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Digitale Revolution

Digitale Revolution Diese chinesische Firma hat mit Drohnen den Massenmarkt erobert

Als erster Digitalkonzern aus China hat DJI eine ganze Produktkategorie für Kunden auf der ganzen Welt etabliert. Acht von zehn Drohnen stammen von DJI.
07.01.2020 - 14:32 Uhr Kommentieren
Journalisten fotografieren die Drohne „Inspire 1“ der Firma DJI. Quelle: dpa
Drohnen-Pionier

Journalisten fotografieren die Drohne „Inspire 1“ der Firma DJI.

(Foto: dpa)

Shenzhen Ganze 750 Tonnen Geröll krachten herunter. Beim Großbrand der Kathedrale Notre-Dame in Paris Mitte April 2019 stürzte der hölzerne Dachstuhl aus 1300 Eichenbalken ein, das Bleidach schmolz dahin, die Turmuhr erlitt einen Totalschaden. Bodenpersonal wurde untersagt, die Ruine zu betreten, weil sie als zu instabil galt.

Um den genauen Schaden zu ermitteln, setzten die französischen Behörden stattdessen Drohnen des chinesischen Herstellers DJI ein. Die Fluggeräte mit den integrierten Kameras sammelten Hunderte Stunden an Videomaterial, kundschafteten die verbliebenen Strukturen aus, suchten nach noch schwelenden Brandherden und erstellten 3D-Karten der Ruine.

„Wir haben erst später erfahren, welch hilfreiche Rolle wir dabei gespielt haben“, sagt Paul Pan, Senior-Produktmanager bei DJI. Den Satz, das Unternehmen habe erst im Nachhinein erfahren, wofür die Kunden seine Produkte noch verwenden, hört man immer wieder.

Denn DJI ist jung und teilweise so rasant gewachsen, dass es manchmal von seinem eigenen Erfolg überholt wurde. Innerhalb eines Jahrzehnts mauserte sich der Komponentenhersteller mit einer Kombination aus technologischer Innovation, Zeitgeist und Standortvorteilen zum Marktführer der zivilen Drohnen-Branche. 2016 machte DJI nach eigenen Angaben 1,5 Milliarden Dollar Umsatz, 2017 konnte es diesen auf 2,8 Milliarden Dollar fast verdoppeln. Seither aber hüllt sich das Unternehmen in Schweigen. Der geschätzte Marktwert der Firma beläuft sich auf 15 Milliarden Dollar.

DJI steht für den Erfolg der chinesischen Technologiebranche. Es sind nicht länger vor allem Firmen aus Nordamerika und Europa, die bahnbrechende Produkte entwickeln und global ausrollen. Unter die neuen Technologiestars mischen sich immer mehr Konzerne aus der Volksrepublik. Und DJI ist erst der Anfang. Die Zeit der billigen Produzenten aus Fernost, die Spitzentechnik kopieren, statt selbst zu entwickeln, geht zu Ende.

Vor dem Siegeszug der Firma aus Shenzhen waren Drohnen etwas für Spezialisten. Sie waren teuer und unhandlich. DJI machte sie zu einem Massenprodukt für Privatleute. Heute kann sich jeder Hobbypilot eine Drohne anschaffen. „Wir haben im Grunde die Produktkategorie ‚zivile Drohnen‘ erfunden“, sagt Pan. Ein gewaltiger Erfolg für DJI – und auch ein Symbol für die wachsende Bedeutung chinesischer Konzerne.

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Zuletzt zog der Erfolg des Konzerns aber auch das Misstrauen der amerikanischen Behörden auf sich, die unter anderem befürchten, dass mit den fliegenden Objekten und ihren hochauflösenden Kameras Datensammlung und Spionage im Auftrag der chinesischen Regierung betrieben werden.

DJI, kurz für Da Jiang International Sciences and Technology, wurde 2006 von einem Ingenieur namens Wang Tao in der südchinesischen Küstenmetropole Shenzhen gegründet. 2012 brachte die Firma seine erste Drohne auf den Markt; inzwischen verkauft sie ihre Produkte in mehr als 100 Länder und beschäftigt nach eigenen Angaben rund 14.000 Mitarbeiter an 17 Standorten.

Die Größe des Marktes, den DJI mit seinen zivilen Drohnen zurzeit bedient, schätzt die Beratungsfirma Drone Industry Insight (DroneII) für 2019 auf 20 Milliarden Dollar. Bis 2024 soll er sich auf sogar 43 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln.
„Eigentlich hat DJI momentan keinen Konkurrenten, der einen ähnlich hohen Marktanteil hat“, sagt Kay Wackwitz, Gründer von DroneII. Um zu begreifen, wie groß die Dominanz des chinesischen Herstellers ist, muss man nur auf seinen Marktanteil in den USA schauen: Mit 77 Prozent liegt Primus DJI weit vor dem US-Konzern Intel, der mit 3,7 Prozent den zweiten Platz belegt.

Schon früh meisterte DJI in zweierlei Hinsicht eine Disziplin, die sowohl fürs Fliegen als auch Filmen ausschlaggebend ist: Stabilität. Einmal durch das sogenannte „Hovering“, womit man die Fähigkeit einer Drohne bezeichnet, trotz unterschiedlicher Luftströmungen an einem Punkt in der Luft zu schweben. Und zum anderen mit gut gebauten „Gimbals“, sogenannten kardanischen Aufhängungen, die es ermöglichen, die an den Drohnen angebrachten Kameras ohne Wackler zu drehen.

„Wenn man eine DJI-Drohne im eigenen Haus herumfliegen lässt, dann liegt das Gerät gut in der Luft. Nichts geht kaputt. Das ist bei den Konkurrenten anders“, sagt Lanier Watkins, der an der renommierten Johns Hopkins University in Baltimore über kritische Infrastruktur und Netzwerk-Sicherheit von Drohnen forscht.

Wie wichtig gute Gimbals sind und wie groß der Bedarf für Filmdrohnen war, bemerkte das DJI-Team während eines Gesprächs mit einer neuseeländischen Vertragshändlerin im Jahr 2010. Sie erzählte, dass 95 Prozent ihrer Kunden die gekauften Gimbals dazu nutzen, sie an Drehflüglern zu befestigen, um daran eine Kamera zu installieren.

Bis DJI diese Erkenntnis in ein Produkt umsetzen konnte, dauerte es noch zwei Jahre. 2012 begann dann der Erfolgszug, als die erste DJI-Drohne der Serie Phantom auf den Markt kam. Im Oktober 2013 folgte die Phantom 2 Vision als erste Drohne mit einem Gimbal, auf den die Kunden ihre eigenen Kameras installieren konnten.

Dabei schaffte es DJI früh, fortschrittliche Technik mit einer nutzerfreundlichen Handhabung zu einem günstigen Preis zu entwickeln, während Konkurrenten wie 3D Robotics Schwierigkeiten mit der Qualität ihrer Gimbals hatten und bei den Drohnen von GoPro schon mal mitten im Flug die Batterie herausfiel.

Beliebt an Filmsets

2015 begann DJI dann auch, Gimbals für Kameras und Smartphones herauszubringen. Schon bevor die Stabilisatoren-Serien Ronin und Osmo auf den Markt kamen, wurden DJIs Gimbals in der Kamera-Fachwelt für ihre Fähigkeiten geschätzt. Er habe einmal eine DJI-Drohne gekauft, um sie an ein Auto zu montieren und stabile Fahrtbilder zu machen, erzählte ein Kameramann. Geschichten wie diese, so Wackwitz, gebe es zuhauf.

Fachleute wie auch Laien loben DJI dafür, bedarfsgesteuert zu sein und praktikable Lösungen anzubieten. Als Pan ein Filmset besuchte, bemerkte er zum Beispiel, dass beim Linsenwechsel die Stabilisatoren immer wieder neu zeitaufwendig eingestellt werden mussten. Danach setzte er sich in seine Werkstatt und fand einen Weg, diesen Vorgang auf 30 Sekunden zu verkürzen. Für eine Filmproduktion, wo Zeit Geld ist, sind solche Verbesserungen extrem wertvoll.

Die Nachricht, dass es eine relativ preisgünstige, leicht zu bedienende Filmdrohne gibt, sprach sich auch bei den sogenannten Content Creators schnell herum. Die jungen Youtube- und Instagram-Stars produzieren ihre Programme oft selbst oder mit einem kleinen Team. Für sie sind Geräte, mit denen man für wenig Geld spektakuläre Hochglanzbilder produzieren kann, sehr attraktiv. Und was die Stars benutzen, wollen ihre Fans natürlich auch besitzen. 2015 kam mit der Phantom 3 ein Produkt auf den Markt, das auch für Normalverbraucher erschwinglich war.

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Ungefähr zu dieser Zeit begann DJI auch damit, mehr Ressourcen in Kameras zu investieren. 2016 erwarb DJI zuerst einen Minderheits-, und ein Jahr später dann einen Mehrheitsanteil am schwedischen Kamerahersteller Hasselblad.

Pan erklärt DJIs Strategie, möglichst alle Aspekte des Produkts innerhalb der eigenen Firma zu entwickeln, damit: „Wir wollen sicherstellen, dass alle Komponenten reibungslos im System integriert sind.“ Das mache DJI von Zulieferern weitestgehend unabhängig und sei neben dem kompetitiven Preis und der guten Qualität der Produkte DJIs schlagender Vorteil, sagt Wackwitz.

Inzwischen versucht das Unternehmen, neue Konsumentengruppen zu erschließen. Mit dem faltbaren Mavic Pro begann DJI, weibliche Nutzer und Familien anzusprechen. Tello wiederum ist eine Drohne, die vor allem an Kinder gerichtet ist.

Ein weiterer Vorteil in der Entwicklung ist DJIs Standort: Shenzhen hat sich einen Ruf als Silicon Valley des Ostens erarbeitet und zieht Talente aus ganz China und der Welt an. Außerdem habe die Stadtregierung mit Räumlichkeiten, Miete und Steuervergünstigungen ausgeholfen, erzählt Pan.

Das Attraktivste an der Stadt sei jedoch ihre enge Vernetzung mit den Hightech-Lieferketten und Produktionsstätten. Man könne so die vertikale Integration der Systeme vorantreiben und eine hohe Umschlagsquote in der Forschung und Entwicklung erreichen, sagt Pan.

„Wenn ich an einem neuen Produkt arbeite, kann ich mein Design an eine Fabrik schicken und bekomme innerhalb von fünf Tagen ein Muster zurück“, erzählt er. In den USA, wo er früher beschäftigt war, dauerte so etwas mehrere Wochen oder gar Monate, und man musste für die Dienstleistung zahlen.

„Hier unterbieten sich die Fabriken gegenseitig, um den Auftrag zu bekommen. Und die Qualität der Muster ist meistens besser“, sagt er. Natürlich, gibt er zu, sei dabei auch die Quote der Versuche und Fehler höher. Rund 25 bis 30 Prozent des Umsatzes werden nach Unternehmensangeben in Forschung und Entwicklung gesteckt.

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