Unesco-Welterbe in Gefahr Gefährlicher Stresstest für den Baikalsee

Der Baikalsee in Sibirien ist der größte Süßwasserspeicher der Erde. Seine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt ist zunehmend bedroht.
Listwjanka Weit über die Wasserfläche des Baikalsees ziehen sich Rauchwolken und der beißender Geruch der Waldbrände in diesem Sommer in Sibirien. Noch nie, sagen Umweltschützer, habe es solche Feuer in den Wäldern um das malerische Gebirgsufer des weltgrößten Süßwasser-Reservoirs gegeben wie in diesem Jahr. Experten sehen das Welterbe der Unesco inzwischen von vielen Gefahren bedroht.
„Wildes Campen und Lagerfeuer, Müllplätze überall, fehlende Kanalisation und ein niedriger Wasserstand machen dem Baikal zu schaffen“, sagt der Direktor des geografischen Instituts in Irkutsk, Igor Wladimirow. Der Experte der Akademie der Wissenschaften sieht das weltweit einzigartige Ökosystem einem beispiellosen Stresstest ausgesetzt.
Wenige Monate ist es her, dass es alarmierende Meldungen über einen historisch niedrigen Wasserspiegel gab. Wladimirow sieht den Grund für das niedrige Niveau vor allem in den geringen Niederschlägen. Jetzt steige der Wasserstand zwar wieder, sagt der Forscher. Aber die Gefahr ist nicht gebannt.
Experten beklagen eine Tendenz, an den Zu- und Abflüssen des Sees Stauseen zu bauen, um aus der Wasserkraft Energie zu gewinnen. Mit Sorge betrachten auch ausländische Wissenschaftler vor allem die Pläne des Nachbarlandes Mongolei, am Selenga-Fluss – er gilt als wichtigste Lebensader des Sees – einen Staudamm zu bauen.
Dieses Shuren-Projekt lasse in seiner Bedrohung für den See alle anderen Stressfaktoren zusammen verblassen, warnt die Biologin und Baikal-Forscherin Marianne Moore vom Wellesley College in den USA. Sie sieht die Gefahr, dass die Wasserbalance des international bedeutsamen Feuchtgebiets im Delta des Selenga-Flusses zerstört werden könnte. Dort finden Fische und Vögel wichtige Futtergründe.
Katastrophale Folgen
Moore forderte deshalb die Weltbank in einem Brief auf, das Shuren-Projekt abzulehnen. Die Mongolei solle vielmehr dabei unterstützt werden, alternative Energien wie Wind- und Sonnenkraft zu nutzen. Ihr Kollege Anson Mackay vom Environmental Change Research Centre in London betonte, dass der Selenga-Fluss den Baikal bis in seine Tiefen mit wichtigem Sauerstoff versorge.
Zudem transportiere der Fluss wichtige Mineralien und andere Nährstoffe in den See. Dieser Prozess sei nicht nur für Fische, sondern etwa auch für die einzigartige Baikalrobbe lebensnotwendig, mahnt der Umweltforscher Mackay.
Die Experten wiesen zudem die Forderung der mongolischen Führung zurück, die möglichen Auswirkungen des Staudammprojekts auf das Ökosystem eingehend zu untersuchen. Für die Wissenschaftler liegen die Gefahren für den Baikal bereits jetzt auf der Hand. Mackay etwa warnt vor „katastrophalen Folgen“ eines solchen Projekts.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.