Olympus Pen-F im Test Liebe mit Nickligkeiten

Handelsblatt-Tester Martin Kölling ist von der neuen Olympus-Kamera angetan – sie spricht sein Gefühl an.
Mit Kameras ist es wie mit Autos und Uhren: Sie können mehr sein als Werkzeuge der Zweckerfüllung. Die Hersteller von Luxusautos und Uhren haben schon lange erkannt, dass sie mehr Marge machen können, wenn sie auch das Herz der Kunden ansprechen. Im Zweifel nehmen die Kunden sogar Nachteile in Kauf wie das morgendliche Aufziehen einer klassischen Armbanduhr.
Der Kamerahersteller Olympus tut es ihnen nach: Schon lange setzen die Japaner auf Design. Aber so ungeniert wie mit ihrer neuesten Digitalkamera, der Pen-F, haben sie noch nicht an den Schönheitssinn und fotografische Nostalgie appelliert. Vorab sei die Frage beantwortet, ob die Rechnung aufgeht.
Die einschlägigen Kameratester attestieren der Kamera nahezu unisono, „hinreißend“ zu sein. Mein Fazit ist differenzierter: Optisch schließe ich mich der Mehrheitsmeinung an. Schon das Design hat mich für die Kamera eingenommen. Auch das Fotografieren hat mir grundsätzlich viel Spaß gemacht. Allerdings muss ich wie bei meiner klassischen Armbanduhr einige Nachteile in Kauf nehmen – und dies ausgerechnet in einem Bereich, den die Kamera eigentlich anspricht: der klassischen Fotografie ohne Autofokus mit analogen Objektiven.
Der Fokus liegt auf dem Design
Doch der Reihe nach: Schon die Namenswahl macht den Fokus auf das Design deutlich. Seit 2009 bringt die Firma Digitalkameras mit Wechselobjektiven auf den Markt, die nach der legendären Olympus Pen-F aus den 1960er Jahren benannt und gezeichnet wurden. Der Clou dieser Spiegelreflexkamera war, dass sie nur auf den Platz eines Fotos im Kleinbildfilm zwei Fotos unterbringen konnte.
Doch während die digitalen Pens bisher ohne Sucher entworfen wurde, hat Olympus die digitale Pen-F massiv an klassische Sucherkameras vom Schlage Leica angelehnt. Links oben am Kamerarücken ist das Bullauge für die Weltschau. Es ist natürlich kein optischer Sucher wie bei der klassischen Leica M, sondern sondern ein Display aus organischen Leuchtdioden (OLED). Der löst die Realität allerdings feinkörnig in 2,36 Millionen Bildpunkte auf, was mir gut gefällt. Die runde Form und der Verzicht auf wulstige Gummiringe fügen sich positiv ins Gesamtbild ein, allerdings zu einem Preis.
Der Kamerakörper wiederum ist aus Aluminium und Magnesium geformt und mit Lederimitat beklebt. Keine Schraube stört die Oberfläche, keine der heutzutage gerne wulstigen Griffe die Form. Weitere Anlehnungen an das Analogzeitalter sind ein Rädchen auf der Kamera für die Belichtungskorrektur und ein weiterer Knopf an der Front. Ohne erst tief ins digitale Menü einzutauchen, können hier verschiedene Filtermodi gewählt werden: von Schwarzweiß über verschiedene Filmsimulationen bis hin zu von einigen Testern verschmähte „Kunstfiltern“, für die Olympus bekannt ist. So lässt sich ein Bild auch als Aquarell im Jpeg-Format abspeichern.
Mir gefallen diese Modi. Wer zugleich Jpegs und das unkorrigierte Rohformat schießt, hat so volle künstlerische Freiheit vor Ort und am Computer. Das Jpeg-Bild lässt sich sofort verwenden, während das Raw-Bild die Daten so speichert, wie der Sensor sie sieht. Dieses Bild kann dann mit einem Fotoprogramm nach Belieben entwickelt werden. Man verschenkt also nichts außer Speicherplatz.
Darüber hinaus hat Olympus je ein Rädchen vorne bei Auslöser und hinten, dort wo der Daumen sitzt, spendiert. Dort kann man je nach Programm Blende, Verschlusszeit oder Effekte der Kunstfilter verstellen. Auch ihr Design ist ein Anschlag aufs Herz: Schön dick und metallisch – sie fühlen sich gut an.