Abschied des Thronfolgers Telekom-Deutschlandchef Dirk Wössner verlässt den Konzern

Der Deutschlandchef der Telekom wird seinen zum 31. Dezember auslaufenden Vertrag nicht verlängern.
Düsseldorf Dirk Wössner sitzt an einem Holzschreibtisch. Vor dem Deutschlandchef der Deutschen Telekom steht ein gerahmtes Bild von Konzernchef Timotheus Höttges. Das Einstecktuch im Jackett hat natürlich die Konzernfarbe Magenta. Und Wössner ist natürlich voll des Lobes – über die Firma, über die Zukunft, über fast alles.
Wössners gut gelaunter Auftritt bei der Feier zum 25. Jahrestag des Börsengangs der Deutschen Telekom vor wenigen Tagen mit Führungskräften des Konzerns wirkt rückblickend betrachtet mehr als seltsam. Denn kurz nach dem Treffen wurde das Topmanagement darüber informiert, dass der 51-Jährige die Telekom verlassen werde. Wössner soll künftig den Chefposten bei CompuGroup Medical übernehmen.
Der Softwarehersteller für das Gesundheitswesen teilte mit, Wössner zum Nachfolger von Frank Gotthardt als Mitglied und Vorsitzenden des Vorstands der Gesellschaft zu bestellen. Gotthardt solle in den Aufsichtsrat des Unternehmens wechseln und dort den Vorsitz übernehmen. Gotthardt bleibe auch künftig Hauptaktionär. Wössners Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft erfolge mit Wirkung zum Ablauf seines derzeitigen Anstellungsvertrages, der – vorbehaltlich einer etwaigen vorzeitigen Beendigung – noch eine Restlaufzeit bis zum 31. Dezember 2020 habe.
Wössner war nur zwei Jahre zuvor als Deutschlandchef in den Konzern geholt worden. Er galt als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Konzernchef Timotheus Höttges, dessen Vertrag noch bis Ende 2023 läuft. Der Plan ist nun Geschichte. Mit Auslaufen seines Vertrags wird der Manager die Telekom zum Jahresende verlassen.
In einem Schreiben im firmeninternen Intranet, das dem Handelsblatt vorliegt, wandte sich Wössner an die Mitarbeiter: „Wie sich bestimmt viele von euch vorstellen können, ist das keine einfache Entscheidung gewesen.“ Er habe das Angebot angenommen, „als CEO ein Softwareunternehmen in einem sehr dynamischen, internationalen Markt mit einer ambitionierten Wachstumsvision zu führen“.
Die Mitteilung der Telekom las sich völlig anders. Meist paart der Konzern das Ausscheiden von Führungskräften mit lobenden Worten des CEOs und des Aufsichtsratschefs. Nicht so bei Wössner. Die Meldung beschränkte sich knapp auf die Fakten. Wössner habe dem Aufsichtsrat mitgeteilt, dass er seinen Vertrag nicht verlängern wolle. Ein Nachfolger stehe noch nicht fest. Ende.
Mein Vertrag läuft noch bis zum Ende dieses Jahres. Ich wollte früh für klare Verhältnisse sorgen. Dirk Wössner (Telekom-Deutschlandchef)
Die Überraschung innerhalb der Firma ist groß. Wössner trauten viele die Nachfolge von Höttges zu. Innerhalb der Führungsmannschaft des Konzerns sorgte sein Abschied für Verstimmung. „Wössner hat gut geliefert“, sagte ein führender Telekom-Manager. Die Suche nach einem Nachfolger könnte dauern.
Der promovierte Chemiker hatte mehr als ein Jahrzehnt für die Telekom gearbeitet, war dann zum Netzbetreiber Rogers nach Kanada gegangen und vor zwei Jahren als Deutschlandchef zurück nach Bonn gekommen.
Deutschland ist für die Telekom ein schwieriger Markt. Ausgerechnet in der Heimat gelang es dem Rivalen Vodafone, den Kabelnetzbetreiber Unitymedia zu übernehmen. Seitdem fordert die Firma die Telekom offen im Festnetzgeschäft heraus. Und während die Telekom ihr Netz wegen harter Wettbewerbsauflagen auch für Konkurrenten zu regulierten Preisen öffnen muss, ist Vodafone dazu nicht gezwungen. Zudem gelang es Vodafone, der Telekom bei der Einführung des 5G-Mobilfunks zuvorzukommen.
Höttges mischte sich oft ein
Deutschland ist gleichzeitig der Markt, in den sich Konzernchef Timotheus Höttges stark einmischt. Bei der Diskussion um die Vergabe der 5G-Frequenzen schaltete sich Höttges regelmäßig in Gespräche mit der Politik ein. Wössner hatte mehrfach das Nachsehen. Zudem wurde er von Höttges in Führungsrunden kritisiert, wie Insider berichteten. Die Erfahrungen haben Wössner wohl zugesetzt.
Die Hoffnung auf den CEO-Posten ging verloren: Letztlich habe ihm die Perspektive gefehlt, wie er sich langfristig innerhalb der Telekom entwickeln konnte, sagt ein Telekom-Manager. Deshalb habe er sich entschieden, den Konzern zu verlassen.
Konzernchef Timotheus Höttges erreichte der Abgang von Wössner im Ausland. Höttges war auf einer Aufsichtsratssitzung der US-Tochter T-Mobile in den USA, wo ein Richter grünes Licht für die Fusion mit Sprint gab. Noch kann die Telekom keine Nachfolge von Wössner präsentieren. Auch wenn dessen Vertrag noch bis Jahresende läuft, muss der Telekom-Chef schnell Klarheit über die Führung auf dem Heimatmarkt schaffen.
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