Konjunkturprognose „Die Hütte brennt“: DIHK senkt Wachstumsprognose – Fachkräftemangel bremst die Wirtschaft

Fachkräftemangel und hohe Rohstoffpreise belasten die Unternehmen.
Berlin Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist weiter mit vielen Risiken behaftet. Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), die am Donnerstag vorgestellt wurde.
Zwar hat sich die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage im Vergleich zur Umfrage aus dem Frühsommer verbessert. Nahezu die Hälfte der Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Situation als gut, während 14 Prozent von einer schlechteren Geschäftslage sprechen. Besonders gut ist die Stimmung im Baugewerbe und bei den Dienstleistern.
Doch die Risiken für das eigene Geschäft wachsen, insbesondere mit Blick auf Lieferengpässe, hohe Energiepreise und fehlende Fachkräfte. Angesichts der aktuellen Lage senkt der DIHK seine Wachstumsprognose für 2021, die im Frühsommer noch bei drei Prozent gelegen hatte, auf 2,3 Prozent. Im kommenden Jahr erwartet die Organisation ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 3,6 Prozent.
Davon entfielen 1,6 Prozentpunkte allerdings auf statistische Nachholeffekte. „Das tatsächliche Wachstum beläuft sich im nächsten Jahr auf lediglich zwei Prozent“, erklärte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.
Die größte Gefahr sehen die Unternehmer im Fachkräftemangel – zum ersten Mal seit dem Beginn der Coronakrise. 59 Prozent nannten den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften als Schwierigkeit. Dabei galten bislang die Lieferengpässe sowie die hohen Energiepreise als größtes Problem der deutschen Wirtschaft. „Die Hütte brennt aus unterschiedlichen Gründen“, sagte Wansleben.
Fehlende Erwerbsmigration
Besonders im Baugewerbe mangelt es an passenden Arbeitskräften. 80 Prozent der Befragten in dem Sektor sehen das als größtes Risiko. Bei den Dienstleistern sind es 60 Prozent, in Handel und Industrie etwas mehr als die Hälfte.
Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) würden in Deutschland 1,2 Millionen Fachkräfte fehlen, davon zwei Drittel Fachkräfte. In etwa 70 Berufen gebe es Personalengpässe auf Fachkraftniveau. Das ist kein neues Phänomen.
Das Problem ist seit Jahren bekannt. Während der Coronakrise hat es sich nun noch einmal drastisch verschärft. Als Bauprojekte unterbrochen werden oder der Einzelhandel schließen musste, orientierten sich die Arbeitnehmer um, weil sie ihre Jobs verloren oder in Kurzarbeit geschickt wurden.
„Das wird sich sicherlich etwas normalisieren, aber der Fachkräftemangel ist da“, sagte Wansleben. Besonders einige Teilbereiche trifft der Mangel besonders stark. „Am Ende hilft nur Einwanderung, und das aus außereuropäischen Staaten“, so Wansleben. 400.000 zugewanderte Arbeitskräfte braucht es laut Bundesagentur für Arbeit pro Jahr.
In Deutschland gibt es bereits vergleichsweise viel Erwerbsmigration, doch das betrifft vor allem Arbeiter aus europäischen Ländern. Wansleben zufolge ist das Problem, dass auch diese Länder einen ähnlichen demografischen Wandel erleben wie Deutschland und damit langfristig niemandem geholfen ist.
„Wir brauchen hier eine Offensive“, forderte Wansleben. Das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP für eine Ampelkoalition beinhalte dafür gute Ansätze. Das gelte etwa für den „Spurwechsel“. So sollen etwa abgelehnte Asylbewerber, die bereits im Arbeitsmarkt integriert sind und vor der Abschiebung stehen, einen Aufenthaltstitel unabhängig vom Status ihres Asylverfahrens erhalten können. Wansleben stellte aber infrage, ob das ausreiche.
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