Rürups Woche Es ist Zeit, Verteilungsgerechtigkeit herstellen!
Düsseldorf In Deutschland folgen die jährlichen Rentenanpassungen im Wesentlichen der Lohnentwicklung im Vorjahr. Der Durchschnittslohn sank im vergangenen Jahr geringfügig, vor allem wegen der weit verbreiteten Kurzarbeit.
Eigentlich hätten daher auch die Renten in diesem Sommer moderat gekürzt werden müssen.
Sinken darf die Rente nicht
Ein solches Absinken der Rente hatte die damalige Große Koalition bereits während der Finanzkrise 2008/09 ausgeschlossen und durch einen Nachholfaktor ersetzt. Dieser sah vor, ausgebliebene Kürzungen in den Folgejahren nachzuholen.
Damit sollte sichergestellt werden, dass infolge einer schweren, mit Lohnsenkungen verbundenen Rezession die Renten nicht gekürzt werden. Auf mittlere Sicht sollen sich Löhne und Renten aber dennoch parallel entwickeln und folglich das Rentenniveau nicht dauerhaft steigen.
Bald steigen die Renten deutlich
Auch im vergangenen Jahr sank der Durchschnittslohn. Doch schon im Jahr 2018 hatte die Regierung – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – diesen Nachholfaktor bis 2025 suspendiert. Infolgedessen mussten die Rentner zwar im Sommer 2021 eine Nullrunde hinnehmen. Doch im kommenden Sommer dürften nach ersten Berechnungen die Renten im Westen um 5,2 und im Osten gar um 5,9 Prozent steigen.
Auch im Sommer 2023 ist mit einem sehr deutlichen Plus zu rechnen, sofern die Konjunkturprognosen für 2022 nicht vollkommen danebenliegen. Im Ergebnis steigt das Rentenniveau somit dauerhaft an.
Arbeitnehmer verzeichnen Einbußen
Es gibt gute Gründe dafür, dass der Sozialstaat seine Leistungen nach festen Regeln anpasst und nicht nach dem Gutdünken der gerade Regierenden.
Es ist aber schwer einzusehen, dass ein Großteil der in der Privatwirtschaft Beschäftigten infolge der Corona-Rezession Einkommenseinbußen hinnehmen mussten, während die Rentner von den Pandemiefolgen über ein dauerhaft höheres Rentenniveau nachhaltig begünstigt werden.
Es ist Zeit, Verteilungsgerechtigkeit herstellen!
Nun stehen der gesetzlichen Rentenversicherung angesichts des bald einsetzenden massiven Alterungsschubs zwei sehr schwierige Dekaden bevor.
Im Sinne einer intergenerativen Verteilungsgerechtigkeit wäre es daher angezeigt, wenn die neue Bundesregierung – im Interesse einer intergenerativen Gleichbehandlung – schnellstmöglich den Nachholfaktor wieder einsetzen würde.
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