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CO2-Emissionen messen Warum die Planetly-Gründer ihr Start-up mitten im Boom verkaufen

Mit Software für Klimaschutz hat Planetly frühzeitig einen Trend erkannt. Doch die Gründer wollen schneller mehr Kunden erreichen – und zwar global.
07.12.2021 - 20:00 Uhr Kommentieren
Die Gründer von Planetly hoffen auf den internationalen Durchbruch. Quelle: Planetly
Anna Alex und Benedikt Franke

Die Gründer von Planetly hoffen auf den internationalen Durchbruch.

(Foto: Planetly)

Düsseldorf Es war der ganz große Neuanfang, als Anna Alex 2020 ankündigte, sich nach Männermode-Fragen nun dem Klimawandel zu verschreiben. Mit Planetly wollte die Outfittery-Gründerin Unternehmen helfen, ihren CO2-Austoß zu reduzieren. Der große Traum: „Je größer wir werden, desto mehr Firmen messen ihren CO2-Fußabdruck, reduzieren ihn und bremsen den Klimawandel“, sagte sie dem Handelsblatt noch in diesem Frühjahr.

Für viele in der Start-up-Szene dürfte daher eine Überraschung sein, was die Gründer Anna Alex, 36, und Benedikt Franke, 38, nun ankündigen: Sie verkaufen Planetly an den amerikanischen Softwareanbieter One Trust, der Lösungen für den Umgang mit Datenschutz, IT-Sicherheit, Ethik und Nachhaltigkeit anbietet. Zu den Konditionen äußern sich die Unternehmen nicht.

Dabei soll das Geschäft gut angelaufen sein. Das Berliner Start-up Planetly, offiziell seit 2020 aktiv, hat mit einer Plattform für die Messung von CO2-Emissionen bereits namhafte Unternehmen wie BMW und Hello Fresh als Kunden gewonnen und für die Entwicklung der Technologie 7,8 Millionen Euro Risikokapital erhalten.

Planetly-Gründerin Alex will den Verkauf als den logischen nächsten Schritt verstanden wissen. Der Zusammenschluss ermögliche es, die „Mission einer klimaneutralen Wirtschaft“ noch schneller voranzutreiben, sagte sie dem Handelsblatt. „Ich sehe ein Riesenpotenzial, unser Produktangebot zu erweitern und es an noch viel mehr Kunden zu verkaufen.“ Und das sei wichtig, da es angesichts der rasanten Klimaveränderung auf Geschwindigkeit ankomme.

Das Potenzial ist in der Tat groß. Organisationen stehen zunehmend unter Druck, die Emissionen von klimaschädlichen Stoffen zu messen. So verpflichtet die EU-Kommission Unternehmen mit mehr als 40 Millionen Euro Umsatz und 250 Mitarbeitern ab 2023 dazu, Informationen zur Nachhaltigkeit zu veröffentlichen, und zwar in einem digitalen Format. Auch anderswo nimmt die Regulierung zu.

Erhebung von CO2-Emissionen ist kompliziert

Die Erhebung ist bislang jedoch mühselig: Laut einer Umfrage der Boston Consulting Group sind nur neun Prozent der internationalen Unternehmen in der Lage, den Wert vollständig und umfassend zu quantifizieren. Zudem gilt die Fehlerquote als hoch. Das wohl häufigste Instrument für die Datensammlung ist immer noch eine Excel-Tabelle.

Anna Alex kannte die Schwierigkeiten aus eigener Anschauung. Bei ihrem früheren Unternehmen Outfittery übernahm die Mitgründerin die Aufgabe, den CO2-Fußabdruck des Online-Modehändlers zu messen – die Daten musste sie mithilfe eines Unternehmensberaters zusammensuchen. Am Ende hatte sie lediglich eine PDF-Datei vor sich.

Als die Unternehmerin später eine neue Herausforderung suchte, entwickelte sie mit Benedikt Franke die Idee, selbst eine Software für die Emissionsmessung zu entwickeln. Der frühere Chef des Portals Helpling war ebenfalls auf der Suche nach einem neuen Projekt, so schlossen sie sich zusammen. Die beiden kennen und schätzen sich aus den Anfangszeiten von Rocket Internet.

Start-ups wie Planetly bietet sich eine Marktlücke. „CO2-Management war noch nie so einfach“, verspricht das Unternehmen. Es hat eine Plattform entwickelt, auf der Unternehmen die Emissionen systematisch erfassen können. Für viele IT-Systeme gibt es Integrationen, die den Import der Daten deutlich erleichtern. Rund 50 Entwickler arbeiten daran.

Der Markt ist allerdings zersplittert. Allein in Deutschland zählt das Beratungsunternehmen Atlantic Ventures 70 Anbieter. So decken Anbieter von Nachhaltigkeitssoftware neben klassischen Umweltthemen zunehmend auch Klimaaspekte ab. IT-Konzerne wie SAP und Salesforce sehen eine Chance für die Erweiterung ihrer Systeme.

„Wir können das Geschäft über Nacht global skalieren“

Zudem gibt es etliche Start-ups mit großen Ambitionen, auch in Deutschland. Plan A von Gründerin Lubomila Jordanova hat jüngst zehn Millionen US-Dollar (umgerechnet 8,9 Millionen Euro) unter anderem von der deutschen Investmentfirma HV Capital und der niederländischen Keen Venture Partners eingesammelt.

Planetly beteiligt sich nun an der Konsolidierung des Marktes, die spätestens in einigen Jahren einsetzen dürfte. Allerdings aus „einer Position der Stärke“, wie Gründerin Alex betont: „Wir hatten mehrere Finanzierungsangebote auf dem Tisch. Wir haben uns aber bewusst entschieden, mit One Trust zusammenzugehen.“ So könne man einen größeren „Impact“ erzielen, also eine größere Wirkung im Kampf gegen den Klimawandel.

Der Zusammenschluss mit One Trust bringt aus Sicht des Gründerteams mehrere Vorteile mit sich. Zum einen die Vertriebsmöglichkeiten: Das US-Unternehmen hat nach eigenen Angaben rund 10.000 Kunden und betreibt Büros auf allen Kontinenten. Gerade in den USA, dem größten Softwaremarkt der Welt, ist der Anbieter präsent – die Hälfte der Fortune-500-Mitglieder zählt zur Kundschaft. „Wir können das Geschäft über Nacht global skalieren“, sagt Planetly-Gründerin Alex daher.

In Branchenkreisen ist zu hören, dass Planetly in Deutschland erfolgreich neue Kunden gewonnen hat. Darüber hinaus aber noch nicht – die Firma sei ja noch jung. Einen internationalen Vertrieb auszubauen dürfte zusammen mit One Trust nun deutlich einfacher werden. Insbesondere könnte Planetly von Bestandskunden profitieren.

Berichtspflichten werden weiter zunehmen

Zum anderen hofft das Berliner Start-up, dank der Ressourcen des Mutterkonzerns die Entwicklung zu beschleunigen: One Trust beschäftigt 600 Entwickler und hat seit der Gründung vor fünf Jahren 920 Millionen Dollar Risikokapital erhalten. „Für unsere Kunden wird das spürbar durch neue Funktionen und mehr branchenspezifische Lösungen.“ Über konkrete Pläne werde sich das Management in den nächsten Wochen Gedanken machen.

Für Planetly-Chef Franke spricht indes auch die Marktlogik für den Zusammenschluss. Es ist absehbar, dass die Berichtspflichten in den kommenden Jahren weiter zunehmen, für Ökologie genauso wie für soziale Belange und gute Unternehmensführung. „Unternehmen, die diese Themen ganzheitlich managen können, werden einen Wettbewerbsvorteil haben“, sagt der Manager.

Mit Planetly kann One Trust künftig auch die Messung von CO2-Emissionen anbieten – ein wichtiges Kriterium bei der Einhaltung von ökologischen, sozialen oder ethischen Standards, im Fachjargon ESG abgekürzt. „Einfach ausgedrückt sind wir das E in ESG“, sagt Franke.

Für die Öffentlichkeit mag der Verkauf von Planetly überraschend sein, aus Investorensicht ist er aber nachvollziehbar. Der Zeitpunkt ist zwar früh, der Schritt aber nicht ungewöhnlich. Unabhängig von dem konkreten Fall sagt der HV-Capital-Investor Jan Miczaika:„Entweder verkauft man Fantasie und Excitement.“ Später gehe es um Zahlen: „Dazwischen sieht es oft mau aus.“

Begeisterung weiß Planetly zu erwecken.

Mehr: „Strategischer Wettbewerbsvorteil“: Software für Klimaschutz wird zum Milliardenmarkt

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