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Mindestlohn Studie zeigt, wem ein Stundenlohn von 12 Euro helfen würde

Knapp neun Millionen Menschen arbeiteten 2019 für weniger als zwölf Euro die Stunde, zeigt eine Studie des gewerkschaftsnahen WSI. Auch jeder zehnte Tarifbeschäftigte wäre betroffen.
30.10.2021 - 10:00 Uhr Kommentieren
In der Gebäudebetreuung ist der Anteil der Beschäftigten, die weniger als zwölf Euro pro Stunde verdienen, besonders hoch. Quelle: imago images/imagebroker
Reinigungskraft

In der Gebäudebetreuung ist der Anteil der Beschäftigten, die weniger als zwölf Euro pro Stunde verdienen, besonders hoch.

(Foto: imago images/imagebroker)

Berlin SPD, Grüne und FDP wollen – sollten ihre Koalitionsverhandlungen zum Erfolg führen – den gesetzlichen Mindestlohn im ersten Regierungsjahr auf zwölf Euro brutto pro Stunde anheben. So haben sie es im Ergebnispapier ihrer Sondierungsgespräche festgehalten.

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hat in einem aktuellen Policy-Brief analysiert, wer von der geplanten Erhöhung profitieren würde. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wem würde eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro helfen?

Das WSI greift dabei auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zurück, einer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) regelmäßig durchgeführten Haushaltsbefragung mit rund 30.000 Personen. Dabei werden auch Monatsverdienste oder geleistete Arbeitsstunden erfasst.

Demnach verdienten im Jahr 2019 – bis dahin reichen die SOEP-Daten – knapp 7,9 Millionen oder 23 Prozent der Beschäftigten im Hauptjob weniger als zwölf Euro pro Stunde. Rechnet man noch die gut 1,3 Millionen Beschäftigten mit niedrigeren Stundenlöhnen im Nebenjob hinzu, kommt man auf 9,2 Millionen Menschen, die vor zwei Jahren von einer Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro profitiert hätten.

Dies deckt sich etwa mit Äußerungen von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der eine „Gehaltserhöhung für zehn Millionen Bürger“ versprochen hatte. Schreibt man die Daten des Jahres 2019 mit der seither erzielten durchschnittlichen Steigerung der Stundenlöhne von 4,3 Prozent bis ins Jahr 2021 fort, so liegt die Zahl der Beschäftigten mit Stundenlohn unter zwölf Euro im Haupt- und Nebenjob aktuell noch bei knapp 8,7 Millionen – und damit rund eine halbe Million niedriger als 2019.

Allerdings verweist das WSI darauf, dass es durch die Coronapandemie zu einem Beschäftigungsabbau in einigen Branchen mit vergleichsweise niedrigen Durchschnittslöhnen gekommen sei, beispielsweise im Gastgewerbe oder in Teilen des Einzelhandels. Die Zahl der Beschäftigten mit weniger als zwölf Euro Stundenlohn könnte daher etwas überschätzt sein, da die Fortschreibung ins Jahr 2021 auf den Beschäftigtenstrukturen von 2019 aufsetzt.

Mindestlohn: Wer arbeitet besonders häufig für weniger als zwölf Euro pro Stunde?

Zwei von drei Beschäftigten mit einem Stundenlohn von weniger als zwölf Euro sind der WSI-Untersuchung zufolge Frauen. Von den Teilzeitbeschäftigten beider Geschlechter verdienen 41 Prozent weniger, von den Minijobbern 81 Prozent. Betrachtet man einzelne Branchen, dann hatte die Gebäudebetreuung 2019 mit fast 69 Prozent die höchste Quote von Beschäftigten, die im Hauptjob weniger als zwölf Euro pro Stunde verdienen.

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In der Gastronomie lag der Anteil seinerzeit bei rund 64 Prozent, im Einzelhandel bei gut 45 Prozent und bei den Post- und Kurierdiensten bei 35 Prozent. Nach der Untersuchung verdienten vor zwei Jahren aber auch in Industriebranchen noch einige Beschäftigte weniger als zwölf Euro, in der Elektroindustrie waren es gut zwölf Prozent, in der Chemiebranche knapp neun Prozent und im Maschinenbau rund sechs Prozent.

Die Untersuchung zeigt aber auch, dass ein Mindestlohn von zwölf Euro nicht nur bei Helfertätigkeiten, sondern auch in Fachkraftberufen von Bedeutung wäre. So verdienten 2019 beispielsweise knapp neun von zehn Gastronomie-Fachkräften weniger, bei den Verkäuferinnen und Verkäufern waren es knapp 55 Prozent, von den medizinischen und zahnmedizinischen Fachangestellten rund 46 Prozent.

Wie hat sich die Zahl der Beschäftigten mit Stundenlöhnen unter zwölf Euro bis 2019 verändert?

Nach früheren Untersuchungen erhielten im Jahr 2017 noch rund 8,7 Millionen oder 27 Prozent der Beschäftigten im Hauptjob weniger als zwölf Euro. Berücksichtigt man auch die Nebenjobs, verdienten insgesamt elf Millionen Menschen weniger. Die allgemeine Lohnentwicklung hat dazu beigetragen, dass die Anteile zwei Jahre später niedriger lagen.

Allerdings weist Studienautor Toralf Pusch darauf hin, dass der Rückgang etwas geringer ausgefallen sein könnte als angenommen, weil im SOEP insgesamt weniger Beschäftigungsverhältnisse erfasst werden als in den Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) oder der Verdiensterhebung des Statistischen Bundesamts.

Tarifverträge: Wie stark greift eine Anhebung des Mindestlohns in die Autonomie ein?

Eine vom Gesetzgeber gesetzte Lohnuntergrenze hat auch Einfluss auf die Lohnverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. So hatte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger argumentiert, dass ein Mindestlohn von zwölf Euro in mehr als 190 Tarifverträge eingreifen und über 570 tariflich ausgehandelte Lohngruppen überflüssig machen würde.

Nach der WSI-Untersuchung erhielten von den im Hauptjob Beschäftigten mit Tarifvertrag 2019 noch knapp elf Prozent weniger als zwölf Euro pro Stunde. Unter den entsprechenden Beschäftigten in nicht tarifgebundenen Unternehmen lag die Quote dagegen bei fast einem Drittel.

Aktuell arbeiten nach den ins Jahr 2021 fortgeschriebenen Daten noch 1,5 Millionen oder 9,5 Prozent der Tarifbeschäftigten im Hauptjob zu Stundenlöhnen von weniger als zwölf Euro. So liegt beispielsweise der tarifliche Branchenmindestlohn in der Gebäudereinigung aktuell bei 11,11 Euro pro Stunde.

Ungelernte Pflegekräfte erhalten seit September zwölf Euro pro Stunde, der Branchenmindestlohn in der Abfallwirtschaft ist erst im Oktober auf 10,45 Euro pro Stunde angehoben worden. Auch in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes gibt es noch Entgeltgruppen mit weniger als zwölf Euro Stundenlohn.

Eine Anhebung der gesetzlichen Lohnuntergrenze auf zwölf Euro würde für die Tarifbeschäftigten eine durchschnittliche Lohnsteigerung um ein Prozent bedeuten. Über alle Beschäftigten im Hauptjob hinweg wären es 2,8 Prozent.

Mehr: Der Mindestlohn wird zum Spielball der Politik

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