Konjunktur Chinas Wirtschaft wächst im ersten Quartal um 18,3 Prozent – Doch die Zahlen können täuschen

Die chinesische Wirtschaft erholt sich von der Coronakrise.
Peking China hat im ersten Quartal ein Rekordwachstum verzeichnet. Das Bruttoinlandsprodukt kletterte laut Angaben des chinesischen Statistikamts in den ersten drei Monaten des Jahres um 18,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Das Wirtschaftswachstum stieg damit so stark wie noch nie seit Beginn der quartalsweisen Auswertung vor gut 30 Jahren. Von der Finanznachrichtenagentur Bloomberg befragte Analysten hatten im Schnitt mit einem Wachstum von 18,5 Prozent gerechnet.
Chinas Wirtschaft hatte sich nach einem historischen Tiefpunkt Anfang 2020, bedingt durch den Ausbruch des Coronavirus in der Volksrepublik, im weiteren Verlauf des Jahres stetig erholt. Das Land hatte die Pandemie durch drakonische Maßnahmen, wie teilweise wochen- und monatelange strikte Ausgangssperren, in den Griff bekommen.
Seit Monaten tauchen nur noch sehr vereinzelt größere Ansammlungen von neuen Infektionen auf. Dann werden die Bewohner der betroffenen Gebiete sofort angewiesen, ihre Wohnungen nicht mehr zu verlassen.
Der Aufschwung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wurde vor allem durch eine starke Industrieproduktion und robuste Exporte, unter anderem von medizinischen Produkten wie Schutzmasken, getrieben. Der chinesische Staat half mit hohen Investitionen in Infrastrukturprojekte.
0,6 Prozent Wachstum im Vergleich zum Vorquartal
Analysten warnten angesichts der neuesten Zahlen jedoch vor Euphorie. „Es ist es nicht angebracht, sich von einer scheinbar wachstumsstarken Datenveröffentlichung überwältigen zu lassen“, warnte Iris Pang, Chefökonomin für Greater China bei der Bank ING.
Die scheinbare Stärke dieser Zahlen beruhe auf starken Basiseffekten aus dem ersten Quartal des vergangenen Jahres, so Pang. In den ersten drei Monaten von 2020 war das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt um 6,8 Prozent eingebrochen.
Über den aktuellen Zustand der Wirtschaft sind die Daten jedoch weniger aussagekräftig. „Stattdessen ist es sinnvoll, sich auf die saisonal bereinigten Quartal-zu-Quartal-Veränderungen zu konzentrieren“, riet Julian Evans-Pritchard, Senior-China-Ökonom bei Capital Economics in Singapur, „auf dieser Basis betrug das Wachstum im ersten Quartal 0,6 Prozent, nach 2,6 Prozent im vierten Quartal.“
Abgesehen von Basiseffekten habe es eine gewisse Erholung der Aktivität in der chinesischen Wirtschaft gegeben, so ING-Analystin Pang. „Aber auch hier müssen wir diese Wachstumszahlen mit Vorsicht lesen.“
Ein Lichtblick zeigte sich am Freitag bei der Vorlage der Zahlen beim Konsum, der lange Zeit hinter der Erholung der Wirtschaft zurückhing. Vor allem bei den Einzelhandelsumsätzen habe Chinas erstes Quartal gut begonnen, sagte Marco Sun, Chefanalyst für Finanzmärkte bei der MUFG Bank in Schanghai.
Konsum wächst, Industrieproduktion enttäuscht
Die Einzelhandelsumsätze legten im März im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 34,2 Prozent zu. Von Januar bis Februar waren sie um 33,8 Prozent gestiegen.
Hingegen enttäuschte das Wachstum der Industrieproduktion im vergangenen Monat Analysten. Der Wert stieg im März im Jahresvergleich nur noch um 14,1 Prozent. Analysten hatten im Durchschnitt mit 17,2 Prozent gerechnet. Im Januar und Februar zusammen hatte das Wachstum bei der Industrieproduktion noch bei 35,1 Prozent gelegen.
„Es scheint, dass die Normalisierung der Politik eine gewisse Verlangsamung bei der industriellen Produktion und bei Immobilieninvestitionen zeigt“, sagte Edward Moya, Senior-Marktanalyst bei Oanda in New York.
Die chinesische Regierung hatte zuletzt Maßnahmen ergriffen, die die hohe Verschuldung des Landes eindämmen sollen, und angekündigt, die fiskalischen und monetären Stimuli zurückzufahren. Im Bereich der Kreditvergabe und beim Handel mit Immobilien hat sie bereits strengere Regularien erlassen.
Niedrigeres Wachstumsziel soll Verschuldung reduzieren
Als Signal, dass die chinesische Staatsführung eine zu hohe Verschuldung insbesondere der Lokalregierungen durch Stimuli verhindern will, wurde auch das moderate Wachstumsziel für dieses Jahr gewertet, das Peking beim Nationalen Volkskongress im März verabschiedet hatte.
Gerade mal mehr als sechs Prozent soll die Wirtschaft laut Chinas Premierminister Li Keqiang 2021 wachsen. Experten rechnen mit einem deutlich höheren Wachstum. So schätzt etwa der Internationale Währungsfonds IWF, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um 8,1 Prozent zulegen könnte.
„Mit Blick auf die Zukunft könnte sich der Trend der Normalisierung für den Rest des Jahres fortsetzen, und es wird erwartet, dass der Inlandsverbrauch der wichtigste Wachstumstreiber sein wird“, sagte Chaoping Zhu von JP Morgan Asset Management in Schanghai. Er erwartet zudem weitere Unterstützung durch die globale Erholung.
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