Insight Innovation Telefonieren trotz Funklöchern – Neues iPhone soll über Satellitentechnologie verfügen

Voraussichtlich präsentiert Apple am kommenden Dienstag das neue iPhone 13.
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Düsseldorf Als die SMS mit dem Inhalt „Das ist ein Test“ auf ihrem Smartphone aufpoppte, brachen die Ingenieure auf den Falkland-Inseln in Freudenrufe aus – wozu auch einige Kraftausdrücke gehörten. Das Besondere: Erstmals wurde eine SMS direkt von einem Satelliten an ein herkömmliches Handy gesendet.
Das Start-up Lynk schrieb am 24. Februar 2020 Geschichte. Aus 550 Kilometern Höhe schickte der Satellit Cygnus die kurze Nachricht auf ein Android-Handy. „Wir haben den ersten Mobilfunkturm im Weltraum gebaut“, teilte Charles Miller, Vorstandschef von Lynk, damals mit.
Neue Technologien wie die des amerikanischen Start-ups eröffnen neue Möglichkeiten und Märkte. Auf einmal kann jeder überall telefonieren, texten oder surfen. Daran arbeiten neben Lynk eine ganze Reihe von Unternehmen – auch der Tech-Riese Apple.
Schon lange interessiert sich der Apple-Konzern, der in wenigen Tagen vermutlich das neue iPhone 13 präsentieren wird, für Satelliten. Nach Informationen von Analysten soll das neue Modell direkt mit einem Satelliten kommunizieren können. Der gibt das Signal an eine Erdfunkstelle weiter, wo es in das reguläre Telefonnetz weitergeleitet wird.
Das ist ein revolutionärer Gedanke, denn es würde praktisch das Ende von Funklöchern bedeuten. Ermöglicht wird das durch neue Antennen und Satelliten, die auf einer niedrigen Erdumlaufbahn kreisen.
Apple arbeitet mit Globalstar zusammen – und beflügelt den Aktienkurs
Durch die geringe Distanz zur Erde können Internetsignale mit kurzer Latenz (Verzögerung) verschickt werden. Als Partner von Apple wird der amerikanische Anbieter Globalstar gehandelt – dessen Aktienkurs hat sich seit August fast verdoppelt.
Die Weltraum-Funktionen des neuen iPhones werden nach Ansicht von Experten aber zunächst nur sehr eingeschränkt verfügbar sein, zum Beispiel bei Notrufen. Außerdem kann der Service nur in bestimmten Ländern angeboten werden. „Apple wird in seinen neuen iPhone-Modellen eine altbekannte Satellitentelefonie-Technologie implementieren“, sagt Onur Karabey, Vorstandschef von Alcan Systems, einem deutschen Start-up, das an einer neuen Generation von Antennen für Satellitensignale forscht
Das könnte sich in den kommenden Jahren allerdings ändern. „Das ist der erste Schritt von Apple, das iPhone 14 oder 15 könnte möglicherweise mehr satellitengestützte Dienste anbieten“, sagt Matthias Spott, Chef von Eighty Leo, der mit dem Start-up Kleo Connect eine Satellitenkonstellation aufbauen will.
Einige Firmen arbeiten bereits an einem „globalen Breitband per Satellit“: AST Spacemobile oder auch Lynk aus den USA. „Wenn die Technologie funktioniert, würde es die Welt verändern“, sagt Bill Ray, Experte für drahtlose Verbindungstechnik bei Gartner.

Das Start-up Lynk sieht seine Satelliten als „Mobilfunktürme im Weltall“.
Der Knackpunkt eines Satellitentelefons ist die Antenne. Um eine Internetverbindung aufzubauen, fällt sie bei der derzeitigen Technologie recht groß aus und verbraucht viel Energie. Nur mit solch einer Antenne kann man per Satellitensignal datenintensive Anwendungen ausführen, wie zum Beispiel einen Film anschauen.
Die Frage beschäftigt auch Kunden von Starlink, das seit wenigen Monaten auch in Deutschland einen Internetservice anbietet. Die Tochter von SpaceX baut derzeit eine Satellitenkonstellation auf einer relativ niedrigen Umlaufbahn auf. SpaceX ist technologisch eines der führenden Unternehmen.
Starlinks Empfangsantenne ist schon recht klein, besitzt aber immer noch ungefähr den Durchmesser einer Pizza. Vor wenigen Monaten verkündete SpaceX-Gründer Elon Musk, eine Antenne für „Flugzeuge, Schiffe, große Lastwagen und Wohnmobile“ zu entwickeln. Aber nicht für Autos, dafür sei sie „viel zu groß“.
Eine kleine Antenne für das Smartphone ist also noch Zukunftsmusik. „Unternehmen, die neu in das Feld einsteigen, benötigen hierfür mindestens vier bis fünf Jahre“, sagt Onur Hamza Karabey, Vorstandschef von Alcan Systems. Das Start-up in Darmstadt arbeitet selbst an ultra-dünnen Flachantennen mit geringem Stromverbrauch.
Riesen-Satelliten von AST machen der Nasa Sorgen
Einen ganz anderen Ansatz verfolgt AST Spacemobile. Das texanische Unternehmen will nicht die Antenne am Handy, sondern am Satelliten vergrößern. Allerdings ist die Idee alles andere als unumstritten. Hinter dem Start-up stehen finanzstarke Investoren wie Vodafone und der japanische E-Commerce-Riese Rakuten. Den ersten Satelliten setzte AST im vergangenen Jahr in die Umlaufbahn.
168 weitere sollen auf einer Erdumlaufbahn von 720 Kilometern in den nächsten Jahren platziert werden. Die Satelliten sind gigantisch, verfügen laut der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa über eine 900 Quadratmeter große Antenne mit einem Radius von bis zu 30 Metern.
Die Größe beunruhigt die Nasa. In einem Brief an die US-Kommunikationsbehörde warnte die Weltraumbehörde im vergangenen Oktober eindringlich vor den AST-Satelliten. Sie würden aufgrund ihrer Größe und Anzahl anderen Satelliten im Weg sein, die Gefahr von Kollisionen sei groß. Nach Nasa-Berechnungen seien jährlich zwei bis sechs Ausweichmanöver nötig, „fast dreimal so viel wie bisher“, heißt es in dem Schreiben.
Mithilfe von mehr als 750 Patenten will AST Spacemobile eine Internetverbindung zu herkömmlichen Mobilfunkgeräten ermöglichen. AST spricht von einem Marktpotenzial von mehr als einer Billion Dollar. In der Tat würde ein überall verfügbares Breitband den Telekommunikationsmarkt umwälzen.
Allerdings steht AST Spacemobile vor vielen Problemen. Die Technologie ist noch nicht demonstriert worden. Es ist nicht klar, ob sich bei einer Vielzahl von Kunden die Datenverarbeitungsrate halten lässt. „Ich bin skeptisch“, sagt Analyst Ray von Gartner.
Auch das Start-up Lynk will eine Flotte von Satelliten einsetzen, um ein globales Telefonnetzwerk aufzubauen. Allerdings sind deren Satelliten viel kleiner als die von AST und kreisen auch ein paar hundert Kilometer niedriger auf der Erdumlaufbahn.
Antennen werden immer kleiner
Lynk verspricht auch keine 4G- oder 5G-Verbindung mit Übertragungsgeschwindigkeiten von 100 Megabit pro Sekunde, sondern ein viel langsameres Internet. Laut Lynk-Chef Miller wäre das dennoch eine bahnbrechende Sache: „Wir bringen eine Verbindung zu mehr als einer Milliarde Menschen, die gar keine Verbindung haben.“
Sowohl Lynk als auch AST nutzen phasengesteuerte Gruppenantennen in ihren Satelliten. Diese Antennen wurden vom Militär entwickelt und haben eine starke Richtwirkung, indem die einzelnen Strahler mit unterschiedlicher Phasenlage eingespeist werden.
Der Vorteil: die Antennen werden kleiner. Die Notwendigkeit von „Satellitenschüsseln“ fällt weg, die bisher die Signale bündelten und verstärkten.
Ein grundsätzliches Problem können die neuen Antennen aber nicht lösen: Genutzt wird das sogenannte L-Band als Frequenz, das beispielsweise Häuser, Berge oder hohe Bäume nicht durchdringen kann. Es muss also immer Sichtkontakt zwischen Handy und dem Satelliten bestehen.
Sollte das neue iPhone die Satellitenfunktion haben, dann wäre es ein kleiner und großer Schritt zugleich. Selbst wenn die Anwendung nur sehr eingeschränkt möglich wäre, würde sie aufzeigen, wohin die Reise geht. „Das ist großartig, endlich kommen Weltallgestützte Dienstleistungen im Alltag an“, sagt Satellitenunternehmer Spott.
Auch ist die Notruffunktion für den Kunden eine wichtige Sache. Sie wird in der Praxis so gut wie gar nicht genutzt werden, nimmt aber Nutzern die Angst vor der Unerreichbarkeit. Auch in Notfällen können sie sich auf ihr Mobiltelefon verlassen. „Es geht Apple um das gute Gefühl,“ sagt Spott, „wenn ich in die Berge oder mit dem Segelboot vor die Küste fahre, und kein Satellitentelefon mit dabei haben muss.“
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