Kosmodrom Wostotschny Putins Weltraumbahnhof wird zum schwarzen Geldloch

Nach dem Start im vergangenen April werden erst wieder 2017 Raketen vom neuen Kosmodrom aus ins All fliegen.
Moskau Neuer Skandal um den Weltraumbahnhof Wostotschny in Russlands Fernem Osten: Dem staatlichen Bauunternehmen Spezstroi fehlen umgerechnet 100 Millionen Euro, um die erste Ausbaustufe des Kosmodroms fertig zu stellen. Die Raumfahrtagentur Roskosmos will kein Geld nachschießen. Die rechtzeitige Inbetriebnahme ist damit in Gefahr – es wäre nicht der erste Verzug.
Wostotschny ist ein Projekt nationaler Größenordnung. 2007, als die russische Wirtschaft dank hoher Ölpreise boomte, wurden die Planungen angeschoben. Russland wollte sich unabhängig machen von Kasachstan, auf dessen Territorium seit dem Zerfall der Sowjetunion das bekannte Sternenstädtchen Baikonur liegt. Die Pacht für diesen Raketenstartplatz kostet Russland jährlich 300 Millionen Dollar.
Seit 2012 laufen die Bauarbeiten an Wostotschny, die allerdings schnell ins zeitliche Hintertreffen gerieten. Mehrere Korruptionsskandale erschütterten das Projekt. Bauarbeiter streikten wegen ausbleibender Gehälter, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Versickerns riesiger Summen, wobei die offiziellen Zahlen zwischen fünf und 16 Milliarden Rubel (70 bis 230 Millionen Euro) schwanken. Der ursprüngliche Eröffnungstermin 2015 war deswegen schon vor langer Zeit aufgegeben worden.
Im vergangenen April konnte schließlich die erste Sojus-Rakete vom neuen Weltraumbahnhof starten – im Beisein von Kremlchef Wladimir Putin, der zuvor wiederholt seinen Unmut über die Verzögerungen bei dem Prestigeprojekt artikuliert hatte. Der Start glückte, wenn auch erneut erst mit einem Tag Verspätung, weshalb es statt der erhofften Auszeichnungen nur Verweise für eine Reihe von Funktionären aus dem Raumfahrtsektor gab.
Fertig ist die erste Ausbaustufe nach dem Abschuss ohnehin noch nicht. Erst elf von 20 Objekten sind in Betrieb. Bis 31. Oktober sollen die übrigen übergeben werden – weitere Raketenstarts sind erst 2017 geplant.
Doch der Übergabetermin ist nun durch neue Probleme in Gefahr. Die für den Bau verantwortliche Holding Spezstroi hat bei Roskosmos weitere sieben Milliarden Rubel (100 Mio. Euro) angefragt, um weiterarbeiten zu können. Zum Vergleich: Bislang (Stand Mai) wurden für den Bau bereits 84 Milliarden Rubel (1,2 Mrd. Euro) ausgegeben.
Bei Roskosmos ist man alles andere als begeistert über die unerwartete Preiserhöhung. Zahlen will die Raumfahrtagentur nicht: „Alle Mittel für die Objekterrichtung der ersten Ausbaustufe Wostotschnys wurden dem Generalauftragnehmer bereits zur vereinbarten Zeit überwiesen“, wies ein Roskosmos-Sprecher das Ansinnen nach mehr Geld kühl zurück.