LabCampus Mit einem Innovations-Campus geht der Flughafen München neue Wege

Am Flughafen München sollen bald Forscher, Firmen und Gründer aufeinander treffen.
München Das weitere Wachstumspotenzial des boomenden Münchener Flughafens ist derzeit eher begrenzt. Das liegt auch daran, dass die dritte Startbahn erst einmal auf Eis liegt.
„Die klassischen Erlösquellen mit dem Flugverkehr auf der einen und dem sogenannten Non-Aviation-Geschäft – also etwa Parken, Gastronomie und Einzelhandel – auf der anderen Seite werden in den nächsten Jahren eher unter Druck stehen“, glaubt Marc Wagener, CEO von LabCampus. Der Manager soll deshalb am Airport ein in Deutschland einmaliges Innovationszentrum entwickeln – und so dem Flughafen ein drittes wirtschaftliches Standbein verschaffen.
Ziel des LabCampus ist es, Start-ups, Mittelständler, Forschungseinrichtungen und Entwicklungsabteilungen von Konzernen an einem neuen Standort zusammenzubringen. Der Campus soll sich auf einer Fläche von 70 Fußballfeldern entwickeln.
Der Flughafen verdient an der Vermietung und vermittelt Kontakte zwischen den Beteiligten. Gerade sind die Pläne für den ersten Bauabschnitt fertig, in den der Flughafen 400 Millionen Euro investiert. Die ersten Gebäude im Quartier 1 sollen bis Ende 2021 bezugsfertig sein. Insgesamt sind vier Ausbaustufen geplant.
Damit startet jetzt die Vermarktung des Projekts. „Die Resonanz ist sehr positiv“, sagte Wagener dem Handelsblatt. Zahlreiche große wie kleine Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen hätten ihr Interesse signalisiert. „Ich bin zuversichtlich, dass die ersten Gebäude rasch gefüllt sein werden.“
In der Szene werden die Aktivitäten mit Neugier beobachtet. „Ich bin positiv gespannt“, sagt Carsten Rudolph vom Netzwerk BayStart-up. „Das Projekt ist sehr ambitioniert. Die Flächen sind riesig, die Vermarktung in der Start-up-Szene sehr präsent.“ Es handle sich um ein Experiment. „Ich kenne kein vergleichbares Angebot weltweit.“
Der Standort habe aber die Chance, eine kritische Größe zu erreichen. „Gerade für internationale Firmen könnte der Standort am Flughafen Sinn ergeben.“ Die Start-ups seien aber gerade in den letzten Jahren bevorzugt mitten in die Innenstädte gezogen, am liebsten in schicke Altbauten. „Es bleibt spannend, ob sich der Trend so umkehren lässt.“
Wagener, der früher unter anderem bei A. T. Kearney arbeitete und Start-up-Spezialist bei Siemens war, ist überzeugt, dass die Idee eines Ideenzentrums funktioniert. „Die Art, wie Innovationen betrieben werden, hat sich stark geändert.“
Früher seien gerade deutsche Firmen bei Forschung und Entwicklung sehr verschlossen gewesen. Doch heute drehe sich die Innovationswelt immer schneller, damit täten sich auch große Konzerne schwer. „Heute braucht es Vernetzung und Zusammenarbeit. Niemand kann die Herausforderungen allein stemmen.“ Gerade bei Themen, die mit Künstlicher Intelligenz in Zusammenhang stünden, seien neue Ansätze gefordert.
Die Firmen müssten daher den nächsten Schritt der Kooperation gehen. „Dafür wollen wir einen Ort kreieren, der für Innovationen geschaffen ist und an dem die Menschen zusammenkommen.“ Der LabCampus könne ein neutraler Ort sein für solche Kooperationen.
Der Flughafen wolle nicht nur die Flächen vermieten, sondern das Ökosystem aktiv managen. Dies könne bedeuten, Partner zusammenzubringen oder ein Prototypenlabor und Showrooms, die auch für Fluggäste zugänglich sind, anzubieten. „Diese Form eines gemanagten Innovations-Campus gibt es in Europa bislang noch nicht.“
Bei der bayerischen Staatsregierung – das Land ist am Flughafen beteiligt – sieht man das Projekt wohlwollend. Für die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle und Produkte sei zunehmend branchenübergreifendes Wissen notwendig, sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger dem Handelsblatt.
Dies gelte zum Beispiel im Energiesektor bei der Entwicklung intelligenter Stromnetze und in der Automobilbranche bei der Produktion autonomer Fahrzeugsysteme. „Am LabCampus werden Start-ups, Mittelständler, Global Player und Forschungseinrichtungen die Möglichkeit erhalten, solche innovativen Projekte voranzutreiben und in einer kontrollierten Umgebung zu testen.“
Der LabCampus ist beliebt
LabCampus hat auch schon Großkonzerne angelockt. Siemens ist Entwicklungspartner. Gemeinsam mit dem Flughafen will der Technologiekonzern „an der digitalen Zukunft des Flughafens arbeiten“. Mit Datenanalytik, Internet-der-Dinge-Technologien und Künstlicher Intelligenz wolle man etwa die Energieeffizienz von Flughafengebäuden und die Logistik der Gepäckbeförderung verbessern. Der LabCampus sei ein guter Standort, Lösungen zu entwickeln.
Der Flughafen will nicht nur Start-ups, größere Firmen und Forscher anlocken, die sich direkt mit der Luftfahrt beschäftigen. Der LabCampus richte sich bewusst an viele Branchen, sagte Wagener. Es solle aber einen Bezug zu Nutzungen und Anwendungen geben, die auch am Flughafen zum Einsatz kommen. Durch diese Verbindung seien auch die planungsrechtlichen Vorgaben erfüllt. „Wir werden hier keine Chemie ansiedeln.“
Als Beispiele nannte Wagener Themen wie E-Commerce, Cyber-Security das Internet der Dinge, aber auch Verkehrskonzepte, Energieversorgung und Gesundheit. Der Flughafen verstehe sich dabei als „Teilnehmer des Ökosystems“. Wenn sich für die Flughafen München GmbH die Gelegenheit ergebe, hier mit angesiedelten Start-ups zusammenzuarbeiten, werde sie diese sicherlich nutzen.
Der Standort am Flughafen hat Vor- und Nachteile. Aus der Luft wird der neue Campus zweifelsohne gut zu erreichen sein. Viele junge Firmen würden aber sicherlich weiter eher die Innenstadt bevorzugen. Auch Wagener räumt ein: „Gerade kleinere Start-ups sind erst einmal in München gut aufgehoben.“ Der LabCampus komme aber ins Spiel, wenn sie dort rausgewachsen seien. „Da haben wir in München eine Lücke.“
Firmen, die sich die Mieten in der Innenstadt leisten könnten, würden sicher oft dort bleiben oder sich dort ansiedeln. Der Flughaben habe den Vorteil, dass er im Umland liege, aber eine städtische Infrastruktur mit vielen Einkaufsmöglichkeiten, Ärzten, kulturellen Angeboten und Kinderbetreuung bieten könne.
Über die Jahre könnte das Areal sehr groß werden. Die vier geplanten Quartiere umfassen 500.000 Quadratmeter. Zu einem späteren Zeitpunkt kann sich LabCampus daher vorstellen, externe Investoren mit ins Boot zu holen. „Wir werden unsere Moderationsrolle aber immer behalten“, sagte Wagener.
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