Chiphersteller Constanze Hufenbecher: Das ist die erste Frau im Vorstand von Infineon

Die Managerin wird ab 15. April Chief Digital Transformation Officer beim Chipkonzern Infineon.
München Nur wenige Stunden vor der Bundestagsdebatte um die Frauenquote hat Infineon am Donnerstagmorgen den Vorstand erweitert. Mit Constanze Hufenbecher zieht erstmals eine Frau in das bislang rein männliche Führungsgremium ein. Die Managerin war bis vor Kurzem für Lufthansa tätig und soll sich künftig um die Digitalisierung bei dem Chiphersteller kümmern.
Infineon-Aufsichtsratschef Wolfgang Eder erspart dem Münchener Konzern mit der Ernennung der 50-jährigen Hufenbecher weitere negative Schlagzeilen. Denn im Dax haben neben Infineon nur noch der Baustoffhersteller Heidelberg-Cement und der Triebwerksbauer MTU Vorstandsetagen, die ausschließlich mit Männern besetzt sind. Das ermittelte jüngst die Organisation FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte). Noch im Oktober 2020 arbeitete bei sechs der 30 im Dax notierten Konzerne keine einzige Frau im Vorstand.
Die Betriebswirtin Hufenbecher übernimmt bei Infineon das neue Ressort „Digitale Transformation“. Sie solle die unterschiedlichen Bereiche des Unternehmens vernetzen, erläuterte der Chefkontrolleur am Donnerstag. Es gehe darum, „eine homogene Prozesslandschaft sicherzustellen“.
Hufenbecher kennt Infineon bereits: Zwischen 2004 und 2009 stand sie schon einmal in Diensten des Konzerns.
Die im schwäbischen Ebingen geborene Managerin weiß also, auf was sie sich einlässt. Ihre künftigen Vorstandskollegen waren damals alle schon an Bord. „Ich kann es kaum erwarten, die alten Weggefährten wiederzusehen“, sagte sie am Donnerstag auf der virtuellen Hauptversammlung von Infineon.
Regierung will die Frauenquote
Die Bundesregierung will gesetzlich vorschreiben, dass in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Vorständen künftig mindestens eine Frau im Vorstand sitzen muss. Das müsse bei Neubesetzungen der Posten berücksichtigt werden. Dem Gesetz ist Infineon nun zuvorgekommen.
Hufenbechers Aufgabe sei es nicht zuletzt, über den gesamten Konzern verteiltes Wissen zu bündeln und online verfügbar zu machen, erläuterte Infineon-Vorstandschef Reinhard Ploss auf dem digitalen Aktionärstreffen. Das werde auch deshalb immer wichtiger, weil das Unternehmen kräftig wachsen soll. Ploss hat den Investoren ein jährliches Umsatzplus von im Schnitt neun Prozent versprochen.
Dazu kommt: Die ehemalige Siemens-Tochter hat voriges Jahr für neun Milliarden Euro den US-Wettbewerber Cypress übernommen. Die Firma aus dem Silicon Valley wird jetzt integriert – und dabei darf nichts schiefgehen. Denn mit den Amerikanern soll Infineon nicht nur größer, sondern auch wesentlich profitabler werden. Auch dazu soll Hufenbecher beitragen, indem sie die Digitalkompetenz im Konzern ausbaut.
Zuletzt war sie bei Lufthansa Technik für die Finanzen zuständig. Schon bei der Tochter der größten deutschen Fluggesellschaft sei es darum gegangen, eine digitale Basis für alle Bereiche zu schaffen, unterstrich Hufenbecher am Donnerstag.
Bei ihrer Rückkehr zu Infineon Mitte April findet Hufenbecher den Konzern in sehr viel besserem Zustand vor als bei ihrem Abschied 2009. Damals kämpfte Infineon ums Überleben, der Konzern stand während der Finanzkrise kurz vor der Pleite, die Aktie war zum Pennystock verkommen.
Investoren loben die Führungsspitze
Davon kann inzwischen nicht mehr die Rede sein, im Gegenteil. Momentan kann Infineon gar nicht so viel liefern, wie die Kunden bestellen. Und die Aktionäre waren am Donnerstag voll des Lobes. „Sie haben Infineon gut durch die Krise gebracht“, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Auch Markus Golinski von Union Investment fand freundliche Worte: „Das Krisenmanagement im vergangenen Jahr war sehr gut.“ Zudem seien die Perspektiven vielversprechend: „Nach einem durchwachsenen Coronajahr 2020 scheint Infineon nun auf die Überholspur zu wechseln“, sagte Vanessa Golz von Deka Investment.
Das glauben auch die Banker: Die mittel- und langfristigen Aussichten von Infineon blieben wegen der zukunftsweisenden Ausrichtung auf Energieeffizienz, Mobilität und Sicherheit vorteilhaft, urteilt Analyst Harald Schnitzer von der DZ-Bank.
Allerdings: Auch nach der Ernennung von Hufenbecher hat Infineon in Sachen Frauenförderung Nachholbedarf. Im mittleren und im Top-Management sei nur gut jede zehnte Stelle von einer Frau besetzt, erläuterte Vorstandschef Ploss: „Unser Ziel ist es, die Frauenquote über die gesamte Organisation zu erhöhen.“ Schon bald böte sich dazu die Gelegenheit: Ende kommenden Jahres läuft der Vertrag von Ploss aus, der 65-Jährige hört nach zehn Jahren als CEO auf.
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