OECD-Prognose Das Coronavirus verhagelt die Erholung der Weltwirtschaft

Die OECD warnt vor den globalen Folgen durch das Coronavirus.
Berlin Die aktuelle Konjunkturprognose der OECD zeigt die Gefahren einer Epidemie für die Entwicklung der Weltkonjunktur. In ihrer am Montag veröffentlichten Konjunkturprognose beschreibt die Denkfabrik zwei Szenarien für das globale Wirtschaftswachstum in Zeiten des Coronavirus: Im ersten Szenario überschreitet die Epidemie in China ihren Höhepunkt noch in diesem Quartal, und in Europa und Nordamerika gelingt es, die Verbreitung auf niedrige Fallzahlen einzugrenzen. In diesem günstigen Fall würde die Weltwirtschaft 2020 laut OECD um 2,4 statt um 2,9 Prozent wachsen - also spürbar schwächer.
Für Deutschland ist die OECD in diesem Szenario sogar noch recht optimistisch: Nur 0,1 Prozent weniger BIP-Wachstum prophezeien die Ökonomen wegen des Virus für 2020 – allerdings hatten sie hierzulande auch zuvor nur mit einem schwachen Wachstum von 0,3 Prozent gerechnet.
Sollte es jedoch auch in Europa und Nordamerika zu Ausbrüchen wie in China kommen, droht ein zweites Szenario: In diesem Fall würde das weltweite Wirtschaftswachstum halbiert, auf eine Rate von nur noch 1,5 Prozent, erwartet OECD-Chefökonomin Laurence Boone. Dann wäre in Japan sowie in der gesamten Euro-Zone – und damit auch in Deutschland – eine Rezession unvermeidbar. In der Euro-Zone würde das Minus dann gegenüber der Winterprognose dann nicht nur 0,3 Prozentpunkte, sondern 1,3 Prozentpunkte betragen.
Das Risiko, dass die Welt von Szenario eins in Richtung Szenario zwei rutscht, ist nach Einschätzung der OECD hoch. „Die Regierungen müssen sich jetzt auf die öffentliche Gesundheit konzentrieren und alles tun, Ansteckungen und die Ausbreitung des Virus einzugrenzen“, sagte Boone deshalb in Paris.
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Diese Empfehlung bedeutet im Klartext: Zuerst müssen die Regierungen alle Ressourcen für das Gesundheitswesens mobilisieren. Zweitens müssen sie dann die Einkommen der direkt betroffenen Arbeitnehmer schützen, etwa durch möglichst großzügige Kurzarbeiterregeln und Überbrückungshilfen für Branchen, die von Reisebeschränkungen und Absagen für Großveranstaltungen besonders betroffen sind.
Klassische Konjunkturprogramme, also allgemeine Steuer- oder Abgabensenkungen, helfen in dieser akuten Phase allenfalls psychologisch, so Boone. Denn den derzeitigen Produktionsrückgang wegen fehlender Zulieferungen aus China können sie nicht heilen.
Allerdings: Sollte der Corona-Ausbruch länger dauern, die Konjunktur entsprechend nachhaltig leiden, empfiehlt die OECD, die Investitionen in die Infrastruktur schnell hochzufahren, um dem Wachstum einen Schub zu geben.
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Sollte die Epidemie eingeschränkt werden können, soll das globale Wachstum rund 2,4 Prozent betragen: Das klingt für deutsche Verhältnisse nach einem hohen Wert. Doch der Schein trügt. Seit der Finanzkrise betrug das weltweite Wachstum jährlich 3,5 bis vier Prozent. Nur kurz nach der Finanzkrise war 2009 die Weltwirtschaft um 3,4 Prozent geschrumpft - zum ersten Mal seit dem zweiten Weltkrieg.
Im vergangenen Jahr hatte sich das Weltwirtschaftswachstum vor allem wegen der von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelskonflikte auf drei Prozent abgekühlt. Der Internationale Währungsfonds sprach von einem „synchronen Abschwung“.
Mit der Corona-Epidemie hat sich jedenfalls die Hoffnung auf eine Erholung in diesem Jahr für die ganze Welt zerschlagen. Besonders groß war diese Hoffnung nach Auffassung der OECD ohnehin nicht: Denn auch im letzten Quartal 2019 hatte die Industrieproduktion in vielen Ländern, darunter auch in Europa, stagniert. Der Welthandel ist im vergangen Jahr erstmals seit der Finanzkrise wieder geschrumpft.
Besonders hart trifft der Ausbruch alle Länder, die noch enger wirtschaftlich mit China verflochten sind als Deutschland: Australien, Japan und Südkorea müssen schon jetzt mit 0,4 bis 0,5 Prozentpunkten weniger Wachstum rechnen.
Je eher die Verbreitung des Virus gestoppt werden kann, umso besser auch für die Wirtschaft, betont deshalb OECD-Ökonom Boone. Denn: Nach Fluten, Dürren, Erdbeben und Epidemien setzt die wirtschaftliche Erholung meist schnell ein, sobald die akute Gefahr gebannt ist.
Bleibt es also beim Szenario eins der OECD, dann kann der Wachstumsverlust dieses Jahres spätestens im nächsten aufgeholt werden, und zwar ebenfalls weltweit: Für 2021 erwartet die OOECD dann wieder eine Wachstumsrate von 3,3 Prozent – und für Deutschland 0,9 Prozent.
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