Rürups Woche Bert Rürups Rentenwahrheiten
Düsseldorf Wer auf einen kräftigen Aufschwung im zweiten Quartal gesetzt hat, sah sich spätestens in dieser Woche getäuscht. Der große Hoffnungsträger vieler Konjunkturauguren patzte; die deutsche Industrie kam im April nicht vom Fleck.
Die Aufträge gingen um 0,2 Prozent zurück, und die Produktion sank gar um ein Prozent. Lediglich die Exporte legten im April leicht um 0,3 Prozent zu. Offensichtlich bremsen fehlende Vorprodukte, wie etwa Halbleiter, die Produktion merklich aus.
Und so ist es zwar eine schlechte, aber keine wirklich überraschende Nachricht, dass sich auch die Produktionserwartungen der deutschen Industrie im Mai eintrübten. Der entsprechende Ifo-Indikator sank auf 27 Punkte, nach 32 im April.
Schwache Baukonjunktur
Und auch auf dem scheinbar boomenden Bau herrscht keineswegs eitel Sonnenschein. Zum einen berichten immer mehr Unternehmen über markante Preiserhöhungen bei Baustoffen und über Materialknappheit – sowie drohende Kurzarbeit. Zum anderen sackte der Umsatz im ersten Quartal ins Minus.
In den ersten drei Monaten dieses Jahres war der Umsatz um 9,4 Prozent geringer als im Vorjahreszeitraum. Dies mag zum Teil auf das frostige Wetter und auf Vorzieheffekte infolge der Wiederanhebung der Mehrwertsteuersätze zum Jahreswechsel zurückzuführen sein. Gleichwohl gilt: Gute Konjunkturnachrichten sehen anders aus.
Sicher, die Anzahl der Corona-Neuinfektionen sinkt jetzt rapide; mittlerweile ist das Niveau von Anfang Oktober 2020 wieder erreicht. Zudem steigt die Anzahl der geimpften Personen von Tag zu Tag, auch wenn noch immer Millionen Menschen auf die ersehnten Spritzen warten müssen.
Noch keine Rückkehr zur Normalität
Doch selbst wenn nichts mehr schiefgeht, dürften aus diesem Grund viele Einschränkungen auch noch in weiten Teilen des dritten Quartals bestehen bleiben; zahlreiche für den Sommer oder Herbst geplante Großveranstaltungen sind bereits abgesagt. Und so dürfte es zwar kräftiges Wachstum im Sommer geben, doch eine Rückkehr zu alter Normalität und zu alter wirtschaftlicher Stärke gibt es noch nicht.
Dies räumt auch die Bundesregierung ein – und verlängerte deshalb die Überbrückungshilfen für betroffene Unternehmen und Soloselbstständige bis zum 30. September 2021. Neu hinzu kommt die „Restart-Prämie“, mit der Unternehmen einen höheren Zuschuss zu den Personalkosten erhalten können.
Keine Pleitewelle vor der Wahl erwünscht
Dass vier Tage vor diesem Termin die Bundestagswahl stattfindet, dürfte ganz sicher kein Zufall sein. Eine Pleitewelle und steigende Arbeitslosigkeit wären wohl das Letzte, was Union und SPD kurz vor dem Wahltag sehen möchten – koste es, was es wolle.
Ja, und dann war da noch die EZB: Sie entschied gestern wieder einmal nichts und blieb damit bei ihrem expansiven Kurs. Obwohl die Verbraucherpreise im Euroraum im Mai um 2,0 Prozent stiegen und in den kommenden Monaten mit einem – mutmaßlich – temporären Anziehen der Inflation zu rechnen ist.
Unser Angebot in dieser Woche
Der Chefökonom: Rentenpolitik ist mehr als Mathematik
Gastkommentar: Für ein Comeback der Angebotspolitik
Podcast Economic Challenges: Professor Bert Rürup im Gespräch mit Professor Michael Hüther
Grafik der Woche: Der Immobilienboom
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Der Autor ist Präsident des Handelsblatt Research Institute.
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