US-Arbeitsmarkt 6,6 Millionen Anträge auf Arbeitslosengeld: US-Firmen bauen massenhaft Jobs ab
Denver, Washington Die Coronakrise schlägt unmittelbar auf den amerikanischen Arbeitsmarkt durch. In der vergangenen Woche stellten 6,6 Millionen Amerikaner Anträge auf Arbeitslosengeld. Ökonomen hatten nur rund die Hälfte davon erwartet.
Die wirtschaftlichen Probleme der Unternehmen ziehen sich durch alle Branchen und alle Bundesstaaten, schließlich hat ein Großteil nun angeordnet, dass die Bevölkerung von zu Hause arbeiten und Restaurants und andere Geschäfte geschlossen bleiben sollen.
Schon in der vergangenen Woche zeigte sich der Stress am Arbeitsmarkt – da beantragten 3,3 Millionen Amerikaner Arbeitslosengeld. Auch jetzt noch sind viele Systeme in den Arbeitsämtern der Bundesstaaten überlastet, so dass noch nicht alle Betroffenen ihre Anträge stellen konnten.
Die Arbeitslosenquote für den Monat März wird am Freitag veröffentlicht. Beobachter gehen davon aus, dass sie nach den vergangenen beiden Wochen bei rund zehn Prozent liegen könnte.
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Das Corona-Hilfspaket aus Washington sieht auch spezielle Hilfskredite für kleine und mittlere Unternehmen vor. Wenn diese Unternehmen ihre Belegschaft in der Krise an Bord behalten, müssen sie diese Kredite nicht zurückzahlen. Doch die Kredite müssen die Unternehmen erst beantragen, was offenbar für viele Beschäftigte etwa in bereits geschlossenen Restaurants oder Geschäften zu spät kommt.
Von den Jobverlusten ist besonders die Dienstleistungsindustrie betroffen. Großbanken wie Goldman Sachs und Bank of America, aber auch der Softwarekonzern Salesforce und der Mobilfunkanbieter Verizon haben angekündet, während der Krise keine Stellen zu streichen. Kellner, Friseure, Sicherheitspersonal und andere meist relativ schlecht bezahlte Jobs sind sofort betroffen. Das trifft dann die ohnehin einkommensschwachen Bevölkerungsschichten besonders hart.
In vielen geringer qualifizierten Jobs in den USA werden die Arbeitnehmer zudem nach Stunden bezahlt, und die Zahl ihrer Stunden kann jederzeit reduziert werden. Arbeitsmarktexperten gehen daher davon aus, dass zu den gemeldeten Arbeitslosen viele Arbeitnehmer hinzukommen, die wegen Corona auf einen Teil ihres Einkommens verzichten müssen.
Einschätzung der Zahlen
„Zehn Millionen US-Bürger haben in den vergangenen zwei Wochen neue Anträge auf Arbeitslosengeld gestellt. Noch weit mehr haben einen Großteil ihres Einkommens verloren, waren aber nicht in der Lage, Anträge zu stellen, analysiert Aaron Sojourner, Arbeitsmarktforscher an der Universität von Minnesota.
Die Zahl der Arbeitslosen nimmt laut seiner Analyse in den USA derzeit deutlich schneller zu als während der Großen Rezession Anfang der 30er-Jahre. Und er rechnet vor, dass durch den Corona-Lockdown noch weit mehr Arbeitsplätze verloren gehen könnten: 10 Millionen neue Arbeitslose entsprächen immer noch lediglich 6,1 Prozent der US-Arbeitskräfte insgesamt. Sojourner geht jedoch davon aus, dass sich nur etwa ein Drittel der Jobs auch von zu Hause erledigen lässt.
Unterstützung aus Washington ist unterwegs, doch es könnte noch Wochen dauern, bis diese tatsächlich bei den Bürgern ankommt. Laut US-Arbeitsminister Eugene Scalia wird das Geld für die zusätzliche Arbeitslosenunterstützung des Bundes in dieser Woche erstmals an die Einzelstaaten überwiesen, die dann die Auszahlung übernehmen. Wie lange das dauern würde, vermochte er nicht zu sagen. Joe Biden, der wahrscheinliche demokratische Gegenkandidat von Präsident Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen im November, hat Unterstützung für die Bundesstaaten bei der schnellen Auszahlung des Arbeitslosengeldes gefordert: „Der Präsident muss jetzt die Verantwortung dafür übernehmen, dass das passiert"
Auf paradoxe Weise könnte das 2,2 Billionen Dollar schwere Corona-Hilfspaket, das in der vergangenen Woche in Kraft getreten ist, die Zahl der neu gemeldeten Arbeitslosen sogar nach oben getrieben haben.
Weitreichende Unterstützung
Das Gesetz sichert allen Arbeitslosen eine für US-Verhältnisse sehr großzügige Unterstützung von 600 Dollar pro Woche aus der Bundeskasse vor, zusätzlich zur meist deutlich niedrigeren Arbeitslosenhilfe der Einzelstaaten.
Diese Unterstützung des Bundes gibt es zudem auch für Solo-Selbstständige in der sogenannten Gig-Economy. Also zum Beispiel für Chauffeure der Fahrdienstplattformen Uber und Lyft, deren Geschäft drastisch eingebrochen ist. Diese Selbstständigen hatten nach den bisherigen Regeln wenig Anreiz, sich arbeitslos zu melden, da sie keine Unterstützung erwarten konnten. Das hat sich nun geändert.
Auch Unterstützung für kleine und mittelständische Unternehmen, sowie für Airlines und andere Großkonzerne hat das Hilfspaket aus Washington vorgesehen. Das soll vor allem dabei helfen, Arbeitsplätze zu erhalten.
Doch nicht alle Firmen qualifizieren sich dafür und viele Unternehmen haben kaum Reserven und können nicht so lange warten, bis die Programme aufgesetzt sind und Gelder fließen. Die Futures auf den S&P 500 gaben daraufhin nach und lagen kurz vor Handelsbeginn in New York noch leicht im Plus.
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