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Studie zur Preisentwicklung von harten Drogen Globalisierung verbilligt Kokain und Heroin

Die Globalisierung macht nicht nur Computer, Textilien und andere Güter des täglichen Bedarfs billiger - sie sorgt auch für einen drastischen Preisverfall bei harten Drogen wie Heroin und Kokain. Wie und warum, das zeigen zwei Ökonomen in einer faszinierenden Studie.
30.07.2007 - 08:00 Uhr Kommentieren
Kokain ist heute deutlich billiger als vor zehn Jahren Quelle: dpa

Kokain ist heute deutlich billiger als vor zehn Jahren

(Foto: dpa)

Solch einen drastischen Preisverfall gibt es nicht auf vielen Märkten: Um 50 bis 80 Prozent sind harte Drogen seit Anfang der neunziger Jahre in den westlichen Industrieländern billiger geworden.

1990 kostete ein Gramm Kokain in Europa laut Drogenbericht der Vereinten Nationen um die 175 Dollar - heute sind es weniger als 100 Dollar. Heroin bekommt man auf dem europäischen Schwarzmarkt inzwischen sogar für rund 75 Dollar pro Gramm - vor 15 Jahren waren es noch mehr als 250 Dollar. Ähnlich stark sind die Drogenpreise auch in den Vereinigten Staaten verfallen.

Was ist der Grund für diese Entwicklung? Und wie sollte die Drogenpolitik in den westlichen Ländern auf diese Entwicklung reagieren?

Zwei europäische Ökonomen haben versucht, diese Fragen zu beantworten. Die Arbeit von Claudia Costa Storti von der portugiesischen Notenbank und Paul de Grauwe von der Katholischen Universität Leuven liefert faszinierende Einblicke in einen Markt, der sonst im Verborgenen liegt.

Gleich in mehrfacher Hinsicht herrschen beim Handel mit Kokain, Heroin und Co. andere ökonomische Gesetze als auf "normalen" Märkten, zeigen die Wissenschaftler. So reagiert die Nachfrage nach Kokain und Heroin wesentlich weniger stark auf Preisänderungen - körperlich abhängige Junkies zahlen nahezu jeden Preis für ihre Droge. Anders als bei normalen Gütern sinkt die Rauschgift-Nachfrage bei steigenden Preisen nur wenig.

Zugleich spielen auch die Herstellungskosten für den Schwarzmarkt-Preis von Drogen nur eine untergeordnete Rolle. Experten schätzen, dass sich die Produktionskosten von Kokain gerade einmal ein Prozent des Straßenverkaufspreises ausmachen.

Der wichtigste Faktor dafür, was man am Frankfurter Hauptbahnhof oder auf dem Hamburger Kiez für Rauschgift bezahlen muss, sind die Provisionen der Zwischenhändler. Diese Handelsspanne hängt unter anderem von der Risikoprämie ab, die Dealer für ihre Tätigkeiten erwarten - schließlich werden Drogenschäfte in den meisten Ländern hart bestraft. Daneben spielen - wie bei legalen Produkten auch - die Transport-, Lager- und Vertriebskosten eine Rolle.

Die Ökonomen Storti und de Grauwe stellen die These auf: Die Handelsspanne der Dealer ist der Schlüssel zum Verständnis der Entwicklung des Rauschgift-Preises.

Tatsache ist: Mit dem reinen Spiel von Angebot und Nachfrage lässt sich der drastische Preisverfall bei Heroin und Kokain nicht erklären. Die Autoren weisen nach, dass die Nachfrage nach diesen harten Drogen in Europa wie in den Vereinigten Staaten in den vergangen 15 Jahren eher gestiegen als gesunken ist - für sich genommen wäre dies ein Argument für steigende, nicht sinkende Preise. Hinzu kommt, dass das globale Angebot an Kokain und Heroin mehr oder weniger konstant geblieben ist. Die weltweite Jahresproduktion von Kokain pendelt um 800 bis 900 Tonnen, die von Heroin um etwas über 4 000 Tonnen. Zwar ist die Anbaufläche für Koka-Blätter und für Opium in den vergangenen 15 Jahren zurückgegangen, der Ertrag pro Hektar aber ist gestiegen.

Daraus ziehen die Forscher den Schluss: "Der spektakuläre Rückgang des Straßenpreises von Heroin und Kokain kann nur mit der Entwicklung der Handelsspanne in diesen Märkten erklärt werden."

Als Beleg dafür werten sie die Entwicklung der Großhandelspreise im Vergleich zu dem, was die Endverbraucher des Rauschgifts bezahlen müssen. Anfang der neunziger Jahre verdienten Dealer in Europa pro Gramm Heroin 120 Dollar - heute sind es nur 40 Dollar. Die Differenz zwischen Erzeuger- und Großhandelspreisen hat sich noch dramatischer verkleinert.

Warum aber sind die Gewinnspannen der Drogenmafia so unter Druck geraten? Storti und de Grauwe machen dafür die Globalisierung verantwortlich. Wie normale Märkten für legale Produkte sei auch der Drogenhandel durch die Globalisierung effizienter geworden: "Die Transportkosten sind gesunken, die Nutzung von moderner Informationstechnologie hat den Vertrieb effizienter gemacht." Zudem sei die Kommunikation zwischen Angebot und Nachfrage einfacher und sicherer geworden - dadurch könnten die Dealer ihre Lagerbestände effizienter managen.

Zudem vermuten die Wissenschaftler, dass die Risiko-Prämie für Drogenhändler gesunken sei - weil durch die Öffnung von China, Indien und Russland das Angebot an armen, niedrig qualifizierten Arbeitern gestiegen ist. Einige davon dürften von den hohen Renditen des Drogengeschäfts angezogen worden sein, spekulieren sie.

Für den Kampf gegen die Drogenmafia in den der Industrieländer folgt daraus nach Ansicht der Forscher: Weil die Globalisierung den Drogenhandel leichter macht, untergräbt sie gleichzeitig eine Politik, die versucht, das Rauschgift- Angebot zu begrenzen. Die Industrieländer sollten daher größeres Gewicht auf die Eindämmung der Drogen-Nachfrage legen - zum Beispiel durch Aufklärungskampagnen und Entgiftungsprogramme.

Das Argument der Ökonomen: "Selbst wenn diese nachfrageorientierten Maßnahmen für sich genommen nicht effektiver als früher sind, dürfte ihre relative Wirksamkeit im Vergleich zu einer angebotsorientierten Anti-Drogen-Politik gestiegen sein."

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