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Konjunktur Deutsche Industrie überrascht mit Rekordaufträgen

Die Unternehmen haben trotz Engpässen bei Vorprodukten im Juli mehr Bestellungen als im Vormonat erhalten. Doch zwei Faktoren trügen die positive Entwicklung.
06.09.2021 Update: 06.09.2021 - 10:08 Uhr Kommentieren
Engpässe bei Vorprodukten setzen vor allem die Autoindustrie unter Druck. Quelle: dpa
VW-Werk in Dresden

Engpässe bei Vorprodukten setzen vor allem die Autoindustrie unter Druck.

(Foto: dpa)

Berlin Die deutsche Industrie hat im Juli aus dem Ausland neue Aufträge in Rekordhöhe an Land gezogen. Bei den Unternehmen gingen 3,4 Prozent mehr Bestellungen ein als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. „Der Auftragseingang erreichte damit seinen höchsten Stand seit dem Beginn der Zeitreihe im Jahr 1991“, hieß es dazu.

Das kräftige Wachstum kommt überraschend: Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang von einem Prozent gerechnet, nach einem Plus von 4,6 Prozent im Vormonat. „Wahnsinn“, kommentierte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Thomas Gitzel, die überraschende Entwicklung.

Im Vergleich zu Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, war der Auftragseingang im Juli 2021 bereinigt 15,7 Prozent höher. Verglichen mit dem deutlich von der Pandemie beeinträchtigten Vorjahresmonat Juli 2020 zogen sie um 24,4 Prozent an.

Doch die Freude über die gute Auftragslage halten manche Ökonomen mit Blick auf die Herkunft der Aufträge für trügerisch. „Der deutliche Anstieg im Vormonatsvergleich kommt durch Großaufträge zustande“, erklärte das Statistische Bundesamt. Ohne die Berücksichtigung von Großaufträgen wären die Bestellungen um 0,2 Prozent gefallen.

Mehr noch: Der Anstieg der Auftragseingänge ist vor allem auf den „sonstigen Fahrzeugbau“ zurückzuführen. Dieser beinhaltet die Herstellung etwa von Flugzeugen oder Schiffen. Der sonstige Fahrzeugbau stieg bereinigt im Juli um 75 Prozent.

Kein anderer Sektor kommt auch nur annähernd auf ein solches Wachstum. Das Metallgewerbe und die Herstellung elektronischer Geräte schrumpfen gegenüber dem Vormonat sogar leicht. „Damit zeigt sich einmal mehr, dass der Auftragsboom der deutschen Industrie mehr und mehr an Fahrt verliert“, kommentiert Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen diese Entwicklung. Rechne man den sonstigen Fahrzeugbau heraus, sei der Auftragseingang im Juli um 0,6 Prozent geschrumpft.

Engpässe dürften Produktion behindern

Experten sind zudem skeptisch, ob die Unternehmen die Aufträge auch umsetzen können. Die erhöhte Nachfrage seit den Lockerungen der Beschränkungen, die wegen der Corona-Pandemie eingeführt worden waren, sowie Probleme in den globalen Lieferketten sorgen für fehlende und teurere Rohstoffe und Vorleistungen bei den Unternehmen.

Zu spüren bekommen die Firmen die Engpässe insbesondere bei direkten Vorprodukten, Stahl, Aluminium, Kupfer und Holz. Verpackungen sind durch alle Branchen hinweg ebenfalls Mangelware, ebenso Elektronikkomponenten. In der Fahrzeugindustrie fehlen massiv Halbleiter. Der Einzelhandel berichtet von Engpässen bei Textilien.

„Aufgrund fehlender Materialien und Vorprodukte gibt es erhebliche Schwierigkeiten, die Aufträge abzuarbeiten“, pflichtete Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe bei. „Eine rasche Lösung zeichnet sich aber nicht ab.“ Die Produktion sowie die Konjunkturerholung dürften dadurch auch in den kommenden Monaten gebremst werden.

Auch Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), meint: „Die Dynamik bei der Industrieproduktion wird deshalb im dritten und vierten Quartal des Jahres eher verhalten bleiben.“

Hoffnung macht der Anstieg der Umsätze. Dieser war im Juli im Vergleich zum Vormonat um 1,9 Prozent gestiegen, was auch auf einen Anstieg der Produktion hinweist. Diese Entwicklung ist nicht bloß auf den sonstigen Fahrzeugbau zurückzuführen, der nur ein leichtes Plus beim Umsatz verzeichnete. „Allerdings bezweifeln wir, dass dies bereits die Wende zum Besseren ist“, schränkt Solveen von der Commerzbank ein.

Für das gute Abschneiden sorgte zudem allein die höhere Auslandsnachfrage: Diese zog um acht Prozent an, insbesondere aus den Regionen außerhalb der Euro-Zone (plus 15,7 Prozent). Die Bestellungen aus dem Inland ließen dagegen um 2,5 Prozent nach.
Mit Agenturmaterial

Mehr: Boom-Monat beim „sonstigen Fahrzeugbau“: Der Auftragsrekord in der Industrie täuscht – ein Kommentar

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