Europäischer Erfinderpreis Für eine Handvoll Dollar

1986 erhielt Christofer Toumazou seinen ersten Posten als Forscher am Imperial College in London, dem er seither treu geblieben ist.
Berlin Inspiration ist nicht immer etwas Erfreuliches. Christofer Toumazou hatte mit dem Design von winzigen Niedrigspannungschips für die Mobilfunkindustrie bereist eine glänzende Karriere hingelegt und es mit 33 Jahren zum damals jüngsten Professor am renommierten Imperial College in London gebracht, als die Inspiration ihn in Form einer schweren Nierenerkrankung seines achtjährigen Sohnes ereilte. Ein Schicksalsschlag, der nicht nur das Leben der Familie auf den Kopf stellte.
„Das Leiden meines Sohnes öffnete mir die Augen, wie primitiv im Zeitalter von Smartphones und Cloudcomputing die Versorgung von chronisch Kranken noch immer ist“, so Toumazou. „Mir wurde klar: Wenn man nur einen Bruchteil dieser Technologie in die Gesundheitsversorgung stecken würde, gäbe es Raum für bahnbrechende Innovationen.“
Eben diese Verbindung von Medizin und Mikrochip, die sich an den Bedürfnissen des menschlichen Körpers orientiert, machte sich Toumazou fortan zur Aufgabe. Zu seinen „bioinspirierten“ Entwicklungen gehört eine vollständig implantierbare Prothese für gehörlos geborene Kinder ebenso wie ein „digitales Pflaster“, das kontinuierlich Herz- und Lungenfunktion eines Patienten überwacht und die Ergebnisse direkt ans Handy des Arztes schickt. Oder eine künstliche Bauchspeicheldrüse, deren elektronischer Glukosesensor über eine ebenfalls implantierbare Insulinpumpe kontinuierlich den Blutzuckerspiegel regelt – ganz so wie das Organ, das sie ersetzt.
Drei Erfindungen, die aber nur die Spitze des Eisberges bilden. Insgesamt rund 750 Fachartikel und mehr als 50 Patente tragen den Namen Toumazous. An seinem Lehrstuhl für „Biomedical Circuits“ und in mehreren Firmenausgründungen beschäftigt er heute mehr als 300 Mitarbeiter
Für den Europäischen Erfinderpreis 2014 nominiert wurde Chris Toumazou für seine wohl folgenreichste Erfindung: Die hocheffiziente Entzifferung des Erbgutmoleküls DNA mit Hilfe konventioneller Computerchips. Die Idee zur silikonbasierten DNA-Sequenzierung kam Toumazou im Jahr 2000. Damals befanden sich das internationale Konsortium des Human Genome Project und die von dem amerikanischen Biotech-Pionier Craig Venter gegründete Firma Celera im Endspurt des Rennens um die erste komplette Entzifferung des menschlichen Erbguts – eine wissenschaftliche Herkulesaufgabe, die Abermillionen an Forschungsgeldern verschlang.
Könnte man nicht auch die Sequenzierung von DNA mit Hilfe von Halbleitertechnologie effizienter machen, fragte sich Toumazou - und ließ erst einmal ein paar Studenten an Konzepten basteln. „Im Nachhinein sieht es immer so aus, als habe man von Anfang an ganz strategisch auf ein großes Ziel zugearbeitet. Dabei beginnen auch die besten Ideen meist nur mit einem ‚Was wäre, wenn...’“, meint Toumazou, der sein mangelndes biologisches Wissen nicht als Nachteil sieht: „Als Biologe hätte ich mich vermutlich nicht getraut, derart verrückte Fragen zu stellen.“
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