Arne Schepker Millionen haben seine App auf dem Handy – jetzt strebt der Gründer an die Börse

Er will mit den Einnahmen aus dem Börsengang die internationale Expansion beschleunigen.
Foto: Babbel
Berlin Die Berliner Sprachlernfirma Babbel hat am Dienstag ihren Börsengang angekündigt. Wenn das Marktumfeld stabil bleibt, will CEO Arne Schepker sein Unternehmen noch 2021 in Frankfurt listen: „Wir haben bereits eine starke Wachstumsgeschichte hinter uns und wollen jetzt die weitere Finanzierung unserer Innovationen sicherstellen“, sagte Schepker dem Handelsblatt. Nach einigen Monaten als Co-CEO neben Babbel-Mitgründer Markus Witte war der Ex-Marketingchef des Online-Schuhhändlers Zalando Ende 2019 alleiniger Vorstandschef geworden.
Mit dem geplanten öffentlichen Angebot und der Notierung im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse (Prime Standard) strebt Babbel einen Bruttoemissionserlös von rund 180 Millionen Euro an. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet mit Verweis auf Insider über eine mögliche Bewertung von einer Milliarde Euro. Mit dem IPO-Erlös soll das Lernangebot in der Sprachlern-App vergrößert, das Angebot für Unternehmen und die Expansion vorangetrieben werden. Aktuell ist die App in neun Sprachen verfügbar, 15 Fremdsprachen können erlernt werden.
„Kurzfristig konzentrieren wir uns auf neue Lernmethodiken“, sagt Schepker. „Die wenigsten von uns lernen, wie man Sprachen lernt, das müssen wir als Sprachlernfirma mit abdecken.“ 180 der derzeit 750 Mitarbeiter von Babbel haben eine didaktische Ausbildung und sollen sicherstellen, dass die digitalen Lernangebote die Sprachkenntnisse der Nutzer tatsächlich verbessern.
Seit Anfang des Jahres können Nutzer etwa live mit einem Tutor üben. Auch Podcasts hat die Firma im Angebot, aktuell wird laut Schepker mit Spielen experimentiert. Der Babbel-Chef hat zuletzt das Produktportfolio erweitert und stark in das Geschäft mit Unternehmenskunden investiert.
Expandieren wollen die Berliner vor allem in den USA: Babbel sei dort bei 64 Prozent Markenbekanntheit angekommen und beim Umsatz an Position zwei, sagt Schepker: „Wir sehen auf dem US-Markt noch eine Menge Wachstumspotenzial“, erklärt er. Wie groß der Anteil des US-Geschäfts am Umsatz von Babbel ist, verrät er noch nicht.
20 Prozent Wachstum pro Jahr
Der US-Marktführer und damit Babbel-Konkurrent Duolingo hat nach eigenen Angaben rund 40 Millionen aktive Nutzer pro Monat und hat im Juli sein Börsendebüt hingelegt. Dabei ist das Unternehmen an der Wall Street mit 6,5 Milliarden Dollar (knapp 5,5 Milliarden Euro) bewertet worden.
Die Pandemie und die damit verbundenen Lockdowns haben Babbel im vergangenen Jahr geholfen, einen Rekordumsatz von 147 Millionen Euro einzufahren. Damit wächst das Unternehmen laut Schepker kontinuierlich „mit rund 20 Prozent“ in den Jahren 2018 bis 2020, sagt der Babbel-Chef. Das ist allerdings mit Blick auf den für 2019 veröffentlichten Geschäftsbericht gut aufgerundet (16 Prozent).
Zudem hatte die Sprachlernfirma ihre selbst gesteckten Ziele zwischenzeitlich auch deutlich verfehlt, 2019 sollte eigentlich ein Wachstum von 35 Prozent erreicht werden. Es war das Jahr, an dessen Ende Schepker zum alleinigen CEO wurde.
Besonders wichtig als Signal vor dem Börsengang: Im ersten Halbjahr 2021 konnte der Wachstumskurs fortgesetzt werden, der Umsatz konnte um 18 Prozent auf 83 Millionen Euro zulegen. Im Corona-Lockdown hätten viele Menschen digitale Lernangebote ausprobiert. „Wir müssen jetzt niemandem mehr erklären, dass Lernen und Sprachenlernen digital möglich ist“, sagt der Babbel-Chef.
Zunächst hatte sich das Unternehmen mit Wagniskapital finanziert, etwa 28 Millionen Euro sammelte das Unternehmen insgesamt ein. Für die Start-up-Branche ist das nicht viel. Babbel betreibt nach Branchenkreisen ein Cash-generierendes Geschäftsmodell. Soll heißen: Würde der Fokus nicht länger auf Wachstum liegen, könnte man jederzeit profitabel werden. Aber das Start-up hat noch größere Ambitionen.
Der theoretisch adressierbare Markt für Babbel wurde schon 2019 auf 50 Milliarden Euro geschätzt, mit prognostizierten jährlichen Wachstumsraten von vier bis elf Prozent. Bei den Zahlen beruft sich Babbel auf die US-Beratung OC&C Strategy and Analytics. Deren Prognosen enthalten allerdings auch Sprachkombinationen, die Babbel mittelfristig nicht anbieten kann und will.
„Wir decken mit unseren Sprachkombinationen einen Großteil dieses Marktes schon ab“, sagt Schepker. Vor allem mit dem Angebot für Unternehmen habe Babbel seinen adressierbaren Markt stark erweitert, das sogenannte B2B-Geschäft (Business zu Business) mache ein Drittel des Gesamtmarkts aus. Bis 2025 soll der Anteil digitaler Angebote an diesem Markt laut den Prognosen 40 Prozent ausmachen.
Schepker will aus Zalando-Erfahrungen lernen
Im Vergleich zu anderen digitalen Abo-Geschäftsmodellen hat Babbel den Nachteil, dass viele Kunden ihr Abo nach einer erfolgreichen Lernphase kündigen. „Unser Ziel ist nicht, Abonnenten bis an ihr Lebensende an Babbel zu binden, sondern sie an ihr Ziel zu bringen“, sagt Schepker.
Das Unternehmen rühmt sich als erfolgreichstes Sprachlern-Unternehmen der Welt mit zehn Millionen verkauften Abos seit dem Start im Jahr 2009. Wie viele Abonnenten Babbel aktuell hat, sagt das Start-up aber nicht. 56 Prozent der Zwölf-Monats-Abonnements wurden nach Unternehmensangaben im vergangenen Jahr verlängert.
Bei der Technologie setzt Babbel auf eine Kombination aus menschlicher und Künstlicher Intelligenz. Algorithmen können Nutzern beispielsweise vorschlagen, welche Lektionen sie wiederholen oder als Nächstes lernen sollen. Schepker sagt aber auch: „Sprachenlernen ist komplex und selbst Maschinen tun sich schwer, uns dabei zu unterstützen.“ Deshalb setze die Firma stark auf die Kenntnisse der eigenen Sprachlernexperten.
Arne Schepker selbst spricht nach eigenen Angaben vier Sprachen, neben Deutsch auch Englisch, Französisch und Spanisch. Bevor er 2015 zu Babbel kam, war er zwei Jahre lang Marketingchef bei Zalando. Dort hatte er ebenfalls den Börsengang begleitet und sei für die Kundenfokussierung zuständig gewesen. „Ich habe bei Zalando gelernt, dass die Kundin keine Nummer in der Datenbank ist, sondern eine Person mit Gründen dafür, was sie kauft und was sie nicht kauft“, sagt Schepker. „Das war eine hilfreiche Lehre. Ich denke, dass diese Erkenntnis beim Sprachenlernen noch viel wichtiger ist.“
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