Bundesnetzagentur Telekom, Vodafone und O2 verfehlen Vorgaben beim Netz

Der Mobilfunk in Deutschland ist schlechter als vorgeschrieben, stellt die Bundesnetzagentur fest und droht den Netzbetreibern mit Strafen.
Düsseldorf Seit Jahren gibt es Streit um die Qualität des Mobilfunks ins Deutschland. Schon im Jahr 2015 wollte die Bundesregierung den Befreiungsschlag schaffen. Mit der Vergabe der Mobilfunkfrequenzen im Jahr 2015 erlegte sie den drei Netzbetreibern Ziele für eine Mindestversorgung auf. Jetzt stellt die Netzagentur fest: Keine Firma hat die Vorgaben erfüllt.
Die Frist war eigentlich zum Anfang dieses Jahres ausgelaufen. Die Bundesnetzagentur hatten sich noch Zeit genommen, die Ergebnisse nachzuvollziehen. Behördenchef Jochen Homann wendete sich am Dienstag mit einer deutlichen Ansage an die Öffentlichkeit: „Wir wollen in den nächsten Monaten nachprüfbare Verbesserungen sehen, die sicherstellen, dass die Auflagen bis zum Jahresende vollständig erfüllt werden.“
Damit nicht genug. „Das umfasst ausdrücklich auch, dass wir gegebenenfalls Zwangs- und Bußgelder verhängen“, erklärte Homann
Die Bundesnetzagentur hatte im Jahr 2015 Ziele festgelegt. Dazu zählt, dass bis Anfang 2020 bundesweit 98 Prozent aller Haushalte und je Bundesland 97 Prozent der Haushalte mit einer Datengeschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) und Antennensektor versorgt werden müssen. Zudem sollten auch Autobahnen und Schienen vollständig versorgt werden.
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Verbindungs- und Datenabbrüche bei der Fahrt auf den Hauptverkehrswegen sollte es eigentlich heute nicht mehr in Deutschland geben. Die Realität sieht aber offenbar anders aus. Die Ergebnisse im Überblick:
Deutsche Telekom
Selbst dem Branchenprimus gelang es nicht, die Vorgaben einzuhalten. Nach Darstellung der Netzagentur hat die Deutsche Telekom in den Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland die Auflagen „knapp verfehlt“. Bei den Hauptverkehrswegen seien auch nicht komplett versorgt worden. Für Autobahnen wies die Behörde einen Wert von 97 Prozent und für Schienenwege 96 Prozent aus.
In den Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland bestand Ende 2019 noch Nachholbedarf, räumte die Telekom auf Anfrage ein. Ein Sprecher erklärte, das Unternehmen baue sein Netz kontinuierlich aus. „Wir haben inzwischen auch im Saarland den Wert von 97 Prozent überschritten“, sagte der Sprecher. Zudem habe die Telekom bei den Mobilfunktests der Zeitschriften „Chip“ und „Connect“ für das erste Quartal 2020 als bestes Netz abgeschnitten.
Bei den Autobahnen und Schienen wegen gebe es Verbesserungsbedarf, räumte die Telekom ein. Es gebe einen Plan, die Strecken komplett zu versorgen. Allerdings sei die Genehmigung der dafür nötigen Standorte für Mobilfunkmasten eine Herausforderung.
Telekom-Deutschland-Chef Dirk Wössner klagte: „Wir bauen bereits über unsere Verpflichtungen hinaus und könnten heute schon eine noch höhere LTE-Versorgung haben, wenn es nicht an vielen Orten so schwierig wäre, neue Antennenstandorte zu bekommen und Genehmigungen zu erhalten.“
Vodafone
Dem Netzbetreiber warf die Behörde vor, in vier Bundesländern die Auflagen nicht eingehalten zu haben. Das sind Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Darüber hinaus stellte die Netzagentur fest, dass Autobahnen nur zu 96 Prozent und Schienenwege nur zu 95 Prozent versorgt sind.
Ein Sprecher von Vodafone sagte, zwischen dem Unternehmen und der Behörde gebe es "unterschiedliche Auffassung" über die Interpretation der Versorgungsauflagen. Seit Jahresanfang habe der Netzbetreiber 2400 LTE-Bauprojekte "realisiert". "Wir sind daher zuversichtlich, die Auflagen auch gemäß der schärferen Interpretation der Bundesnetzagentur zu erfüllen", sagte der Sprecher.
Telefónica Deutschland
Der Netzbetreiber hinter der Marke O2 war mit Abstand das Schlusslicht in der Überprüfung der Bundesnetzagentur. In allen 13 Flächenbundesländern seien die Versorgungsauflagen verfehlt worden. Zudem seien die Hauptverkehrswege nur zu etwa 80 Prozent versorgt.
Das Handelsblatt erfuhr, dass die Bundesnetzagentur Telefónica daher enge Teilfristen gesetzt hat. Um die Auflagen zu erfüllen, wären noch 7600 Mobilfunkstandorte nötig, heißt es in einem Schreiben an den Beirat der Bundesnetzagentur. Bis Ende Juni soll Telefónica 40 Prozent der Standorte aufbauen. Der Anteil soll bis Ende September auf 65 Prozent steigern und spätestens zum Jahresende müssten alle nötigen Standorte errichtet sein, diktierte die Behörde dem Unternehmen.
Eine Telefónica-Sprecherin sagte: „Wir haben einen klaren Plan vorgelegt, wie wir die fehlenden Prozentpunkte aus der Ausbauauflage von 2015 erreichen werden.“ Das Unternehmen sei überzeugt, den Plan erfüllen zu können. „Es ist in unserem ureigenen Interesse, möglichst schnell weite Teile der Bevölkerung und Fläche mit Mobilfunk zu versorgen“, sagte die Sprecherin.
Die Folgen
Die Bundesnetzagentur verlangt von den Netzbetreibern, dass sie jeden Monat berichten, wie viele Mobilfunkstandorte sie in Betrieb genommen haben. Diese Angaben will die Behörde stichprobenartig prüfen. Ansonsten droht die Behörde mit Strafen.
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