Nachfolger für Gustav Horn Neuer Chef für das Wirtschaftsforschungsinstitut IMK

Der Gründungsdirektor des IMK hat zum 1. April einen Nachfolger gefunden.
Frankfurt Beim Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) steht ein Führungswechsel bevor. Zum 1. April folgt Sebastian Dullien auf Gustav Horn.
IMK-Gründungsdirektor Horn hat damit einen Nachfolger gefunden, der wie er selbst von der Lehre des ehemaligen britischen Ökonomen John Maynard Keynes inspiriert ist. Keynesianer messen neben den Angebotsbedingungen auch der Nachfrage eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung zu.
Horn ist einer der letzten prominenten Keynesianer in der deutschen Ökonomenszene. Vor 14 Jahren verlor er seinen Job als Konjunkturchef des traditionell keynesianischem Gedankengut gegenüber aufgeschlossenen Forschungsinstituts DIW in Berlin, nachdem er die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze kritisiert hatte.
Der neue DIW-Chef Klaus Zimmermann, ein dezidierter Vertreter des heute dominanten „angebotsorientierten“ Ansatzes der Ökonomie, sorgte dafür, dass Horns Vertrag nicht verlängert wurde. Dafür hob Horn im folgenden Jahr, 2005, das von der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung getragene IMK aus der Taufe.
In diesem Jahr wird Horn 65 Jahre alt. In Rente gehen wird er zwar noch nicht gleich, aber seine Nachfolge hat schon einmal mit Sebastian Dullien schon geregelt.
Dullien ist Professor für Makroökonomie an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. Der 43-Jährige war früher Wirtschaftsjournalist und schrieb bis 2007 für die Financial Times Deutschland, seit 2011 ist er Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations.
Neben seiner Lehrtätigkeit ist das SPD-Mitglied in der Politikberatung aktiv, mit Gutachten in Auftrag von EU-Kommission, UN-Organisationen und Landesministerien. „Er ist ein hervorragender junger Wissenschaftler, und er verfügt bereits jetzt in der Politikberatung über eine hohe Reputation“, preist der Vorstandsvorsitzende der Hans-Böckler-Stiftung und DGB-Chef Reiner Hoffmann den Neuzugang an der Institutsspitze.
Als seine zuletzt wichtigsten Projekte bezeichnet Dullien Arbeiten zu einer europäischen Arbeitslosenversicherung und zu einem neuen Stabilitäts- und Wohlstandsgesetz für Deutschland. Gemeinsam mit fünf US-amerikanischen Ökonominnen und Ökonomen brachte er 2017 das Lehrbuch „Macroeconomics in Context – A European Perspective“ heraus. Darin will er Studierenden nahebringen, wie Makroökonomie mit anderen wichtigen gesellschaftlichen Fragen verknüpft ist.
„Viele traditionelle Lehrbücher ignorieren wichtige Aspekte wie die drohende Klimakatastrophe völlig und präsentieren ihre Analyse unabhängig von den Strukturen eines Landes“, kritisiert er. „Unser Lehrbuch zeigt den Studierenden, wo die Stärken und Grenzen ökonomischer Argumentation liegen, und wie wichtig es ist, sich real existierende Institutionen wie die Europäische Zentralbank anzuschauen, um aktuelle wirtschaftspolitische Fragen zu bearbeiten.“
Reformbedarf bei europäischer Währungsunion
Als IMK-Chef will Dullien die Vernetzung des Instituts in der Wissenschaft und Politikberatung weiter ausbauen: „Ich würde gerne um das Institut herum ein Netzwerk progressiv denkender Ökonomen und Ökonominnen aufbauen.“
An den deutschen Universitäten gebe es heute eine Vielzahl junger, guter Volkswirte, die mit den einseitigen Politikschlussfolgerungen der in den Medien omnipräsenten älteren Ökonomen nicht glücklich sind. „Ich lade all' diese Wissenschaftler ein, mit uns zusammenzuarbeiten“, wirbt er.
Wenn er einen Politikbereich reformieren dürfte, würde er zuerst beim Ausbau der europäischen Währungsunion ansetzen. „Wir wissen, dass der Euro immer noch nicht stabil ist und ein Auseinanderbrechen der Gemeinschaftswährung für Deutschland mit riesigen Kosten verbunden wäre“, begründet er seine Wahl. Die Vorsorge gegen ein solches Katastrophenszenario müsse oberste Priorität haben.
Nach Dulliens Ansicht ist dafür nötig, die europäische Bankenunion schnell zu vollenden und vor allem ein Euro-Budget zu schaffen. Das soll die öffentlichen Investitionen im Euro-Raum ebenso stabilisieren helfen wie die Volkswirtschaften von Ländern, die in eine Krise rutschen.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.