Chromebook Erfolg im zweiten Anlauf: Wie Google im Laptop-Markt an Microsoft und Apple vorbeizieht

Der Manager zählte bei der Entwicklung von Chrome und Chrome OS zu den führenden Köpfen – heute leitet er den Konzern.
San Francisco Es begann als ein Geheimprojekt hinter dem Rücken des Chefs. Die Google-Gründer Larry Page und Sergej Brin wollten unbedingt einen Browser und – darauf aufbauend – ein Betriebssystem für PCs entwickeln.
Doch Eric Schmidt, seinerzeit Vorstandschef und selbst ernannter Erwachsener im Führungsteam, war nicht begeistert: Er wollte den Softwareriesen Microsoft nicht provozieren. Also griffen sie zu einer List: „Hinter meinem Rücken“, so Schmidt später, „haben sie ein Team angeheuert und Chrome entwickelt.“ Unter den Entwicklern war übrigens Sundar Pichai, heute Nachfolger von Schmidt und Chef des Google-Mutterkonzerns Alphabet.
Die Vision war groß. Ein Computer, der dank Chrome OS alle Anwendungen übers Internet abruft, sofern man eine Internetverbindung hat – das war der Gegenentwurf zu dem, was Marktführer Microsoft und Designikone Apple damals anboten. Die Umsetzung geriet allerdings holprig. Viele Modelle, die PC-Hersteller wie HP, Samsung und Lenovo anboten, verkauften sich schlecht. Das Projekt galt bald als Flop.
Gut elf Jahre nach der Vorstellung von Chrome OS zeigt sich, dass die Idee der beiden Google-Gründer gut war. Dank Pandemie, in der viele Menschen zu Hause arbeiten und lernen, gehen die Verkaufszahlen durch die Decke – und Google zwingt Microsoft zu einer Reaktion.
Laut den Marktforschern von Canalys stiegen die Auslieferungen von Chromebooks, Laptops mit Googles Chrome OS, im zweiten Quartal 2021 um 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 11,9 Millionen Einheiten. Bei den mobilen Computern liegt der Marktanteil nun bei 13 Prozent. Zum Vergleich: Apple verkaufte im gleichen Zeitraum 6,4 Millionen Macs.
Alles aus der Cloud
Chromebooks sind in vielen Dingen anders als andere Laptops. Sie haben oft nur winzig kleine Festplatten, weil alle Anwendungen im Internet laufen und dort auch die Daten gespeichert sind. Das entspricht der Vision von Google, die Cloud als zentrale Infrastruktur zu nutzen, ob für Textverarbeitung, Kommunikation oder Spiele.
Deshalb haben die Geräte Mobilfunk und WLAN serienmäßig an Bord: Sonst wären sie vom Web abgeschnitten und fast nutzlos. Eine – begrenzte – Möglichkeit, Dateien offline mitzunehmen und zu bearbeiten, kam erst später hinzu, was zu den anfänglich schlechten Kritiken beitrug.

Das Konzept wurde zunächst skeptisch gesehen – doch der Erfolg gibt Google mit einigen Jahren Verspätung recht.
Doch die Software hat sich weiterentwickelt, zudem steht heute viel häufiger eine schnelle Internetverbindung zur Verfügung. Das zeigt der Erfolg bei den Kunden. Holger Müller, Analyst bei Constellation Research im Silicon Valley, ist beeindruckt: „Dass eine PC-Kategorie 75 Prozent und mehr zulegt – wann hat es das das letzte Mal gegeben?“
Als wichtigen Grund für den Erfolg sieht er die einzigartige Positionierung. „Chromebooks sind billiger als PCs und haben eine etablierte Softwareplattform. Ein Konzept, das sich ideal für Unternehmen, den öffentlichen Dienst oder den Bildungsbereich erweist.“
Es sind attraktive Segmente, wie die Zahlen zeigen. „Für Hardwarehersteller die nicht am Chromebook-Boom partizipieren, wie etwa Dell, könnte das zum Problem werden“, sagt Müller. Während Samsung oder HP im Quartalsvergleich 324 und 115 Prozent in dem Bereich zugelegt haben, verzeichnete Dell ein Minus von rund neun Prozent.
Das liegt nicht nur an der Pandemie. „Der Erfolg ist bemerkenswert nachhaltig“, merkt Bryan Lynch von Canalys an. „Das Wachstum hat nach dem Scheitelpunkt der Pandemie angehalten“, analysiert der Analyst. „Chromebooks haben eine gesunde Position in allen Segmenten erreicht und verzeichnen eine solide Nachfrage.“
Doch 2022 und danach wird es erst richtig spannend: „Mit dem Bildungsmarkt im Griff“, ist Lynch überzeugt, „wendet sich Google Unternehmen zu.“ Kleine und mittlere Unternehmen, die im digitalen Wettlauf aufholen müssen, dürften das erste Ziel werden. Hier zählen geringe Kosten und Schnelligkeit.
Niedrige Kosten als Argument
Forrester Research untersuchte 2018 im Auftrag von Google 236 große Organisationen, teilweise mit mehreren Milliarden Dollar Umsatz. Im Schnitt brachte ein Umstieg auf Chrome OS eine Ersparnis bei Hardware und Software-Lizenzen von 1,5 Millionen Dollar. IT-Service und Management sparten im Schnitt 477.000 Dollar. Der Posten „Effizienzsteigerung bei den Mitarbeitern“ wird auf drei Millionen Dollar geschätzt. Die angeblich geringen Kosten nutzt der IT-Konzern als Argument gegenüber Kunden.
Hinzu kommt: Anders als Microsoft, das für Windows bei den Herstellern kassiert, verlangt Google „derzeit“, wie Alexander Kuscher, Produktdirektor bei Googles Chrome OS, betont, „keine Lizenzen“. Die Unternehmen müssen mit ihren Geräten lediglich die Referenzdesigns beachten und die Mindestanforderungen einhalten. So kann Google in kurzen Abständen, manchmal nur Wochen, neue Softwareversionen im Hintergrund ausspielen. Der Nutzer merkt davon gar nichts.
Gebühren verlangt der Konzern nur für Software, die zentral Chromebooks in Behörden oder Unternehmen verwaltet und einrichtet. Derzeit sind es rund 50 Dollar pro Gerät und Jahr, im Bildungsbereich weniger.
Das Kalkül: In Zukunft sollen Berufsanfänger schon in Schule oder Uni mit Chrome OS und Google Docs gearbeitet haben, nicht mit Windows und Office, Mac OS und Pages. Die Rivalität der großen Konzerne nimmt damit weiter zu.
Wie erfolgreich die Chromebooks mit ihrem Cloud-basierten Konzept Marktführer Microsoft auf die Pelle rücken, sehe man am gerade erst vorgestellten Windows 365, so Constellation-Analyst Müller: Unternehmenskunden mieten dabei ein voll ausgestattetes und ins Firmennetzwerk integriertes Betriebssystem, das auf den Servern des Konzerns läuft.
Dieses können sie via Internet von verschiedenen Endgeräten aus bedienen, auch von iPhones oder Chromebooks. „Verbraucher und Geschäftsanwender wollen eine leicht bedienbare, immer verfügbare Plattform für ihren Arbeitsplatz der Zukunft“, so Analyst Müller.
Für Canalys-Analyst Lynch zeichnet sich in den nächsten Jahren eine harte Konkurrenz ab: Apple will mit den Mac-Geräten, die den eigenen M1-Chip verwenden, in den Unternehmensbereich vorstoßen, während Microsoft gerade die Einführung von Windows 11 vorbereitet. „Der Wettkampf um die Führung im PC-Betriebssysteme-Markt wird so gnadenlos werden wie seit langer Zeit nicht mehr.“ Und Google will diesmal kräftig mitmischen.
Mehr: Windows 11: Das Milliardengeschäft mit dem kostenlosen Upgrade
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Ich finde den Artikel schlecht recherchiert. Es fehlt zwei wirkliche Highlights: Der vollwertige Playstore für Android-Apps, besonders nützlich bei Convertibles. Und das vollwertige Linux in einer virtuellen Maschine, wo auch richtige Programme wie das Office-Paket von Softmaker installiert werden kann.
Also von einer Premium-Zeitschrift wie das Handelsblatt erwarte ich hier wirklich mehr!
Google Chrome bleibt für all diejenigen völlig nutzlos, den Datenschutzgesetze die Speicherung von Daten in GoogleDoc gesetzlich verbieten.