Chiphersteller Vorzeitiger Wechsel: Infineon macht Jochen Hanebeck zum neuen Chef

Bisher war Hanebeck Fertigungsvorstand bei Infineon.
Neubiberg Der Chiphersteller Infineon zieht den geplanten Chefwechsel vor: Im April wird der bisherige Produktionsvorstand Jochen Hanebeck neuer Vorstandsvorsitzender. Das teilte der Dax-Konzern an diesem Donnerstag mit. Amtsinhaber Reinhard Ploss scheidet damit neun Monate früher aus als bisher angekündigt.
„Jochen Hanebeck hat bereits über viele Jahre in unterschiedlichen Führungspositionen wesentlich zum profitablen Wachstumskurs von Infineon beigetragen“, sagte Aufsichtsratschef Wolfgang Eder. Der Vertrag des 53-jährigen Elektrotechnikers laufe bis zum 31. März 2027.
Hanebeck hat sein gesamtes Berufsleben bei Deutschlands größtem Chiphersteller verbracht. Der gebürtige Dortmunder fing 1994 als Entwicklungsingenieur bei den Speicherchips an. Später führte er mehrere Jahre lang die Autodivision, den größten und wichtigsten Bereich der Münchner. Seit 2016 ist er als Chief Operating Officer unter anderem für die Werke verantwortlich.
Zuletzt eröffnete Hanebeck im September eine neue Fabrik für Leistungshalbleiter in Villach – drei Monate früher als geplant. Hanebeck sieht gute Zukunftschancen für den Konzern: „Unsere Halbleiterlösungen sind zentrale Säulen für die großen Trends der Elektrifizierung und Digitalisierung der Welt.“
Der bisherige Vorstandsvorsitzende Ploss führt das Unternehmen seit 2012. In seine Amtszeit fallen die beiden milliardenschwere Übernahmen der US-Rivalen International Rectifier und Cypress, mit denen Infineon in die Top-Ten der Halbleiterindustrie vorstieß. Während seiner Amtszeit hat sich der Aktienkurs auf derzeit rund 41 Euro fast verzehnfacht.
Ploss: „Stolz, dass Kurs auch künftig durch Mitglied des heutigen Führungsteams bestimmt wird“
Chefaufseher Eder dankte Ploss für die „außerordentlich erfolgreiche Arbeit“. Eder: „Dank seiner visionären Kraft, gleichermaßen auch seiner persönlichen Umsicht ist Infineon heute als Technologieführer hervorragend weltweit in wachstumsstarken Märkten positioniert.“
Ploss und Hanebeck sind bestens vertraut miteinander. „Ich kenne Jochen Hanebeck seit vielen Jahren als kompetenten und verlässlichen Kollegen“, unterstrich Ploss. „Er ist mit unserer Industrie und ihren Herausforderungen bestens vertraut und ich bin stolz, dass der Kurs von Infineon auch in den nächsten Jahren durch ein Mitglied des heutigen Führungsteams bestimmt wird.“
Der 65-Jährige übergibt Infineon mitten im größten Boom der Branche der vergangenen Jahre. So soll die operative Marge im neuen Geschäftsjahr auf 21 Prozent klettern. So profitabel war Konzern seit Langem nicht mehr. Infineon profitiert von einer gewaltigen Nachfrage und kann dadurch höhere Preise durchsetzen.
„Wir sind so schlagkräftig wie nie“, sagte Ploss Anfang des Monats. „Angesichts des anhaltend hohen Bedarfs an Halbleitern für die energieeffiziente und vernetzte Welt erwarten wir ein starkes Geschäftsjahr 2022.“
Dabei werde der Umsatz um rund 15 Prozent auf etwa 12,7 Milliarden Euro steigen. Gleichzeitig will der Konzern deutlich mehr investieren. Die Dividende soll parallel dazu von 22 auf 27 Cent klettern.
In dem am 30. September beendeten Geschäftsjahr sind die Erlöse wie prognostiziert um knapp 30 Prozent auf gut elf Milliarden Euro geklettert. Die operative Marge hat 18 Prozent erreicht. Der Gewinn hat sich auf knapp 1,2 Milliarden Euro verdreifacht. „Ohne Kapazitätsbeschränkungen wäre ein noch höheres Wachstum möglich gewesen“, erläuterte Ploss.
Infineon will im neuen Geschäftsjahr 2,4 Milliarden Euro für Maschinen und Fabriken ausgeben; das sind 800 Millionen mehr als im abgelaufenen Geschäftsjahr. Es entspricht rund einem Fünftel des erwarteten Umsatzes und liegt deutlich über der Zielgröße von 13 Prozent. Es gehe darum, Wachstumschancen zu nutzen, begründete Ploss die hohen Investitionen.
An der Börse konnte sich Infineon dem allgemeinen Abwärtssog zum Wochenschluss nicht entziehen. Die Aktien verloren am Freitag rund drei Prozent an Wert und notierten bei gut 40 Euro. Analysten bewerten den Chefwechsel allerdings positiv. Mit dem bisherigen Chief Operating Officer und künftigen Vorstandschef Hanebeck dürfte sich bei dem Halbleiterkonzern nicht dramatisch viel ändern, da dieser die aktuelle Unternehmensstrategie bereits mitverantwortet habe, urteilte JPMorgan-Analyst Sandeep Deshpande. Der Banker geht davon aus, dass der Kurs in den nächsten Monaten auf 47 Euro steigen wird.
Ganz oben auf Hanebecks Agenda werden nach seinem Start als CEO die gravierenden Lieferengpässe stehen. Ploss sprach zuletzt von einer „beispiellosen weltweiten Chipknappheit“. Die Nachfrage übersteige das Angebot bei weitem, auch bei Infineon.
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