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"Vollgeld" IWF-Forscher spielen radikale Bankreform durch

Sollen Banken künftig nur noch dann Kredite vergeben dürfen, wenn sie Bargeld in derselben Höhe auf Lager haben? Zwei IWF-Forscher haben die Folgen solch eine Radikalreform untersucht und kommen zu dem Schluss: Das würde Wirtschaftsleistung und Wohlstand ankurbeln.
16.08.2012 - 19:56 Uhr 29 Kommentare
nhäAuch die Deutsche Bank müsste künftig Bargeldreserven in Höhe der Kredite, die sie vergibt, vorweisen. Quelle: dapd

nhäAuch die Deutsche Bank müsste künftig Bargeldreserven in Höhe der Kredite, die sie vergibt, vorweisen.

(Foto: dapd)

London Der Ökonomie-Nobelpreisträger Milton Friedman war von der Idee überzeugt, der Freiburger Ökonom Walter Eucken ebenso und der Yale-Professor Irving Fisher erst recht: Um das Finanzsystem stabil und sicher zu machen, solle der Staat Banken verbieten, im Zuge ihrer Kreditvergabe einfach neues Geld in Umlauf zu bringen. Ein Geldinstitut dürfe nur dann ein neues Darlehen vergeben, wenn es im gleichen Ausmaß über Bargeldreserven verfüge, forderten prominente Ökonomen in den 30er- und 40er-Jahren.

Das würde das Geschäftsmodell von Banken fundamental verändern. Bislang müssen Geldinstitute nur für einen Bruchteil ihrer Kredite Bargeldreserven halten. So können sie quasi unbegrenzt Kredit vergeben – und dabei de facto neues Geld schaffen. Denn den Kredit zahlen sie aus, indem sie dem Kreditnehmer das Geld auf einem Girokonto gutschreiben. Und der Kreditnehmer bringt dieses Bankengeld, das es vorher noch nicht gab, in Umlauf, indem er seine Rechnungen damit bezahlt.

In den 30er-Jahren sahen einflussreiche US-Ökonomen wie Fisher diese wundersame Geldvermehrung als zentralen Auslöser der Großen Depression identifiziert. Die Forscher forderten die Anhebung der Mindestreservepflicht der Banken auf 100 Prozent.

Seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise erlebt die Idee des sogenannten Vollgelds eine Renaissance. In der Schweiz will der Verein Monetäre Modernisierung um den Ökonomen Hans Christoph Binswanger eine Volksabstimmung darüber durchsetzen.

In Deutschland fordert eine Initiative namens „Monetative“ um den Wirtschaftssoziologen Joseph Huber (Uni Halle) ebenfalls: „Alles Geld soll ausschließlich von einer unabhängigen öffentlichen Stelle geschöpft werden.“

Schützenhilfe bekommen die Vollgeld-Befürworter jetzt aus der Forschungsabteilung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Zwei Volkswirte des Fonds stellen der Idee in einer neuen Studie ein gutes Zeugnis aus. Sie würde die Gefahr von Bankenkrisen eindämmen und das Wirtschaftswachstum deutlich beflügeln. Wegen all dieser Vorteile sei die Idee eine „höchst wünschenswerte Initiative“, schreiben die IWF-Volkswirte Jaromir Benes und Michael Kumhof.

Die Studie mit dem Titel „The Chicago Plan Revisited“ ist als IWF-Arbeitspapier erschienen und spiegelt nicht notwendigerweise die Position des Fonds wider. Allerdings unterliegen IWF-Arbeitspapiere vor ihrer Veröffentlichung einer strengen internen Qualitätskontrolle – die Arbeit wurde von Douglas Laxton, dem Chef der IWF-Forschungsabteilung „Ökonomisches Modellieren“, zur Veröffentlichung freigegeben.

Der „Chicago Plan“ wieder aufgegriffen

Ausgangspunkt der IWF-Ökonomen ist der sogenannte „Chicago Plan“ aus den 1930er-Jahren. Darin sprachen sich zahlreiche damals führende US-Ökonomen dafür aus, den Banken aufzuerlegen, alle Guthaben, die sie einräumen, zu hundert Prozent mit Zentralbankgeld zu decken. „Der Kern der Idee ist es, das Geld unabhängig von Krediten zu machen“, argumentierte Irving Fisher damals. „Wir trennen den Prozess der Schaffung und Vernichtung von Geld vom Bankgeschäft ab.“ US-Präsident Franklin Roosevelt prüfte die Idee ernsthaft, letztlich scheiterte sie aber am Widerstand der Bankbranche.

Welche Folgen hätte die Umsetzung der Idee? Die IWF-Volkswirte Jaromir Benes und Michael Kumhof beantworten diese Frage mit den Methoden der modernen Makroökonomie. In einem gängigen makroökonomischen Modell, das sie mit Daten für die US-Wirtschaft gefüttert haben, simulieren sie die Folgen einer solchen Reform.

Das Ergebnis ist bemerkenswert: Die Argumente, die die US-Ökonomen in den 30er-Jahren anführten, bestätigen sich dabei auf ganzer Linie. „Der Chicago-Plan würde die Konjunkturausschläge nach oben und unten erheblich eindämmen, Bank-Runs, bei denen besorgte Kunden die Bank stürmen und ihr Geld abheben wollen, vollständig verhindern und zu einer erheblichen Reduzierung der privaten und öffentlichen Schulden führen“, so das Fazit. Das führe zu enormen Wohlstandsgewinnen – die Wirtschaftsleistung steige um bis zu zehn Prozent, zeigen die Simulationsrechnungen der Forscher.

Die Studie markiert ein radikales Umdenken in der etablierten Makroökonomie. In den vergangenen Jahrzehnten hatte die Disziplin Banken lediglich als Vermittler zwischen Sparern und Investoren gesehen. Dass Geldinstitute selbst Geld schaffen können, indem sie Kunden Kredite einräumen, blendete das Fach aus. „Die entscheidende Bedeutung dieses Faktors ist in der modernen makroökonomischen Literatur fast vollständig verloren gegangen“, schreiben die IWF-Volkswirte.

Eine der wenigen Ausnahmen ist Richard Werner von der University of Southampton in Südengland. Inspiriert von den Erfahrungen Japans in den 90er-Jahren, die er bei der Bank von Japan studiert hat, betont er die Bedeutung der Geldschöpfung durch private Banken für das Entstehen von Spekulationsblasen. „Es ist zwingend, dass die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger die Kreditvergabe im Auge behalten und intervenieren, wenn die Kredite für unproduktive, spekulative Zwecke verwendet werden“, schrieb Werner schon vor knapp 20 Jahren.

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29 Kommentare zu ""Vollgeld": IWF-Forscher spielen radikale Bankreform durch"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Würde der Staat, alles Geld dass er braucht, um Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten, Straßen, Brücken etc. zu errichten und zu unterhalten, würde der Staat dieses Geld selber aus der Luft schöpfen (Fiat Money) wie es die Privatbanken machen, dann bräuchte er keine Kredite aufnehmen, ergo keine Zinsen zu zahlen, wäre nicht verschuldet und wir bräuchten deswegen keine Steuern zu zahlen.
    So aber bekommt er das Geld von den Banken und muss alles tun, was die Banken wollen. Damit das nicht so offensichtlich ist gibt es ein wenig Geplänkel mit der Bankenaufsicht und dem Bund der Steuerzahler, um uns Allen Sand in die Augen zu streuen.

  • @ bgeroot

    Sie meinen: Man fällt ganz leicht auf diesen Unsinn herein, wenn man keine blasse Ahnung hat. Dem kann abgeholfen werden:

    http://www.humane-wirtschaft.de/geldschoepfungen-der-banken-realitaet-oder-theorie-helmut-creutz/

    Es sei denn, man will den tatsächlichen Fehler im "Geld, wie es (noch) ist" gar nicht erst verstehen,...

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2012/10/geld.html

    ...um nicht "über den Rand der Welt zu fallen":

    http://www.swupload.com//data/3-Verwandlungen.pdf

  • Das Problem der Geldschöpfung der Banken ist eigentlich ganz einfach nachvollziehbar: http://youtu.be/80bl-HWkmIc

  • Gäbe es eine "Geldschöpfung der Geschäftsbanken", müsste die Summe der Kredite größer sein als die Summe der Ersparnisse, was weder in der Theorie noch in der Praxis je nachgewiesen werden konnte. Grundvoraussetzung, um "IWF-Forscher" zu spielen, ist also die "Fähigkeit", zwischen Geld (Zentralbankgeld = Bargeld plus Zetralbankguthaben der Geschäftsbanken) und Ansprüchen auf Geld mit unterschiedlicher Fristigkeit auf gar keinen Fall unterscheiden zu können. Denn nur so lässt sich "erforschen", wie ein "Problem" behoben werden kann, das gar nicht existiert.

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2012/07/der-zins-mythos-und-wahrheit.html

  • Lieber APO,
    diese Erkenntnis ist für die Herren des Geldes und deren Marionetten, die Politiker, doch nun wahrlich nichts Neues. Daher ist Ihr Vorschlag, diese Studie an die Verantwortlichen weiterzuleiten, zwar gewiss gut gemeint, aber absolut sinnlos.
    Aus diesem Grund wird sich nichts, aber auch gar nichts, ändern. Bankster und Politiker sitzen auf diesem Ast. Und so blöd, diesen abzusägen, sind sie nun auch wieder nicht.

  • Solange die Menschen nicht wissen, wie das Geld und die Wurst gemacht werden, können sie besser schlafen.

    Würde der Staat, wie es ihm eigentlich zustände, sein eigenes Geld aus der Luft schöpfen und dieses Monopol NICHT den Privatbanken überlassen,
    müsste er es sich nicht für teures Geld = ZinsesZins borgen und wir bräuchten dann ALLE KEINE Steuern zu bezahlen.

    Unser GANZES Leben wird also nicht von der Politik, sondern von den Banken bestimmt. Ein einzigartiges Betrugssystem. Der ESM hat nahezu die gleichen Strukturen wie die FED. Die Versklavun wird damit auf EU Ebene hochgefahren.

  • IWF-Forscher spielen radikale Bankreform durch
    --------
    Ach was, sie spielen doch pausenlos alles durch- immer mit dem Ziel, größtmöglicher eigener Taschenfüllung.
    Das Interesse gilt einzig und allein dem- wie zocke ich den Rest der Welt ab, wie schafft man Schuldsklaven, wie erhält man das eigene Schlaraffenland.
    Das sollten wir doch mittlerweile alle begriffen haben.
    Sie werden das tun, was ihnen nützt. Das Volk interessiert die nicht. Und für Aufstände hat man schließlich das Militär. Danach wird auch die Entscheidung "FÜR oder GEGEN" den Euro getroffen. Sein oder Nicht Sein--halten oder fallen lassen- das ist hier die Frage. Sie spielen die Vor- und Nachteile durch- und - wielange kann Deutschland noch zahlen- wielange gibt die Kuh noch Milch.
    Diese ganze Bagage langweilt nur noch. Es gibt nur eines: Selber vorsorgen und abwarten. Raus aus dem ganzen Sumpf, den Finanzspekulationen und Papieren, man kann dabei am Ende nur verlieren. Und dieses Ende kommt, so sicher wie das Amen in der Kirche. Würden das alle tun, wär Schluß mit dieses schleichenden Schwindsucht und wir könnten endlich neu starten. Je länger das dauert , um so schlimmer wird es.
    Ich wundere mich nur noch, dass große Teile der Medien immer noch brav Gefolgschaft leisten und sich drücken, die Wahrheit endlich zu schreiben, statt weiter den Hehler für die Politiker zu spielen.
    Sie kennen sie -die Wahrheit-doch alle und dennoch lügen die meisten weiter. Manipulation der Massen ist angesagt.Und - die Massen nehmen das auch gerne an, sonst würde es wohl nicht funktionieren.

  • Sinnvolle und diskussionswürdige Denkrichtung, die Geldmenge von zentraler Stelle statt mittelbar über Leitzinsen zu steuern!
    Leider wird das mit den Banken nie nie nie durchzusetzen sein. Dazu sind diese zu mächtig.

  • ISt hier tatsächlich von Bargeldhaltung die Rede, oder ist nur Guthaben der Banken bei der Zentralbank gemeint?
    Ein tatsächliches Vorhalten von Bargeld in derartigen Summen macht keinen Sinn.

  • Die Links zur Vollgeldinitiative:

    www.monetative.de

    http://www.positivemoney.org.uk/

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