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Chiphersteller Teure Aufholjagd: Intel verliert Marktanteile an die Konkurrenz – Aktienkurs bricht ein

Der neue Vorstandschef Pat Gelsinger will massiv in Werke und Technologie investieren. Das geht auf Kosten des Gewinns – und gefällt den Anlegern überhaupt nicht.
21.10.2021 Update: 22.10.2021 - 11:03 Uhr Kommentieren
Der weltgrößte Chiphersteller will massiv investieren. Das belastet die Marge und ärgert die Investoren. Quelle: dpa
Intel

Der weltgrößte Chiphersteller will massiv investieren. Das belastet die Marge und ärgert die Investoren.

(Foto: dpa)

München Pat Gelsinger sieht schon die Bagger für seine neue europäische Halbleiterfabrik anrollen. Er hoffe auf den Spatenstich im kommenden Jahr, sagte der neue Intel-Chef am Donnerstagabend auf einer virtuellen Diskussion mit EU-Kommissar Thierry Breton. Zudem plane er Standorte für Chipverpackung und Forschung auf dem Kontinent.

Der 60-jährige Ingenieur führt den weltgrößten Chiphersteller erst seit Mitte Februar – sein Tempo aber ist enorm. „Gelsinger hat deutlich gemacht, dass er mit Intel technologisch wieder an die Spitze will“, sagt Shiv Tasker, Halbleiterexperte der Beratungsgesellschaft Capgemini. Konkurrenten wie TSMC, Nvidia und AMD haben Intel inzwischen abgehängt.

Gelsingers Aufholjagd mit neuen Werken in Europa und den USA sowie mit hochmodernen Verfahren wird allerdings viele Milliarden verschlingen – und das verschreckt die Investoren. Im nachbörslichen Handel am Donnerstagabend brach der Aktienkurs um neun Prozent ein. Schon im vierten Quartal werde die Profitabilität leiden, warnte das Intel-Management bei der Bekanntgabe der jüngsten Ergebnisse.

Der Gewinn je Aktie werde wohl um 40 Prozent zurückgehen. „Kurzfristig hätten wir einen konservativeren Weg mit leicht besseren Ergebnissen wählen können“, sagte Gelsinger. Es gehe ihm aber um den langfristigen Erfolg, und dafür müsse er investieren.

Nächstes Jahr werde Intel 28 Milliarden Dollar investieren, bei einem Umsatz von mindestens 74 Milliarden Dollar, erläuterte Finanzchef George Davis. Das entspricht knapp 40 Prozent der Erlöse. Zum Vergleich: Der deutsche Chiphersteller Infineon will 20 Prozent vom Umsatz investieren. Das liegt bereits deutlich über den 13 Prozent, die der Dax-Konzern üblicherweise in Fabriken und Ausrüstung steckt.

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Doch Intel verliert Marktanteile. Das zeigen die Zahlen des dritten Quartals. So ist der Umsatz zwar um fünf Prozent auf umgerechnet 15,5 Milliarden Euro geklettert. Der Gewinn schoss um die Hälfte auf sechs Milliarden Euro in die Höhe.

Der Rivale Nvidia wuchs zuletzt aber dynamischer. In dem am 1. August beendeten Quartal erhöhten sich die Erlöse der Kalifornier um mehr als zwei Drittel auf umgerechnet rund 5,6 Milliarden Euro. Der Gewinn hat sich parallel dazu auf rund 2,2 Milliarden Euro fast verdoppelt.

Apple löst sich von Intel

Auch TSMC legt stärker zu. Der weltgrößte Auftragsfertiger erzielte zwischen Juli und Ende September einen Rekordumsatz von umgerechnet gut elf Milliarden Euro, ein Plus von gut 16 Prozent. Der Gewinn kletterte um 14 Prozent auf umgerechnet 4,1 Milliarden Euro.

Intel hat sich auf Prozessoren spezialisiert, sie sind das Gehirn eines jeden Rechners. Infineon, Deutschlands größter Chiphersteller, erzielt dagegen den größten Teil vom Umsatz mit sogenannten Leistungshalbleitern. Sie werden für die Stromversorgung von Elektroautos, Computern oder auch Solaranlagen benötigt.

Ein weiteres Problem für Intel: Immer mehr langjährige Kunden bauen auch ihre eigenen Chips. Anfang der Woche hat Apple neue Notebooks mit selbst entwickelten Prozessoren vorgestellt. Zug um Zug ersetzt die Marke die Intel-Halbleiter und will sich kommendes Jahr dann komplett lösen.

Apple-Chef Tim Cook ersetzt die Intel-Chips in seinen Computern zunehmend durch selbst entwickelte Bauteile. Quelle: Bloomberg
Apple-Computer

Apple-Chef Tim Cook ersetzt die Intel-Chips in seinen Computern zunehmend durch selbst entwickelte Bauteile.

(Foto: Bloomberg)


Trotz der Bedenken der Börse sieht Experte Shiv Tasker Gelsinger auf dem richtigen Weg: „Er versteht es, das ganze Unternehmen auf seine Pläne einzuschwören.“ Es bestehe durchaus die Chance, die Konkurrenten wieder zu überholen. „Der technologische Vorsprung in der Chipbranche reicht immer nur für zwei, drei Jahre“, so der Capgemini-Berater.

Es sei aber wichtig, dass Gelsinger keine Zeit verliere. Tasker rechnet mit weiteren Konkurrenten in Intels angestammtem Geschäft mit Prozessoren für PCs, Notebooks und Server. Insbesondere der Handychip-Spezialist Qualcomm habe gute Chancen, aber auch Google und Amazon müsse Intel im Auge behalten.

Die Angreifer hätten einen Vorteil, weil sie mit einer grundsätzlich anderen Technologie arbeiten, nämlich der Architektur des Chip-Designers ARM. Damit lassen sich energieeffizientere Bauelemente entwerfen. Intel hingegen setzt auf die sogenannte X86-Architektur, die sich in den vergangenen Jahrzehnten bei Rechnern durchgesetzt hat.

Intel will auch zum Auftragsfertiger werden

Gelsinger hat Intel intern unterdessen massiv umgebaut. Er schuf zwei neue Sparten: Die eine soll sich auf Software konzentrieren, die andere auf Hochleistungsrechner und Grafik. Einkauf und Produktion hat Gelsinger unter einem Dach zusammengefasst. Parallel dazu heuerte der Vorstandschef zahlreiche Manager von außen an, zum Teil waren sie, wie er selbst, schon früher einmal lange Jahre für Intel tätig gewesen.

Zudem hat der Konzernherr eine eigene Division für die Auftragsfertigung geschaffen. So wie TSMC, Samsung und Globalfoundries will auch Gelsinger für Konkurrenten Chips herstellen. „Das ist eine gute Strategie, um das meiste aus dem eingesetzten Kapital herauszuholen“, sagt Capgemini-Chipexperte Peter Fintl. Denn so könnte Intel seine Fabriken weiter nutzen, auch wenn sie für die neusten Technologien der Prozessoren nicht mehr geeignet seien.

Ob der Intel-Chef seine Ausbaupläne umsetzen kann, hängt auch von der Politik ab. Nur mit staatlicher Unterstützung könnten neue Werke in Europa und Amerika gebaut werden, so Gelsinger: „Wir stehen im Wettbewerb mit asiatischen Anbietern und müssen konkurrenzfähig sein.“

Der Intel-Chef wirbt um Subventionen in Europa und den USA. Quelle: via REUTERS
Pat Gelsinger

Der Intel-Chef wirbt um Subventionen in Europa und den USA.

(Foto: via REUTERS)

Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Gelsinger Subventionen in Europa bekommt. Die Mitgliedsländer müssten sich uneingeschränkt zum Plan der EU bekennen, den Anteil an der globalen Halbleiterproduktion bis 2030 auf 20 Prozent zu erhöhen, sagte Italiens Premier Mario Draghi diese Woche. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die Industrie unterstützen.

Größter Fürsprecher ist EU-Kommissar Thierry Breton. Der Franzose setzt sich vehement dafür ein, eine hochmoderne Chipfertigung in Europa zu errichten, und drängt auf eine schnelle Entscheidung über Subventionen. Bis die Werke fertig seien, dauere es fünf bis sieben Jahre. „Daher müssen wir jetzt beginnen.“

Der Umbau bei Intel fordert weitere Opfer

Die Subventionen sind umstritten, weil die europäische Industrie bislang kaum Chips benötigt, wie sie Intel fertigt. Stattdessen setzt sie reifere Technologien ein. Dafür Steuergelder auszugeben sei aber grotesk, so Gelsinger. Auch die europäischen Autohersteller würden in ein paar Jahren die höchstintegrierten Halbleiter benötigen.

Mit dem Umbau im eigenen Haus ist Gelsinger unterdessen noch lange nicht durch. Am Donnerstagabend kündigte Finanzchef Davis an, dass er im Mai aufhört. Er war einer der wenigen Top-Manager, die nach dem Chefwechsel noch im Amt blieben.

Mehr: Schub für die Aktie: Infineon will mit dem Konzept der virtuellen Fabrik profitabler werden.

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