Brent geht zur Neige Größtes Nordsee-Ölfeld vor dem Aus

Hoch wie der Eiffelturm ragen die riesigen Förderplattformen des Brent-Ölfeldes aus dem Meer.
Aberdeen Starker Wind, hoher Seegang und kaltes Wasser – das ist der Alltag auf halbem Wege zwischen den Shetland-Inseln und Norwegen. Hier liegt das Öl- und Gasfeld Brent, benannt nach dem englischen Namen der Ringelgans. Es ist nicht nur eines der größten und ältesten Ölfelder der Nordsee, sondern auch das bekannteste: Brent gab dem Nordseeöl seinen Handelsnamen. Und der Konflikt um den Speichertank Brent Spar hielt vor mehr als 20 Jahren die Welt in Atem.
Nun geht es mit Brent zu Ende. Nach 40 Jahren und umgerechnet mehr als drei Milliarden Barrel Öl und Gas ist Schluss. Das Feld ist leergefördert.
Shell teilt sich Investitionen und Erträge aus dem Brent-Feld mit ExxonMobil; rund 70 Prozent gehen an den britischen Staat. Vier riesige Förderplattformen mit den Namen Alpha, Bravo, Charlie und Delta stehen in der Nordsee. Jede von ihnen ist 300 Meter hoch, wie der Eiffelturm. Nur Brent Charlie fördert noch Gas, die anderen Plattformen sind schon außer Betrieb. Doch was tun damit?
Die Shell-Experten haben sich den Kopf zerbrochen über andere Nutzungen, angefangen von Windkraftanlagen oder CO2-Speichern bis hin zu Gefängnissen oder Offshore-Casinos. Vergeblich. „Wir werden modernstes technisches Know-how brauchen und mehr als zehn Jahre Zeit“, sagt Thomas Müller von der deutschen Shell-Organisation, der mit dem Projekt vertraut ist.
Kein Einzelfall
Brent ist kein Einzelfall. Die Öl- und Gasförderung in der Nordsee läuft in den kommenden Jahrzehnten aus. Auf britischer Seite müssen rund 470 Installationen abgebaut und entsorgt werden. Bei den meisten davon gibt es kaum Probleme.
Nach der gescheiterten Versenkung des schwimmenden Öltanks Brent Spar im Jahr 1995 beschlossen die europäischen Küstenstaaten ein generelles Verbot. Seitdem müssen Offshore-Anlagen an Land entsorgt werden, abgesehen von einzelnen Ausnahmen. Spätestens seit 1999 sind alle Anlagen so konstruiert, dass sie vollständig zurückgebaut werden können. An die 60 Installationen wurden schon abgebaut und recycelt.
Brent ist ein Sonderfall. Als die Plattformen in den 1970er Jahren während der Ölkrisen gebaut wurden, dachte niemand an den späteren Rückbau. Drei der vier Brent-Förderplattformen stehen auf Stahlbetonbeinen, an deren Fuß sich in 140 Metern Wassertiefe nochmals insgesamt 64 Betonzellen befinden. Diese Zellen sind 60 Meter hoch, die Wände einen Meter dick, und sie wurden als Tanks genutzt.
Heute enthalten sie ölig-sandige Schlämme, die sich verfestigt haben. Allein die Betonstrukturen jeder Plattform sind 300.000 Tonnen schwer. Zusätzlich liegen am Meeresgrund 100 Kilometer Pipelines sowie Aushub aus 140 Bohrlöchern und 400 weiteren Bohrungen. Die Bohrlöcher werden verfüllt und verschlossen.