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Accelerator APX Im Kampf um die besten Gründer: Start-up-Schmieden denken um

Jungunternehmer können sich Geldgeber mittlerweile aussuchen. Porsche und Axel Springer stellen daher ihr Programm neu auf – mit Einzelbetreuung und mehr Geld.
21.01.2021 - 10:20 Uhr Kommentieren
Künftig müssen die Gründer nicht mehr in das gemeinsame Büro ziehen. Quelle: APX
Accelerator APX in Berlin

Künftig müssen die Gründer nicht mehr in das gemeinsame Büro ziehen.

(Foto: APX)

Hamburg Für das einstige Verlagshaus Axel Springer war es ein Image-Boost beim Wandel zum Digitalkonzern: 2013 verkündeten die Berliner die Partnerschaft mit dem Accelerator Plug and Play aus dem Silicon Valley. Gemeinsam brachten sie die 100-tägigen Seminare für hoffnungsvolle Gründer, die Plug and Play in San Francisco erfunden hatte, nach Berlin. Größter gemeinsamer Erfolg dabei ist die Digitalbank N26.

Plug and Play nutzt das typische Prinzip eines Accelerators: Das Programm wählt mehrmals im Jahr aus Bewerbungen mehrere Gründerteams mit vielversprechenden Ideen aus. Diese bekommen Fortbildungen rund um Geschäftsprozesse, Wachstum und Investorensuche sowie Büroarbeitsplätze – und eine kleine Finanzspritze. Im Gegenzug für die Anschubhilfe erhält der Accelerator Anteile an den Start-ups, die er später an andere Investoren weiterverkauft.

Die deutsch-amerikanische Kooperation mit Springer ist allerdings schon seit 2018 nicht mehr bei Neuinvestitionen aktiv, als der Verlag den Partner gegen den Autobauer Porsche auswechselte. Jetzt stellt der so entstandene Accelerator APX die Reste des Plug-and-Play-Systems ein.

Künftig gibt es keine gemeinsamen Seminare mehr für die ausgewählten Gründer – dafür deutlich mehr Geld und individuelle Langzeitbetreuung.

„Wir kennen die Bedürfnisse der Gründer inzwischen besser“, sagt APX-Chef Jörg Rheinboldt. Der ehemalige Ebay-Deutschlandchef ist bereits seit dem Start dabei. Zudem sei das Portfolio inzwischen so groß, dass es ein eigenes Netzwerk für den Austausch der Gründer untereinander bilde – neben den Kontakten zu Mentoren, Investoren und Unternehmern.

Wandel in der Gründerszene

Die Veränderung bei dem Start-up-Accelerator zeigt den generellen Wandel in der Gründerszene. Anders als 2013 können sich talentierte Jungunternehmer inzwischen Geldgeber gewissermaßen aussuchen. Sogenannte Business-Angels, also erfahrene Unternehmer mit Sendungsbewusstsein, werben darum, die Talente begleiten zu dürfen. Sechststellige Beträge als allererste Anschubfinanzierung sind inzwischen fast die Regel.

Gruppenseminare und eine fixe Förderung von zunächst 25.000 Euro, wie sie APX bislang anbot, verlieren da an Attraktivität. „Verschulte Programme funktionieren für die besten Gründer nicht immer gut. Sie brauchen eher persönlichen Support – den Rest können sie sich selbst beibringen“, erklärt Rheinboldt.

„Die Acceleratoren werden immer stärker zu Risikokapitalgebern“, bestätigt Helena Cavell, Deutschlandchefin des angelsächsischen Wagniskapitalgebers (VC) Frontline. Ein Beispiel sei Seedcamp – 2007 gestartet als erster paneuropäischer Accelerator mit Gründer-Mentoring-Programmen, heute ein typischer Frühphasen-VC mit Erfolgen wie dem Geldtransferdienst Transferwise.

Auch beim baltischen Programm Startup Wise Guys, das weiterhin 100-Tage-Seminare anbietet, wird der Faktor Risikokapital bedeutsamer, wie etwa eine Auszeichnung als bester Risikokapitalgeber in Mittel- und Osteuropa zeigt.

„Verschulte Programme funktionieren für die besten Gründer nicht immer gut. Sie brauchen eher persönlichen Support – den Rest können sie sich selbst beibringen.“ Quelle: APX
APX-Chef Jörg Rheinboldt

„Verschulte Programme funktionieren für die besten Gründer nicht immer gut. Sie brauchen eher persönlichen Support – den Rest können sie sich selbst beibringen.“

(Foto: APX)

Bei APX steht ein ähnlicher Wandel an: Die beiden Partner Axel Springer und Porsche verdoppeln das Investitionsvolumen für die kommenden zehn Jahre auf 55 Millionen Euro. Damit wollen sie mehr Gründern eine Anschubfinanzierung geben – und dabei pro Start-up mehr Geld einsetzen.

Statt bislang in 35 Start-ups pro Jahr zu investieren, sollen es bis 2022 jährlich 70 werden. Bis zu einer halben Million Euro Kapital sollen jeweils von APX kommen, fünfmal so viel wie bisher – sofern sich weitere Investoren finden, die an das Gründerteam glauben.

Zugleich haben die Gründer mehr Freiraum: Nicht nur die hunderttägige Seminarphase fällt weg, sondern auch die Bedingung, in das gemeinsame Büro in Berlin zu ziehen. Die Corona-Zeit habe gezeigt, dass die Betreuung von Gründern auch aus der Ferne möglich sei, sagt APX-Geschäftsführer Henric Hungerhoff. Daher will er zunehmend auch außerhalb Deutschlands investieren.

Die Seminarphase wollen die APX-Macher durch individuelle Betreuung ersetzen. Die Gründer bekommen feste Ansprechpartner im inzwischen fast 20-köpfigen Team. Zudem will Rheinboldt die Vernetzung der Unternehmer untereinander fördern. Sie sollen voneinander lernen, etwa wenn es darum geht, Geschäftsmodelle anzupassen. Dabei sollen auch Daten helfen, die APX aus der Entwicklung seiner Start-ups destilliert.

Aus Fehlern lernen

Dabei betonen die APX-Chefs, dass sie bei der Auswahl der Start-ups freie Hand haben – schon allein, weil Springer und Porsche in grundverschiedenen Branchen unterwegs sind. Anders als bei anderen Konzern-Acceleratoren haben sie keine Vorgabe, strategisch zum Kerngeschäft passende Geschäftsmodelle aufzutun. Stattdessen stehe im Mittelpunkt, mit den Start-ups Geld zu verdienen.

Damit setzt sich APX etwa von Daimlers Start-up-Einheit Lab1886 ab. Der Autokonzern hat den mit viel Hoffnung gestarteten Bereich im vergangenen Dezember weitgehend verkauft. Die dort entstandenen Unternehmen stießen allerdings „spätestens in der Phase der Kommerzialisierung häufig an die Grenzen der Umsetzung“, teilten die Stuttgarter vor einigen Wochen mit.

Der ehemalige Springer-Partner Plug and Play will Konzernen inzwischen verstärkt eine Alternative zu eigenen Start-up-Brutkästen bieten. Die Amerikaner haben in Deutschland fünf Gründerzentren eröffnet, die jeweils auf bestimmte regional starke Branchen ausgerichtet sind – etwa auf Auto in Stuttgart und Logistik in Hamburg. Dabei arbeiten sie mit einer Reihe von Konzernen von Adidas bis Lidl zusammen, um die Brücke zwischen Großunternehmen und Gründern zu schlagen.

Klar ist: Die Investoren leisten sich inzwischen einen harten Wettstreit um die besten Gründer in Europa – zumal zunehmend auch Investoren aus den USA und Asien mitmischen. An Geld für erste Anschubfinanzierungen mangelt es nicht. Die Beratung EY zählte 2020 in Deutschland sechs Prozent mehr Finanzierungsrunden für Start-ups als im Vorjahr – insgesamt 743.

Beim Werben um Start-ups hilft es, wenn die potenziellen Investoren den Gründern mit einem klaren Profil Hilfestellung geben können, ohne sie einzuengen – aber auch Folgeinvestitionen anbieten können. Acceleratoren mit langjähriger Erfahrung wie APX haben dabei Vorteile, weil sie zu Beginn sehr eng mit den Gründern zusammenarbeiten.

„Sie sind attraktiv auch für ihre Geldgeber, weil sie einen guten Einblick in den Dealflow haben“, sagt Frontline-Partnerin Cavell. Das hilft, die inzwischen nötigen größeren Summen aufzubringen.

Auch Cavells Fonds hat sich spezialisiert: Er bietet europäischen Gründern an, ihnen bei der Ausweitung des Geschäfts in den USA zu helfen. „Wir sehen uns als Service-Provider für die Gründer, die unsere Kunden sind“, wirbt Cavell. Dabei konkurriert Frontline mit den Acceleratoren um Investments in der sehr frühen Gründungsphase. „Es ist eben eine gute Zeit für Gründer, die Geld brauchen“, sagt sie.

Mehr: Plug and Play sucht in Hamburg nach Logistik-Gründern.

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