterdessen den Sitz der britischen Bank HSBC in London an. Neun Mitglieder der Gruppen Extinction Rebellion und Burning Pink schlugen mit Hämmern und Meißeln Fensterscheiben des Gebäudes im Londoner Bankenviertel an. Sie erklärten, sie wollten auf diese Weise auf die Rolle der Finanzbranche in der Klimakrise aufmerksam machen. Die HSBC finanziere trotz eines Bekenntnisses zum Klimaschutz noch immer fossile Brennstoffe. Die neun Frauen wurden nach Angaben der Polizei festgenommen.
Die Klimaziele der Länder im Überblick:
China
Der chinesische Präsident Xi Jinping bekräftigte, dass sein Land vor 2030 mit einer Reduzierung der Kohlstoffemissionen beginnen und dann bis 2050 das Ziel der Klimaneutralität erreichen wolle. „Die Umwelt zu verbessern bedeutet die Produktivität zu steigern“, sagte er.
Xi betonte allerdings, die Industriestaaten, die für höhere Treibhausgasemissionen verantwortlich seien, sollten größere Verantwortung übernehmen. Sie müssten Veränderungen im Inland einleiten und die Entwicklungsländer finanziell bei ihrem Übergang zu einem niedrigeren CO2-Ausstoß unterstützen.
Großbritannien
Der britische Premierminister Boris Johnson hat die Teilnehmer des US-Klimagipfels dazu aufgefordert, ihre Bemühungen im Kampf gegen die Erderwärmung zu verstärken. Großbritannien habe gezeigt, dass es möglich sei, Emissionen zu verringern und trotzdem ein erhebliches Wirtschaftswachstum zu erreichen, sagte Johnson bei der Online-Konferenz. Die Erholung von der Coronavirus-Pandemie könne genutzt werden, um in eine grünere Zukunft zu investieren, so der konservative Politiker.
Bereits am Dienstag hatte Johnson angekündigt, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase in Großbritannien bis 2035 um 78 Prozent im Vergleich zum Niveau der 1990er Jahre reduzieren zu wollen. Das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, könne damit bereits bis 2037 zu zwei Dritteln erreicht werden.
Laut Johnson handelt es sich um „das weltweit ambitioniertestes Ziel für die Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen“. Er forderte die Teilnehmer der für November im schottischen Glasgow geplanten UN-Klimakonferenz (COP26) auf, bis dahin ähnliche Verpflichtungen einzugehen.
Russland
Ungeachtet zahlreicher politischer Konflikte zwischen Russland und dem Westen hat Kremlchef Wladimir Putin den Klimaschutz als verbindendes Element bezeichnet. Beim Kampf gegen die Erderwärmung müsse die gesamte Weltgemeinschaft ihre Anstrengungen vereinen, sagte Putin auf dem Online-Gipfel. Die Diskussion der 40 Staats- und Regierungschefs zeige, „wie tief wir alle die mit dem Klimawandel verbundene Besorgnis teilen“, sagte Putin.
Der Kremlchef hatte seine Teilnahme an dem virtuellen Treffen erst am Montag zugesagt. Die Beziehungen zwischen Moskau und Washington sind seit langem angespannt. Erst in der vergangenen Woche hatten die USA Sanktionen gegen Russland verhängt und russische Diplomaten ausgewiesen.
Moskau reagierte mit der Ausweisung von US-Diplomaten. Zudem sorgte es kürzlich in Moskau für Empörung, dass Biden in einem Interview die Frage bejaht hatte, ob er seinen russischen Kollegen für einen „Killer“ halte.
Russland sei bereit, „eine ganze Reihe“ gemeinsamer Klimaprojekte anzubieten, sagte Putin nun. Das flächenmäßig größte Land der Erde ist vom Temperaturanstieg besonders betroffen. In Sibirien taut der Permafrostboden, weshalb Wissenschaftler vor der Freisetzung großer Mengen Kohlenstoff warnen. In den vergangenen Sommern gab es zudem größere Waldbrände in Teilen Russlands.
Indien
Indien kündigte an, in Partnerschaft mit den USA seine Nutzung erneuerbarer Energien bis 2030 auf 450 Gigawatt zu steigern. Weitere Bestandteile der Zusammenarbeit seien die Stärkung der Energieeffizienz, Aufforstung und der Schutz der Biodiversität. Ministerpräsident Narendra Modi verwies darauf, dass der durchschnittliche CO2-Fußabdruck in Indien 60 Prozent niedriger als im weltweiten Durchschnitt sei.
Kanada
Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat ehrgeizigere Ziele beim Klimaschutz für sein Land angekündigt. Bis 2030 solle das Emissionslevel von 2005 um 40 bis 45 Prozent unterschritten werden, sagte Trudeau beim Gipfel. Ziel sei es, die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen Kanadas bis 2050 auf netto Null zu drücken.
Das werde nicht einfach, sei aber unumgänglich, sagte Trudeau - und rief die Staats- und Regierungschefs der Welt auf mitzumachen. Bisher hatte Kanada eine Reduktion seines Emissionslevels von 2005 um 30 Prozent bis 2030 als Ziel angegeben.
Europäische Union
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen setzt auf einen weltweiten Kraftakt. „Lasst uns gemeinsam einen neuen globalen Standard für Klimaneutralität setzen“, sagte von der Leyen am Donnerstag bei dem von US-Präsident Joe Biden einberufenen Klimagipfel. „Lasst uns zusammenarbeiten für eine gemeinsame Verpflichtung und geeintes Handeln zur Senkung der Emissionen bis 2030.“
Das Pariser Klimaabkommen von 2015 sei die „Lebensversicherung der Menschheit“, sagte von der Leyen. Bei der nächsten UN-Klimakonferenz in Glasgow Ende des Jahres müssten alle zeigen, dass sie das verstanden hätten. Die globale Erwärmung nähere sich gefährlich dem im Abkommen erwähnten Grenzwert von 1,5 Grad. „Die Wissenschaft sagt uns: Es ist noch nicht zu spät, aber wir müssen uns beeilen“, sagte von der Leyen. „Europa macht das.“
Sie verwies auf das neue EU-Klimaziel für 2030, mindestens 55 Prozent weniger klimaschädliche Treibhausgase auszustoßen als 1990. Im EU-Klimagesetz werde zudem in Stein gemeißelt, dass Europa bis 2050 klimaneutral werde. Das bedeutet, dass dann alle Treibhausgase vermieden oder gespeichert werden müssen.
Im Juni werde die Kommission mit dem Paket „Fit for 55“ Vorschläge zur Umsetzung machen, sagte von der Leyen. Konkret stellte sie bereits eine Ausweitung des Emissionshandels auf weitere Wirtschaftszweige in Aussicht: „Wir werden dafür sorgen, dass der Emissionshandel nicht nur für Energieerzeugung und Industrie funktioniert, sondern auch für Verkehr und Gebäude.“
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