Test: Perfect Shave Wer braucht Rasierklingen auf Knopfdruck?

Einseifen und abschaben: Trotz aller Innovationen hat sich am Grundprinzip der Nassrasur nichts geändert.
Düsseldorf Das schwarze Kästchen steht noch „vor der Marktreife“. So steht es im beigelegten Schreiben. Also vielleicht nicht so ernst nehmen, die kleinen Macken. Zum Beispiel, dass in einem weiteren Blatt, den „Allgemeinen Nutzungs- und Sicherheitshinweisen“ empfohlen wird, das Gerät „möglichst an einem trockenen Ort“ aufzustellen. Schwierig, denn es handelt sich um die Halterung für einen Nassrasierer.
Die Procter&Gamble-Tochter Gillette erprobt gemeinsam mit einem jungen Hamburger Online-Shop eine Konkurrenz zu den Rasierklingen-Abos, mit denen verschiedene Anbieter im Netz ihr Glück versuchen. Dafür hat die Halterung des Gillette-Fusion-Rasierers einen Druckknopf bekommen. Zehn Sekunden gedrückt, und neue Klingen werden bestellt. So leicht soll es sein.
Doch zunächst einmal muss ich das Gerät im Online-Shop „Perfect Shave“ registrieren. E-Mail-Adresse am Computer eingeben, die ID vom Boden des Kästchens abtippen, dann soll ich den Knopf an der Rasiererhalterung für zehn Sekunden drücken, bis er leuchtet. Aber er leuchtet nicht.
Nach kurzer Fehlersuche ist klar: Die Batterien sind im Postversand verrutscht. Also das Batterienfach öffnen, die drei Batterien andrücken. Dann erneut den Knopf drücken, es blinkt, leuchtet blau. Auf dem Computer-Bildschirm passiert erstmal nichts. Doch nach einer Minute geht es weiter. Jetzt die Postadresse eingeben und die Klingenart wählen: mit oder ohne „ProGlide“ – was auch immer das ist. Dann ist die Registrierung abgeschlossen – jedenfalls fast. Denn es folgt eine Bestätigungsmail mit Aktivierungslink.
Knopf drücken, blinkt, blinkt hektisch, leuchtet
Nun die erste Bestellung um 14 Uhr: Knopf drücken, halten, blinkt, blinkt hektisch, leuchtet. Eine Bestätigungsmail kommt sofort: „Du hast den Order-Button gedrückt. Super! Nur noch kurz auf Bestellung bestätigen klicken und Deine neuen Klingen sind auf dem Weg zu Dir!” Also Bestätigung klicken, noch eine Mail: Rechnung: 16,99 Euro für den Fünferpack.
Jetzt dauert es. Die nächste Mail, „Paket versandt“ kommt erst am nächsten Tag. Zwei Tage später liegt ein kleines Pappschächtelchen im Briefkasten – so verpackt, dass es durch den Schlitz passt. Und beim nächsten Versuch geht es schon einen Tag schneller. Übrigens: Die Variante mit „ProGlide“ sieht anders aus als die ohne, fühlt sich aber gleich an. Der Hauptunterschied sind 2,24 Euro, die eine Packung „ProGlide“ teurer ist.
Überhaupt, die Kosten. Seitdem ich vor zwei Jahren die Fabrik eines alteingesessenen Rasierhobel-Herstellers in Solingen besichtigt habe, benutze ich einen klassischen Nassrasierer aus Metall. Scharfe Klingen, das klassische Modell, gibt es dafür im Internet.
100 Stück der Marke „Astra“ kosten 10,90 Euro. Für eine Klinge werden also knapp elf Cent fällig – gegenüber knapp 4,25 Euro für eine einzige Fusion-ProGlide-Klingen. Selbst wenn die doppelt so lange halten, kosten die Fusions per Knopfdruck rechnerisch also 20-mal so viel wie meine klassischen Klingen. Dabei kommen die flachen „Astra“-Schneiden sogar ebenfalls von Procter & Gamble (P&G) – allerdings als Grauimport aus einer Fabrik in St. Petersburg. Der US-Konzern verkauft diese billigen Astra-Klingen nur in Osteuropa und der Türkei.
Die Kunden in den reiferen Märkten, darunter Deutschland, sollen offenbar allein die teuren, margenstarken Modelle kaufen. Als die Markteinführung der teuren Gillette-Fusion-Klingen hierzulande nicht wie gewünscht voranging, sollen die P&G-Manager Druck gemacht haben, hieß es damals aus dem Konzernumfeld. Deutsche Kunden kauften doch teurer Mercedes-Autos, dann müssten sie auch Fusion-Rasierer nehmen, sollen die Manager aus den USA von ihren Vertrieblern gefordert haben.
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