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Richard Branson Wie der britische Underdog mit Virgin Galactic das Raketen-Rennen ins All gewinnen will

Richard Branson war schon Rebell, als Elon Musk und Jeff Bezos noch No-Names waren. Nun will der Brite die beiden Amerikaner beim Wettlauf ins All besiegen.
31.05.2021 - 17:53 Uhr Kommentieren
Der britische Milliardär will diesen Sommer an die Weltraumgrenze fliegen.  Quelle: REUTERS
Virgin-Gründer Richard Branson

Der britische Milliardär will diesen Sommer an die Weltraumgrenze fliegen. 

(Foto: REUTERS)

London Neulich war es wieder so weit, Richard Branson träumte von seinem ersten Weltraumflug. Der britische Milliardär will in diesem Sommer selbst bei einem Testflug mitfliegen. „Ich bin nicht nervös“, sagte er. „Ich habe vor, mich anzuschnallen und den Trip meines Lebens zu genießen. Es dauert nicht mehr lang.“

Im kommenden Jahr sollen dann die ersten zahlenden Passagiere abheben. „Wir sind nun sehr, sehr nahe dran, Menschen ins All zu fliegen“, sagte der Gründer von Virgin Galactic, nachdem sein Raketenflieger „Spaceship Two“ den dritten bemannten Testflug an die Weltraumgrenze geschafft hatte.

Für langjährige Virgin-Beobachter war es ein Déjà-vu: Seit 2007 verspricht Branson in schöner Regelmäßigkeit, dass der erste kommerzielle Flug unmittelbar bevorstehe. Doch immer kommt irgendetwas dazwischen, der Fortschritt in der Raumfahrt ist zäh. Manche seiner 600 Kunden, die 250.000 Dollar für einen Platz an Bord bezahlt haben, werden allmählich ungeduldig. Branson hält sie bei Laune, indem er zu Gala-Events am Spaceport oder auf seine Privatinsel Necker Island einlädt.

Nicht nur die Kunden sitzen Branson im Nacken, sondern auch die Konkurrenz. Der Brite liefert sich einen Wettlauf mit den beiden US-Milliardären Elon Musk und Jeff Bezos. Welche private Firma kann zuerst zahlende Touristen ins All bringen – Virgin Galactic, SpaceX oder Blue Origin? Das Ganze erinnert an den Prestigekampf zwischen den beiden Supermächten USA und Sowjetunion in der Nachkriegszeit. Wie damals geht es um den Weltraum, gewaltige Summen und große Egos.

An Branson – wie an seinen beiden Rivalen – scheiden sich die Geister: Seine Anhänger sehen den 70-jährigen Sonnyboy als mitreißenden Unternehmer, seine Kritiker halten ihn für einen Blender. Unbestritten sind sein unternehmerisches Gespür und sein Talent fürs Marketing. Seit den 1970er-Jahren schon ist „Disruption“ sein Markenzeichen – lange bevor Tesla-Gründer Musk oder Amazon-Gründer Bezos in Erscheinung traten.

Musk und Bezos haben mehr Geld als Branson

Kaum eine Branche war im Laufe der Jahrzehnte vor dem rot-weißen Virgin-Logo sicher, egal ob Plattenindustrie, Luftfahrt, Bahn, Internetprovider, Banken oder Fitnessstudios. Bransons wichtigstes Hilfsmittel waren PR-Stunts: Für seine Fluglinie Virgin Atlantic etwa warb er mit waghalsigen Atlantiküberquerungen im Segelboot oder Heißluftballon.

In der Vergangenheit trat Branson mit seinen Firmen gegen behäbige ehemalige Staatsunternehmen wie British Airways, British Rail und British Telecom an. In der Raumfahrt sind seine Konkurrenten jedoch ungleich agiler – und sie haben deutlich mehr Geld.

Neben den superreichen Visionären aus Amerika wirkt der Brite fast schon klamm: Auf der Vermögensrangliste des US-Wirtschaftsmagazins „Forbes“ liegt Bezos mit 177 Milliarden Dollar auf Platz eins, Musk mit 151 Milliarden Dollar auf Platz zwei. Branson schafft es mit 4,8 Milliarden Dollar „nur“ auf Rang 589.

Wie teuer der Raketenbau ist, zeigt ein Blick in die Bilanz von Virgin Galactic. Im vergangenen Jahr machte die Firma bei 238.000 Dollar Umsatz einen Nettoverlust von 645 Millionen US-Dollar. Immerhin hat Branson mit dem emiratischen Staatsfonds Mubadala und dem amerikanischen Spac-König Chamath Palihapitiya finanzkräftige Investoren gefunden. 2019 fusionierte Virgin Galactic mit einem Spac von Palihapitiya und ist seither an der New Yorker Börse gelistet.

Virgin-Imperium leidet unter Corona-Pandemie

Seit Beginn der Corona-Pandemie musste Branson jedoch mehrfach Galactic-Aktien verkaufen, um seine notleidende Fluggesellschaft und seine Fitnessstudiokette vor der Insolvenz zu retten. Insgesamt stieß er Anteile im Wert von 650 Millionen Dollar ab. Aktuell hält er nur noch knapp ein Viertel an der Firma. Galactic-Chairman Palihapitiya verkaufte kürzlich sogar seinen gesamten persönlichen Anteil, was die Zweifel an der Firma schürte.

Beim Rennen in den Weltraum scheint Musks Firma SpaceX die Nase vorn zu haben. Zwar kann Virgin Galactic für sich beanspruchen, im Dezember 2018 die ersten Testpiloten an die Weltraumgrenze geschossen zu haben. SpaceX hat aber im Mai 2020 schon zwei Nasa-Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS in 400 Kilometer Höhe und zurück gebracht. Bis Ende dieses Jahres soll mit Jared Isaacman der erste Zivilist folgen. Der Gründer des US-Zahlungsdienstleisters Shift4 Payments will mit einer „Dragon“-Raumkapsel von SpaceX mehrere Tage lang um die Erde kreisen. 

Das neueste Modell der Raumflotte soll ab Sommer in den Testbetrieb. Quelle: AP
Virgin Galactic SpaceShip III

Das neueste Modell der Raumflotte soll ab Sommer in den Testbetrieb.

(Foto: AP)

Eigentlich ist der Titel des ersten Weltraumtouristen bereits vergeben: Vor 20 Jahren war der US-Milliardär Dennis Tito für 20 Millionen Dollar mit einer russischen „Sojus“ zur ISS geflogen. Aus Sicht von Branson, Musk und Bezos zählt dies allerdings nicht, weil er sich vom russischen Staat mitnehmen ließ.

Branson spricht davon, den Weltraumtourismus zu demokratisieren. „Es gibt Millionen Menschen, die ins All wollen, und es braucht privates Unternehmertum, um das möglich zu machen“, sagt er. Mit einem Preis von 250.000 Dollar bietet er die günstigsten Flüge an. Doch gibt es ernsthafte Zweifel an seinem Geschäftsmodell.

Wie lange wird es allein dauern, die 600 Kunden auf der Warteliste abzuarbeiten? In seinem Raketenflieger haben nur sechs Passagiere Platz. Und wie realistisch ist die Vision, dass man einfach zum Spaceport im US-Bundesstaat New Mexico fährt und dort in die Rakete eincheckt? Virgin-Galactic-Chef Michael Colglazier räumt ein, dass das Angebot auf absehbare Zeit knapp sei und die Preise damit hoch blieben.

Weltraumtourismus in Zeiten des Klimawandels?

Laut dem Buchautor Nicholas Schmidle, der Virgin Galactic als „embedded journalist“ vier Jahre lang begleitete und das Buch „Test Gods“ verfasst hat, sehen ehemalige Mitarbeiter auch die Technik skeptisch.

Denn das Spaceship Two wird von einem Trägerflugzeug einige Kilometer in die Luft gebracht, bevor es sich ausklinkt und mit dem eigenen Raketenantrieb auf 80 Kilometer steigt. Dort bleibt es einige Minuten, und die Passagiere können die Schwerelosigkeit erleben und ein Foto von der Erdkrümmung machen. Dann landet es wie ein Flugzeug auf einer Landebahn.

Musk und Bezos hingegen setzen auf vertikal abhebende und landende Raketen mit größerer Reichweite. Manche Experten halten diese Technik für überlegen.

Auch das Klimaargument kann Branson, der sich seit Jahrzehnten als Umweltfreund inszeniert, kaum ignorieren. In einer Zeit, in der über die Sinnhaftigkeit von Kurzstreckenflügen debattiert wird, erscheinen elfminütige Vergnügungsreisen ins All besonders unverantwortlich.

Der Unternehmer lässt sich von den Einwänden jedoch nicht beirren. Er spielt jeden Tag Tennis, stemmt Gewichte und kitet auf seiner Insel: Er will fit sein, wenn das All ruft.

Mehr: In der Raumfahrt entsteht ein neuer Milliardenmarkt – auch in Deutschland

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