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Wirtschaftswissenschaften Ökonomen unbelehrbar

Seit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise wird an allen Stellen reformiert – nur nicht bei den Ökonomen. Immer mehr Vertreter des Fachs rufen jetzt nach einer Reform überholter Ausbildungsinhalte. Aber was gehört dazu?
13.10.2012 - 11:56 Uhr 40 Kommentare
Uni-Vorlesung: Was sollen Studenten der Wirtschaftswissenschaften lernen? Quelle: dpa

Uni-Vorlesung: Was sollen Studenten der Wirtschaftswissenschaften lernen?

(Foto: dpa)

London Der Titel des Buchs ist eine einzige Provokation. „What's the Use of Economics?“ lautet die bohrende Frage auf dem Titel. Welchen Nutzen hat Volkswirtschaftslehre (VWL)? Und wenn sie einen hat - wie sollte er Studenten an den Unis vermittelt werden?

„Wir wollen mit dem Titel ganz bewusst ein bisschen sticheln“, sagt die Herausgeberin des Werkes, die britische Ökonomin Diane Coyle, die die Beratungsfirma Enlightenment Economics leitet.

Die Finanzkrise habe fundamentale Schwächen in der modernen Makroökonomie offen- gelegt, sagt Coyle - in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sei dies aber auch fünf Jahre nach Beginn der Krise kein Thema. „Das ist unglaublich und nicht zu entschuldigen." Mit ihrer Provokation hofft sie, ihre Kollegen endlich wachrütteln zu können.

Die größte Finanz- und Wirtschaftskrise ist seit ihrem Beginn im Sommer 2007 auch eine Krise der Wirtschaftswissenschaft. Vor allem die moderne Makroökonomie ist massiv in die Kritik geraten - wäre es nach den Modellen gegangen, die in der Disziplin Standard sind, hätte es die Krise gar nicht geben können.

Auf zahlreichen Kongressen und Diskussionsrunden zerbrechen sich Ökonomen seit Jahren den Kopf, welche Theorien über Bord gehören und was sich in der Forschung ändern muss.

Reformen in der Ausbildung von Nachwuchsökonomen sind bislang aber bestenfalls am Rande ein Thema - dabei ist das Interesse der Studienanfänger an VWL durch die Krise massiv gestiegen.

„Wenn wir weitermachen wie bisher, werden wir unsere Glaubwürdigkeit verlieren“, warnt Alison Wride, Professorin an der Swansea University, eine von Coyles Koautoren. Insgesamt 24 hochkarätige Wissenschaftler - darunter Professoren der Elite-Universitäten Harvard, Princeton und MIT sowie Führungspersonal der Bank of England - machen sich in dem neuen Sammelband Gedanken über die Ökonomenausbildung der Zukunft.

Die Ökonomie soll sich stärker am realen Leben orientieren
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40 Kommentare zu "Wirtschaftswissenschaften: Ökonomen unbelehrbar"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Das Problem der Wirtschaftswissenschaften ist die vermeindliche Exaktheit, d.h. durch die Verwendung mathematischer Modelle und unter Zuhilfenahme einiger Gedanken aus der Physik entsteht der Eindruck, dass man hier ueber empirische Wahrheiten spricht. Dem ist aber nicht so. Es handelt sich haeufig um ideologische Grundannahmen, die in die Modelle einfliessen "rationales Verhalten etc." die durch die "Ceteres Paribus Klausel" in die Dunkelheit verbannt werden, ohne dass der Student jemals solche Grundannahmen wahrnimmt, die er einer kritischen Pruefung zu unterziehen in der Lage sein sollte. In den Siebziger Jahren war dies einmal diskutiert aber dann spaeter verdraengt worden. Hans Albert aus Mannheim hat die oekonomische Modellspielerei "Modellplatonismus" genannt. Man kann gar nicht oft genug wiederholen, wie Recht er damit hatt.

  • @netshadow
    Eine vortreffliche Analyse der ich voll zustimme!

    Die ökonoischen Modelle als Analye- und Optimierungstools helfen wenig, wenn die Akteure an den Schalthebeln der Macht die Ethik über Bord geworfen haben und sich an keine Abmachungen und Verträge mehr halten.

    Vielleicht waren aber auch die Konstrukteure dieser Verträge zu „blauäugig“ indem sie an die Wirksamkeit ihrer Klauseln glaubten.

    Die Komplexität wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Strukturen hat die Grenzen des intuitiven, mentalen Erfassens weit hinter sich gelassen. Dieser Zustand begünstigt leider Kräfte, die für ihre Handlungen das „Licht“ scheuen und im „Dunkeln“ zu ihrem eigenen Vorteil agieren. Deshalb ist verständlich, dass große Teile des Systems von der Fäulnis der Korroption befallen und käuflich sind.

    Wo es Leute wie Henry Ford nicht mehr gibt, brauchen wir wieder dringend eine „countervailing power“. Akteure, die sich nicht „einkaufen“ lassen und die Interessen der Wähler und insbesondere der Arbeitnehmer engagiert vertreten.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Gegenmacht

  • Sie haben mich missverstanden, weil ich mich wohl missverständlich ausgedrückt habe.

    ich verdiene meine Brötchen damit mir math. Modelle im Bereich des Risikomanagement auszudenken und zu programmieren. Ich habe das Glück in zwei Modellwelten zu arbeiten:
    (1) das regulatorische Eigenkapital wo es niemals genannte Ziel Modelle zu implementieren und zu kalibrieren, die möglichst wenig Eigenkapitalbedarf ergeben, was dann der Aufsicht gezeigt wird. Das ist wie Schule: Ist alles korrekt? Ja! Macht das alles Sinn? Ist doch egal!
    (2) das echte Risikomanagement, wo Modelle ständig neu- und weiterentwickelt werden, wo man wirklich seinen Kopf benutzt, um zu erkennen wie und wo man einen Haufen Geld verlieren kann. Das ist wie wissenschatliches Arbeiten (Nur man publiziert nichts)

    Ich habe ein wenig Glück, weil mein Arbeitgeber irgendwann mal (vor meiner Zeit) erkannt hat dass zwischen (1) und (2) ein Unterschied existiert. Manchmal lästern wir auch ein bisschen: "Seit der GFC wissen wir, dass Regulierungsmodelle doch ökonomisch Sinn... um Fire Sale Gefahren zu erkennen..."

    Ich wollte mit meinen Kommentar nur deutlich machen, dass Marktteilnehmer, die sich auf Regulierungsmodelle in ihren Risikomanagement verlassen, sich diese Budget auch komplett sparen können. Denn ob sie nun mit Regulierungsmodellen oder komplett ohne Risikomanagement über den Jordan gehen beim nächsten Beben, ändert ja nichts am Ziel der Reise. Ich bin dafür dass Regulierungsmodelle komplett abgeschafft werden, und jeder Marktteilnehmer selber zu sieht wie er mit seinen Rsiken umgeht. Das heißt aber auch, dass man Marktteilnehmer pleite gehen lassen muss, ohne Ausnahme. Kapitalismus ohne Insolvenz bzw. "Ausfall geschöpften Geldes" kann nicht funktionieren (das ist bspw. unvereinbar mit Konjunkturzyklen).

  • Bzgl. des Mathe-Anteils im WIWI-Studium:
    Für ein VWL-Studium reicht es im Grunde genommen aus folgende Dinge zu beherrschen: Differentialrechnung, Gleichungen, ein bisschen + und Minus, ein bisschen Kurvendiskussion und das wars auch schon.... In den Prüfungen wird weit mehr abgefragt. Die hohen Durchfallquoten rühren aber eher von der allgemein schlechten Lehre!! Mathevorkurse sind eine Seltenheit. Profs rühmen sich mit hohen Durchfallquoten...Es sind einfach zu viele Studenten, weshalb halt eben gesiebt wird. Letzteres trifft gerade auf Fächer ohne NC zu.

    Woran es bei Ökonomen hapert: Allgemeinwissen, Dogmengeschichte (viele können selbst im Master noch nicht mal was mit dem Wort anfangen, auch die "Top-Absolventen" gehören dazu, Wer zum Teufel war eigentlich David Ricardo???), Wirtschaftsgeschichte, Kenntnisse von neueren Entwicklungen in der Ökonomik.
    Die aktuellen Lehrpläne bevorzugen vor allem Studenten die Mathematikaffin sind-> Tunnelblickdenker! Diese verstehen viel von Analyse bestimmter kleinteiliger Zusammenhänge, können dies aber nicht in das große Ganze einordnen.

  • Während Theoretische Physiker auf gleicher Augenhöhe mit Mathematikern über mathematische Probleme diskutieren können, schwimmen VWLer (einschließlich der Professoren) zumeist in mathematisch flachen Gefilden. Beispiel: An keiner ökonomischen Fakultät werden die Modelle auf solider maßtheoretischer Grundlage eingeführt (mit sigma-Algebren und so) , sondern eher mit der Mathematik aus der Schule und nicht-rigorosen Beweisen.

    Die meisten VWL-Profs haben also nicht nur keine Ahnung von der Realität, sie spielen auch als Theoretiker höchstens in der 3. Liga. Dass der Staat für so einen Dünnpfiff auch noch C4-Gehälter (einschließlich der Pensionen) bezahlt ist sicher ein Fehler.

  • @ Steiner,
    doch, das kann man schon! Auch wenn 50% durchgefallen sind, heißt das nicht,das Niveau ist ausreichend, die Präzission und die Stringenz mathematischer Beweisführung auf die angeblich "wissenschaftlichen" Wirtschaftsfächer durchgreifen zu lassen! Die inflationäre Anzahl von Wirtschaftsmodellen beruht doch letztlich darauf, dass nicht wissenschaftlich sondern marketingkonform gearbeitet wird: möglichst oft in den Medien erscheinen, in den Rankings ganz oben stehen und euphemistische Worthülsen produzieren!

  • Zitat vom Professor am Ende des zweiten Semesters Mathe und kurz vor der Klausur:"Wenn man alle Sätze und Definitionen auswendig weiß und man alle Übungsaufgaben aus dem Schlaf lösen kann, dann bekommt man maximal eine 3,3. Wenn man die mathematische Herangehensweise und Logik beherrschaft, dann bekommt man maximal eine 2,3."

    Wann denn? Ich war bis zum Ende des 2. Semesters eigentlich bei jeder Vorlesung von Mathe für WiWis an der Uni Leipzig und kann mich an die Aussage nicht erinnern...

    Oh btw,
    ich glaube an der Uni Köln sind mal über 90% durch Mathe geflogen...also so gesehen stehen wir doch auch noch gut da^^


  • @ Kopernikus

    Die Zahl von > 50% (es waren 52%) bezig sich konkret auf die Matheklausur am Ende des WS 78/79.

    Zum damaligen Zeitpunkt erfüllte das Abitur noch andere Standards als heute, heutzutage hat ja fast jeder Zweite ein Abitur. Vermutlich resultieren Ihre 70% in Leipzig daher, dass ein erheblicher Teil der heutigen Abiturienten nicht einmal den Dreisatz beherrscht.

  • Eine Durchfallquote von über 50% ist ja wohl kaum zu fassen. An der Uni Leipzig fallen von 600 angemeldeten Studenten bei der Mathematikklausur über 70% durch.
    Zitat vom Professor am Ende des zweiten Semesters Mathe und kurz vor der Klausur:"Wenn man alle Sätze und Definitionen auswendig weiß und man alle Übungsaufgaben aus dem Schlaf lösen kann, dann bekommt man maximal eine 3,3. Wenn man die mathematische Herangehensweise und Logik beherrschaft, dann bekommt man maximal eine 2,3."

    Bloß weil hier einige Leute an der Baumschule Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler hatten, heißt das noch lange nicht, dass andere Studenten eine ebenso mangelhafte Mathematikausbildung genossen haben.
    Von meinem Umfeld kann ich auch behaupten, dass ihre Aussage, dass es Universitäten gibt, bei den Mathe eine geringere Rolle spielt, dahingehend zutreffend ist, dass dies keine Universitäten, sondern Fachhochschulen sind, die von ihren ansässigen Studenten manchmal fälschlicherweise als "Ist-Doch-Auch-Eine-Uni" tituliert werden.

    Einen schönen Sonntag noch.

  • @ visitor:

    Ich habe nicht behauptet, dass "zu anspruchsvolle" Mathematik betrieben worden sei, sondern mich der Behauptung von hanfwu entgegen gestellt, in ökonomischen Studiengängen würden lächerliche Anforderungen in Sachen Mathe gestellt.

    Von "lächerlichen" Anforderungen kann sicherlich keine Rede sein, wenn Studenten, die immerhin die Hichschulreife haben müssen, zu über 50% die Mathe-Klausur nicht bestehen und - bedingt vor allem durch die mathematischen Anteile - die Durchfallquoten in den Grundstudiums-Klausuren BWL (2) und VWL (2) jeweils zwischen ca. 25% und 45% lagen.

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