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Zensursoftware Regierung in Litauen warnt vor chinesischen Handys wie Xiaomi und Huawei

In chinesischen Handys soll es erhebliche Schwachstellen geben. Ein Cybersicherheitsexperte hält die Warnung aus Litauen für plausibel. Deutsche Digitalpolitiker zeigen sich alarmiert.
22.09.2021 Update: 23.09.2021 - 13:12 Uhr Kommentieren
Das litauische Verteidigungsministerium zeigt die geöffneten Smartphones Xiaomi Mi 10T 5G, Huawei P40 5G, OnePlus 8T 5G. Quelle: via REUTERS
Chinesische Handys

Das litauische Verteidigungsministerium zeigt die geöffneten Smartphones Xiaomi Mi 10T 5G, Huawei P40 5G, OnePlus 8T 5G.

(Foto: via REUTERS)

Berlin Der chinesische Smartphone-Hersteller Xiaomi hat einige äußerst erfolgreiche Monate hinter sich. Da der Konkurrent Huawei unter den Sanktionen der USA leidet, hat der Konzern den Marktanteil im zweiten Quartal auf 17 Prozent ausbauen können – gerade in Europa sind die Geräte gefragt. Doch eine Schlagzeile aus Litauen könnte dem Geschäft schaden.

Die Regierung des EU-Staates hat vor Sicherheitslücken und eingebauten Zensurfunktionen in chinesischen Mobiltelefonen gewarnt – darunter ein Modell von Xiaomi. Nach Angaben des staatlichen Zentrums für Cybersicherheit in Vilnius sind bei einer Untersuchung von drei 5G-Smartphones der Hersteller Huawei, Xiaomi and Oneplus mehrere Cybersicherheitsrisiken festgestellt worden. Bei Huawei-Telefonen gebe es Bedenken in Verbindung mit dem offiziellen App-Store, der zu unsicheren Anbietern weiterleite.

Bei anderen Geräten bestehe das Risiko des Verlusts personenbezogener Daten und möglicher Einschränkungen der Meinungsfreiheit, teilte die dem Verteidigungsministerium des baltischen EU- und Nato-Landes unterstellte Behörde mit.

Technologieunternehmen müssen in China strenge Auflagen erfüllen, damit sie ihre Produkte anbieten dürfen, dazu zählt auch die Zensur von Inhalten. Der Leiter für Internationale Cybersicherheitspolitik bei der Stiftung Neue Verantwortung, Sven Herpig, hält die Warnung der litauischen Regierung daher auch für berechtigt. „Es ist durchaus plausibel, dass auf Geräte chinesischer Hersteller Zensursoftware aufgespielt wird“, sagte Herpig dem Handelsblatt.

Im Fall des Xiaomi-Geräts hat die litauische Cyberbehörde nach eigenen Angaben festgestellt, dass es technisch die Fähigkeit besitze, die darauf heruntergeladenen Inhalte zu zensieren. Demnach könne es Begriffe wie „Freies Tibet“, „Es lebe die Unabhängigkeit Taiwans“ oder „Demokratiebewegung“ erkennen und blockieren, hieß es in einer Mitteilung.

Der Befund ist auch politisch brisant. Die Beziehungen zwischen Litauen und China hatten sich in letzter Zeit verschlechtert. China verlangte im vergangenen Monat, dass Litauen seinen Botschafter in Peking abziehen soll, und kündigte an, seinen Gesandten in Vilnius zurückrufen zu wollen. Der Grund dafür war, dass Taiwan angekündigt hatte, seine diplomatische Vertretung in Litauen „Taiwanesisches Repräsentationsbüro“ zu nennen.

Die Zensurfunktion in dem Xiaomi-Gerät soll dem Regierungsbericht zufolge bei in Europa verkauften Handys deaktiviert sein, könne aber jederzeit auch aus der Ferne eingeschaltet werden. Darauf weist auch der Cybersicherheitsexperte Herpig hin. Es stelle sich die Frage, warum die Zensurfunktion auf Geräten für den europäischen Markt nur deaktiviert sei und nicht komplett darauf verzichtet wurde. Es bestehe somit nicht nur das „Risiko, dass der Mechanismus zum Beispiel über ein Software-Update des Herstellers aktiviert, sondern dadurch auch erst aufgespielt wird, selbst wenn er vorher nicht auf dem Gerät war“.

Der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann reagierte besorgt. „Die Entdeckungen der Behörden in Litauen sind alarmierend“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt. Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte: „Derartig tief in die Meinungsfreiheit eingreifende, in Technik versteckte Zensurmechanismen sind selbstverständlich vollkommen inakzeptabel.“ Der Vorgang zeige, wie schlecht es um die IT-Sicherheit und die Integrität der täglich eingesetzten Geräte stehe.

Zimmermann forderte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf, den Hinweisen „umgehend“ nachzugehen und das Ausmaß der Gefährdung zu bewerten. „Insbesondere muss geklärt werden, ob diese Geräte die entsprechende Zensur auch jeweils an chinesische Stellen melden“, sagte er.

Der CDU-Digitalpolitiker Tankred Schipanski setzt ebenfalls auf weitere Aufklärung durch das BSI. Er geht gehe davon aus, dass Litauens Cybersicherheitsbehörden auch mit anderen europäischen Ländern im Austausch stünden und das BSI hierzu Stellung nehmen könne, sagte er.

Risiko auch für den kommerziellen Erfolg

Auch Herpig forderte die deutsche Cybersicherheitsbehörde BSI zum Handeln auf. „Das BSI sollte hier Aufklärungsarbeit leisten und den Verbrauchern mitteilen, wie sie sich jetzt verhalten sollen“, sagte er. Die Behörde habe sich neuerdings auch den digitalen Verbraucherschutz auf die Fahnen geschrieben, dann solle sie entsprechend handeln und zu dem litauischen Regierungsbericht Stellung beziehen. „Die Warnung der litauischen Regierung vor chinesischen Smartphones ist schon schwerwiegend.“

Das BSI teilte auf Anfrage mit, man habe von dem Bericht heute erfahren. „Eigene Erkenntnisse zu den darin veröffentlichten Analysen liegen im BSI derzeit noch nicht vor“, sagte ein Sprecher der Behörde.

Der Grünen-Politiker von Notz nahm den Fall der chinesischen Handys zum Anlass, auf die Versäumnisse der Bundesregierung im Bereich der IT-Sicherheit hinzuweisen. „CDU/CSU und SPD haben es über Jahre verpasst, Mindeststandards für Computer, Handys und Router und andere digitale Geräte zu definieren“, sagte er. Zudem seien Sanktionsmöglichkeiten weiterhin viel zu schwach.

Für die chinesischen Handy-Hersteller haben die erhobenen Vorwürfe auch eine wirtschaftliche Dimension. Xiaomi zählt in China zu den größten Smartphone-Herstellern. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen jedoch seine Präsenz im Ausland stark ausgebaut, zunächst in Asien – besonders in Indien, nun auch in Europa.

In Düsseldorf entsteht derzeit eine Zentrale für das Geschäft auf dem Kontinent. Das Selbstbewusstsein ist groß: „Wir sind wie Apple, nur besser und günstiger“, sagte Firmengründer Lei Jun einmal bei einer Produktvorstellung. Dass Xiaomi die Zensur von Nutzern im Westen plant, erscheint angesichts dieser Ambitionen unwahrscheinlich – das dürfte den kommerziellen Erfolg massiv infrage stellen.

Allerdings sei schon der Anschein gefährlich, sagt IT-Sicherheitsexperte Herpig: „Für chinesische Smartphone-Hersteller, die auf dem europäischen Markt Fuß fassen wollen, kann das zum Problem werden, wenn sich der Eindruck verfestigt, dass ihre Geräte ungewünschte Funktionen erhalten oder unsicher sind.“

Ein Sprecher von Xiaomi erklärte indessen, die Geräte seines Unternehmens zensierten keine Kommunikation mit oder von ihren Nutzern. „Xiaomi hat und wird niemals persönliche Aktivitäten seiner Smartphone-Nutzer einschränken oder unterbinden, wie beispielsweise das Suchen, Anrufen, Surfen im Internet oder die Verwendung von Drittanbieter-Kommunikationssoftware.“

Das Unternehmen respektiere und schütze die gesetzlichen Rechte seiner Nutzer in vollem Umfang und erfülle auch die Bestimmungen der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Huawei wies nach einem Bericht der Agentur BNS die Bedenken zurück. „Benutzerdaten werden niemals außerhalb des Huawei-Geräts verarbeitet“, teilte der litauische Vertreter des chinesischen Tech-Konzerns mit.

Nach Angaben der litauischen Behörde wurden die drei Hersteller für die Studie ausgewählt, weil in öffentlichen Datenbanken Cybersicherheitsrisiken in deren Produkten identifiziert worden waren. In Litauen selbst haben rund 200 öffentliche Stellen deren Mobiltelefone mit dem schnellen Mobilfunkstandard 5G erworben.

Mehr: Smartphone-Absatz: Xiaomi verdrängt Apple von Platz zwei – Samsung bleibt Marktführer

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