Chipkonzern „Der Halbleitermarkt boomt“: Infineon hebt Jahresprognose erneut an

Der Vorstandschef des Münchner Chipherstellers kommt mit den Lieferungen gar nicht mehr nach.
München Es läuft glänzend bei Deutschlands größtem Chiphersteller: „Der Halbleitermarkt boomt, Elektronik zur Beschleunigung der Energiewende und für die Arbeit und das Leben zu Hause bleibt sehr gefragt“, sagt Infineon-Chef Reinhard Ploss am Dienstag. Der Vorstandsvorsitzende erhöhte die Jahresprognose daher erneut: Ploss verspricht den Aktionären nun einen Umsatz von elf Milliarden Euro. Das sind 200 Millionen mehr, als er im Februar in Aussicht gestellt hatte.
Außerdem wird Infineon noch profitabler abschneiden: Die operative Marge im Geschäftsjahr, es geht am 30. September zu Ende, soll auf 18 Prozent steigen. Das sind 0,5 Prozentpunkte mehr als bisher angekündigt. Es ist dies bereits das zweite Mal, dass Ploss die Prognose anhebt. In den meisten Anwendungsfeldern übersteige der Bedarf das Angebot deutlich, erläuterte der Manager.
Die Werke von Infineon würden auf Hochtouren laufen, der Konzern investiere weiter in zusätzliche Kapazitäten. Infineon kann derzeit gar nicht so viel liefern, wie die Kunden bestellen: „Engpässe sehen wir in jenen Segmenten, in denen wir Chips von Auftragsfertigern beziehen“, betonte Ploss. Dem Konzern gingen dadurch zwischen 100 und 200 Millionen Euro Umsatz in diesem Geschäftsjahr verloren, ergänzte Finanzchef Sven Schneider.
Das gelte insbesondere für Mikrocontroller für Autos und für das Internet der Dinge. Microcontroller sind Minicomputer für ganz bestimmte Aufgaben. Als Internet der Dinge wird die Vernetzung von physischen Objekten etwa mit Software oder Sensoren bezeichnet.
Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres hat Infineon einen Umsatz von 2,7 Milliarden Euro erzielt. Das entspricht einem Plus von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dass das Plus so kräftig ausfiel, liegt auch daran, dass die Münchner vergangenes Jahr im April den US-Wettbewerber Cypress für neun Milliarden Euro übernommen haben. Die operative Marge erreichte 17,4 Prozent. Das ist knapp ein Prozentpunkt mehr, als im Februar prognostiziert wurde.
Chipnachfrage der Autoindustrie treibt Infineon an
Vor allem das Geschäft in der Autosparte lief glänzend. Die Erlöse schossen um fast die Hälfte in die Höhe. „Insbesondere die Nachfrage nach Komponenten für Elektrofahrzeuge entwickelte sich weiterhin stark positiv“, teilte Infineon mit. Das Autogeschäft macht 45 Prozent vom Umsatz des Konzerns aus.
Auch die größten europäischen Konkurrenten berichteten zuletzt über randvolle Auftragsbücher. So verspricht die französisch-italienische ST Microelectronics für dieses Jahr einen Umsatz von rund zwölf Milliarden Dollar. Ein Ziel, das Vorstandschef Jean-Marc Chéry ursprünglich erst für 2023 angepeilt hatte.
Im ersten Quartal seien die Erlöse um 35 Prozent auf gut drei Milliarden Dollar gestiegen, teilte der Konzern vergangene Woche mit. Analysten hatten im Schnitt mit rund 2,9 Milliarden gerechnet.
Zuvor hatte bereits der niederländische Wettbewerber NXP über ein Umsatzplus von 27 Prozent berichtet – und damit das obere Ende der eigenen Prognose erreicht. Vorstandschef Kurt Sievers verspricht ein „robustes Wachstum“ über das gesamte Jahr hinweg.
Gebremst werden die Chiphersteller derzeit vor allem durch die knappen Kapazitäten der Auftragsfertiger in Ostasien. Immerhin: Der weltweit größte Auftragsfertiger, TSMC, versprach am Montag, dass sich die Lage im Sommer entspannen werde. Infineon-Chef Ploss allerdings ist eher skeptisch und rechnet mit Schwierigkeiten bis 2022. „Es wollen alle mehr“, so der Manager. Von den Computerbauern über die Smartphonehersteller bis zu den Autokonzernen steige der Bedarf. Die Halbleiterwerke auszubauen, dauere aber mindestens ein Jahr. Neue zu errichten sogar zwei Jahre.
Binnen Jahresfrist hat sich der Aktienkurs von Infineon verdoppelt. An diesem Dienstag nahmen die Anleger allerdings Gewinne mit: Der Kurs fiel daher um fast vier Prozent auf rund 32 Euro. Damit waren die Münchner der größte Verlierer im Dax. Nach den Signalen der anderen Halbleiterkonzerne hätten manche Investoren vielleicht noch mehr erwartet, urteilte Morgan-Stanley-Analyst Dominik Olszewski.
Mehr: Intel-Chef: Gute Chancen für neue Mega-Fabrik in Deutschland.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.