Wirtschaftswissenschaften in der Krise Der schmerzhafte Bedeutungsverlust der Ökonomie

Wer ist Keynes?
Mannheim Gut, dass Friedrich August von Hayek das nicht mehr erleben muss. Der Vordenker des Liberalismus hatte noch große Pläne für die Wirtschaftswissenschaft. „Die Aufgabe von Ökonomen ist es zu zeigen, wie wenig Menschen über das wissen, was sie alles entwickeln könnten“, schrieb Hayek. Ökonomen als Welterklärer und Visionäre – davon ist die Disziplin momentan weit entfernt. Wirtschaftswissenschaftler werden oft ignoriert, manchmal sogar belächelt. Die Lösung der großen Fragen der Menschheit trauen ihnen jedenfalls nur wenige zu.
Auch im siebten Jahr nach der Finanzkrise hat sich das Fach nicht von den Folgen erholt. Es ist bezeichnend, dass der diesjährige Jahreskongress der European Economic Association (EEA) an der Universität Mannheim mit einer Diskussion eröffnet wurde, die bereits im Titel eine gewisse Ratlosigkeit erkennen ließ: „Was sollen wir unseren Studenten beibringen?“
Viele Hochschulprofessoren wissen inzwischen nicht mehr, wohin sie die neue Ökonomen-Generation führen sollen. Kein Jahr verging zuletzt ohne einen Aufruf von Studenten für eine Revolution in der VWL-Lehre. Zuletzt veröffentlichten im Mai vergangenen Jahres Studentengruppen aus 19 Ländern einen Appell, in dem sie mehr intellektuelle Vielfalt forderten. An vielen Universitäten haben sich kritische Gruppen gegründet – mit zum Teil widersprüchlichen Forderungen.
Studierende und Nobelpreisträger fordern mehr Pluralismus
Neben den Protesten der Studenten macht den Ökonomen aber noch etwas anderes zu schaffen: ihr schleichender Einflussverlust. Ökonomen haben viele Ideen entwickelt, wie man Staatsschulden in den Griff bekommt und sich die Euro-Zone retten lässt. Umgesetzt wurde davon nur wenig. Viele Politiker misstrauen den Wirtschaftsforschern inzwischen offen. Bestes Beispiel: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die in der Euro-Krise lieber auf Juristen hören als auf Ökonomen.
Dieser Bedeutungsverlust hat einen Prozess der Selbstkritik in Gang gesetzt. Deswegen räumte die EEA, immerhin eine der größten Ökonomen-Vereinigungen der Welt, den Auftaktplatz bei ihrem Jahreskongress dieses Mal für eine schonungslose Ursachenforschung frei.
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