Politiker als Hologramme Wahlkampf mit dem Holo-Präsidenten
Modis holografische Wahlkampfauftritte liefen dabei stets nach einem ähnlichen Schema ab. Zunächst eröffnete ein lokaler Politiker die Veranstaltung mit einigen Worten. Dann wurde das Modi-Hologramm, das bis dahin im Hintergrund gesessen hatte, nach vorne gebeten, um seine Rede zu halten. Für die Zuschauer entstand der Eindruck, auf der Bühne bewege sich eine reale Person – gut möglich, dass viele von ihnen gar nicht realisierten, dass da nicht der echte Modi stand.
In dem ganz auf seine Person zugeschnitten Wahlkampf war Modi omnipräsent. „Die Fähigkeit, eine unmittelbare und direkte Verbindung mit den Wählern herzustellen und die kluge Nutzung digitaler Technologie durch die holgraphische Bildsprache hat eine überlebensgroße Projektion Modis in jedem Bundesstaat, in jeder Stadt und in jedem Dorf sichergestellt“, sagt Shiri Abbas.
Die einstige Journalistin lehrt heute als Professorin Journalismus und Massenkommunikation an der Shri Ramswaroop Memorial Universität im indischen Lucknow und hat die Strategien des National Digital Operations Centre, einem Herzstück in Modis Wahlkampfzentrale, genau unter die Lupe genommen.
Mit seiner digitalen Strategie brachte der mediale Tausendsassa Modi das Kunststück fertig, sowohl unter den jungen, technikaffinen Städtern massiv zu punkten als auch bei der armen, des Lesens und Schreibens oft unkundigen Landbevölkerung, ehemals eine sichere Klientel der von Modis BJP abgelösten Kongresspartei. In den Augen der Dorfbevölkerung sei der begnadete Redner Modi fast wie ein Gott gesehen worden, glaubt Shirin Abbas.
Dafür spricht, dass Modi-Fans vor wenigen Wochen ihrem Idol einen richtigen Tempel mit realen, dreidimensionalen Modi-Statuen weihen wollten. Doch das wurde selbst Modi zu viel. „Das ist schockierend und gegen die großen Traditionen Indiens“, twitterte er.
Holografische Auferstehung
Die Berichterstattung der Weltpresse über Modi in 3D zeichnete auch international das Image eines modernen, weltoffenen Politikers. Gleichzeitig wuchs im Ausland das Interesse an der Holografie als Wahlkampfmedium. „Vor allem aus Afrika kamen Interessenten nach Indien“, so Musion-Direktor Palma.
Doch auch in Washington wurden Modis holografische Auftritte aufmerksam beobachtet. Experten rechnen damit, dass Holografie-Technik im kommenden Präsidentschaftswahlkampf eine wichtige Rolle spielen könnte.
Jeffrey Taylor, Lobbyist von Hologram USA, dem US-Ableger von Musion, möchte nicht nur die aktuellen Präsidentschaftsbewerber holografisch vermarkten. Er träumt auch davon, legendäre Präsidenten wie Ronald Reagan oder John F. Kennedy ins Rennen für ihre Kandidaten zu schicken. Eine holografische Auferstehung ähnlich wie die des 1996 ermordeten Rappers Tupac Shakur, der 2012 als Hologramm auf die Bühne zurückkehrte.
Ob solche Spielereien sich politisch auszahlen, bleibt abzuwarten. Für Narendra Modi jedenfalls kam nach dem rauschenden Wahlsieg im vergangenen Mai schon Anfang dieses Jahres die Ernüchterung. Bei der Landtagswahl in Neu Delhi im Februar erlitt Modis BJP eine verheerende Niederlage – trotz der Neuauflage des medialen Feuerwerks.
Die Inder ließen sich diesmal nicht von Modis Mediengewitter blenden. „Die Leute verlieren den Glauben an Modis Wahlkampfversprechen ‚Es kommen gute Tage‘“, so Shiri Abbas. Mit zauberhaften holografischen Bildern lassen sich vielleicht Wahlen gewinnen, für erfolgreiche politische Arbeit braucht es aber mehr als ein paar hübsche Lichtspiegelungen.
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