Immer mehr Schuldner Gute Konjunktur kommt nicht bei jedem an

Trotz der historisch guten Lage auf dem Arbeitsmarkt und der boomenden Konjunktur wächst immer mehr Menschen ihre finanzielle Situation über den Kopf.
Wiesbaden Die historisch günstige Lage auf dem Arbeitsmarkt erfreut die Beschäftigten in Deutschland - auf Schuldner hingegen hat sie meist wenig Auswirkung. Obwohl im Mai 2017 bundesweit so viele Menschen in Arbeit waren wie seit 26 Jahren nicht mehr, gibt es immer mehr Schuldner mit immer mehr Schulden. Woran liegt das?
Christoph Zerhusen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen begründet den stetigen Anstieg mit den „Risikogruppen“. Gemeint sind zum Beispiel alleinerziehende Mütter, Langzeitarbeitslose, Menschen im Niedriglohnsektor, Minijobber oder Migranten.
Bei vielen dieser Gruppen steigt die Zahl der Menschen. „Ein Großteil von ihnen hat keine Möglichkeit, noch einmal in den Arbeitsalltag zu kommen. Bei denen kommt eine gute Konjunktur überhaupt nicht an“, sagt Zerhusen.
Die „verletzlichen Verbraucher“, wie die Risikogruppen mit durchwachsenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt im Fachjargon auch genannt werden, kurbeln meistens nur das Geschäft in einem Gewerbe an: dem der Schuldnerberater. Über 600.000 Menschen suchten laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2016 eine solche Beratung auf.
Ein Schritt, den Zerhusen für absolut alternativlos hält. „In den allermeisten Fällen kann man eine Lösung erzielen. Wenn ich ein Schuldenproblem habe, muss man sich qualifizierte Hilfe holen“, meint der Fachmann.
Oft seien das Problem nicht die durchschnittlich zehn Wochen Wartezeit bis zur ersten Beratung, sondern das eigene Zögern. „Viele Leute holen sich zu spät Rat. Wir wünschen uns, dass Menschen in finanzieller Schieflage rechtzeitig eine qualifizierte Schuldnerberatung aufsuchen“, sagt Zerhusen.
Insgesamt gibt es bundesweit rund 1400 amtlich anerkannte Schuldnerberatungsstellen – und die haben immer mehr Arbeit und oft mit schwierigen Fällen zu kämpfen. „Der Berater sollte rechtlich und wirtschaftlich und psychosozial Fachkenntnisse aufweisen. Es ist ein langwieriger Prozess“, erklärt Zerhusen. Von Online-Beratungen rät er prinzipiell ab, alleine schon aus Vertrauensgründen.
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