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Wiederaufbaufonds Zahlungen aus dem Rettungsfonds: Den EU-Staaten droht die nächste Enttäuschung

In Europa wächst die Sorge, dass die Mittel aus dem Wiederaufbaufonds verspätet fließen. Nach dem Impfstoffdebakel könnte das Ansehen der EU weiter beschädigt werden.
11.03.2021 - 18:26 Uhr Kommentieren
Vor wenigen Wochen räumte die EU-Kommissionschefin Fehler bei der Impfstoff-Beschaffung ein. Quelle: dpa
Ursula von der Leyen

Vor wenigen Wochen räumte die EU-Kommissionschefin Fehler bei der Impfstoff-Beschaffung ein.

(Foto: dpa)

Brüssel Im ersten Jahr der Pandemie blickten die Europäer mitleidig über den Atlantik. Sie sahen überfüllte Krankenhäuser in New York, Autoschlangen vor Armenküchen in Texas, eine Supermacht, die im Kampf gegen das Virus versagte. Doch im zweiten Corona-Jahr wird aus Mitleid Bewunderung. Bei den Impfungen sind die Amerikaner den Europäern längst enteilt. Nun hängen sie die EU auch noch bei den Wirtschaftshilfen ab.

Während die USA schon ihr drittes Konjunkturprogramm auflegen, richten sich in Europa die Hoffnungen auf den 750 Milliarden Euro umfassenden Wiederaufbaufonds, auf den sich die EU vergangenen Sommer nach harten Debatten geeinigt hatte. Hier jedoch könnte die nächste Enttäuschung bevorstehen: In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten wächst die Sorge, dass sich die Auszahlung der Mittel verzögert.

Ein Grund dafür seien die „romandicken“ Anmerkungen, mit denen die EU-Kommission die vorläufigen Investitionspläne der Mitgliedstaaten kommentiert. Dadurch gerate der gesamte Zeitplan in Gefahr, dem zufolge das erste Geld im Sommer fließen sollte. Im Falle Deutschlands, das 22 Milliarden Euro aus dem Fonds erhalten soll, beharrt die EU bisher auf ambitioniertere Reformpläne. Zudem bemängelt sie, dass die Bundesregierung wenig neue Investitionsprojekte angeht, sondern das Geld überwiegend für ohnehin geplante Vorhaben ausgeben will.

„Die Verzögerung des Rettungsfonds ist hochproblematisch“, sagte Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, dem Handelsblatt. „Während US-Präsident Joe Biden gerade ein Paket durchgesetzt hat, das mehr als dreimal so groß ist wie unseres, steckt Europa in Verfahren fest.“ Die Menschen und Unternehmen erwarteten jetzt Ergebnisse. 

Allerdings ist für die wachsende Zeitnot aus Webers Sicht weniger die EU-Kommission verantwortlich – vielmehr seien es die Mitgliedstaaten selbst. „Es ist nicht vermittelbar, dass manche Parlamente sich bisher einfach geweigert haben, das Abkommen zu ratifizieren, das ihre Regierungschefs vor neun Monaten geschlossen haben.“

Ergebnisse gefordert

Auch Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen, springt der Brüsseler Behörde bei: „Wenn sich die Bundesregierung über viele Anmerkungen der Kommission beschwert, sollte sie vielleicht erst mal ihre Hausaufgaben erledigen.“ 75 Prozent der Ausgaben, die Berlin aus dem Wiederaufbaufonds bestreiten will, seien von der Bundesregierung ohnehin geplant gewesen. „Einfach mit Euro-Bonds zu bezahlen, was man sonst mit eigenen Staatsanleihen finanziert hätte, bringt keinen Innovationsschub“, kritisierte Giegold.

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Die Mittel des Wiederaufbaufonds sollen nicht nur die Krisenfolgen abfangen, sondern auch das langfristige Wachstumspotenzial der EU-Mitglieder erhöhen. Daher sollen große Teile des Geldes in Klimaschutz- und Digitalisierungsprojekte fließen. Zur Finanzierung wollen die EU-Staaten die Kommission erstmals ermächtigen, gemeinsame europäische Anleihen auszugeben.

Das hilft vor allem jenen Ländern, deren eigener finanzpolitischer Spielraum aufgrund hoher Schulden eingeschränkt ist – das ist ein wichtiger Beitrag zur Einheit Europas. In der Kommission ist man sich der hohen Erwartungen wohl bewusst. Wegen Fehlern bei der Impfstoffbeschaffung steht die Brüsseler Behörde seit Wochen in der Kritik. Enttäuschungen beim Wiederaufbaufonds würden das Stimmungsbild weiter verfinstern – und könnten das Ansehen der EU dauerhaft beschädigen.

Im Gespräch mit dem Handelsblatt trat EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn daher der Befürchtung entgegen, dass sich die Auszahlung verzögert. Er sei „zuversichtlich, dass wir den vorgesehenen Zeitplan einhalten können“, versicherte er. „Wir haben von jenen Mitgliedstaaten, die uns bereits Entwürfe der Reform- und Resilienzpläne oder wesentliche Elemente davon übermittelt haben, sehr gute Vorschläge für Investitionen in den Green Deal und den Digitalbereich erhalten.“ Gesprächsbedarf gibt es allerdings sehr wohl noch. „Reformen sind unerlässlich, wenn wir eine nachhaltige Wirtschaftserholung erreichen und die Europäische Union krisenfester machen wollen“, betonte Hahn.

Wirtschaftlich und politisch steht viel auf dem Spiel, zumindest darin sind sich alle einig. „Europa liegt schon beim Impfen zurück – mit schweren wirtschaftlichen Folgen“, sagte Grégory Claeys vom Brüsseler Wirtschafts-Thinktank Bruegel. Das neue US-Konjunkturpaket werde nun dazu führen, dass die Erholung in den USA sich weiter beschleunigt und deutlich stärker ausfällt als in Europa

Das Problem dabei: „Ein rapider Aufschwung in den USA wird die Zinsen ansteigen lassen, nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa“, mahnte Claeys. Das gefährde vor allem die Perspektiven der hochverschuldeten Länder Südeuropas - und womöglich die Einheit der EU.

Mehr: „Großes Investoreninteresse“: EU verzeichnet hohe Nachfrage bei Anleihen für ihr Kurzarbeitsprogramm

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