Datenschutz Apple-Chef Tim Cook verteidigt sich gegen die Zuckerberg-Attacke

Der Manager lobt im Interview die Datenschutz-Bemühungen der EU.
San Francisco, Düsseldorf Apple-Chef Tim Cook verteidigt den Kurs seines Konzerns beim Datenschutz. „Was um alles in der Welt soll denn dafürsprechen, den Nutzer in die Irre zu führen?“, sagte Cook im Interview mit dem Handelsblatt. Apple will den Nutzern mehr Kontrolle über die Daten geben, die Internetkonzerne über sie sammeln.
Der Nachfolger von Steve Jobs geht damit auf volle Konfrontation zu Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Dieser hatte Apple am Mittwoch vorgeworfen, der iPhone-Konzern missbrauche das Privatsphäre-Argument für unfairen Wettbewerb mit Facebook.
Dessen Chat-Apps Messenger und WhatsApp konkurrieren mit Apples iMessage, das auf iPhones vorinstalliert ist. „Apple hat allen Grund, seine dominante Plattform zu missbrauchen, um unsere Apps und ihre Funktionen zu behindern“, sagte der Facebook-Gründer vor Analysten.
Anlass für den Streit von zwei der mächtigsten Konzerne der Welt ist die „App Tracking Transparency“-Initiative (ATT). Ab diesem Frühjahr sollen Programme auf Apple-Geräten das Verhalten von Nutzern in anderen Apps nur noch verfolgen dürfen, wenn diese dem aktiv zugestimmt haben. Bislang müssen Nutzer aktiv widersprechen – im Untermenü eines Untermenüs auf dem iPhone.
Der Kern von Zuckerbergs Kritik: Als Betreiber des App Stores setzt Apple Regeln, die dann für seine eigenen Apps ebenso wie für deren Konkurrenten gelten. Aus einem ähnlichen Grund ermittelt die EU-Kommission seit Juni bereits gegen den Konzern aus Cupertino.

Ab diesem Frühjahr sollen Programme auf Apple-Geräten das Verhalten von Nutzern in anderen Apps nur noch verfolgen dürfen, wenn diese dem aktiv zugestimmt haben.
Laut einem Bericht des Tech-Portals „The Information“ erwägt Facebook nun sogar, in den USA eine Kartellklage gegen Apple anzustrengen. Es wäre eine Eskalation zwischen Tech-Riesen, wie sie das Silicon Valley noch nicht gesehen hat.
Dass Apple sich selbst bevorzugt, weist Cook im Interview zurück: „Das hat damit überhaupt nichts zu tun“, sagt er über den Zuckerberg-Vorwurf. „Apple entscheidet nicht. Wir überlassen es dem Nutzer, ob er getrackt werden will.“
Der Elektronikhersteller selbst ermöglicht auf iPhones, iPads oder Mac-Computern personalisierte Werbung, die aber nicht auf einzelne Personen zugeschnitten ist: Über ein Programm können Entwickler beispielsweise im App Store Anzeigen schalten. Der Konzern betont, dass er die Nutzer in Segmente mit mindestens 5000 Leuten einteile und keine Daten an Broker gebe. Die Deaktivierung erfolgt über ein separates Menü.
„Eines der wichtigsten Themen dieses Jahrhunderts“
Der Chef des wertvollsten Konzerns der Welt sieht sich auf der richtigen Seite der Geschichte: „Privatsphäre ist eines der wichtigsten Themen dieses Jahrhunderts. Wir müssen sie schützen und Menschen die Werkzeuge geben, sich selbst zu schützen“, so Cook.
In einer Rede vor der Datenschutz-Konferenz CPDP in Brüssel hatte Cook Facebook am Donnerstag massiv kritisiert, ohne dabei den Namen des Unternehmens zu nennen: „Wenn ein Unternehmen darauf angewiesen ist, Nutzerdaten zu missbrauchen, verdient es unser Vertrauen nicht.“
Der Apple-Chef warf Betreibern sozialer Netzwerke indirekt vor, mit ihren Empfehlungsalgorithmen der Gesellschaft zu schaden: „Wir müssen nach den Konsequenzen fragen, wenn Verschwörungstheorien und Anstiftung zur Gewalt verbreitet werden, nur weil sie zu hoher Nutzerinteraktion führen.“ Die größten derartigen Netzwerke: Facebook, Instagram und die Google-Tochter Youtube.
Im Kampf der Giganten geht es um Prinzipien, aber auch um Milliarden. Die Geschäftsmodelle der beiden Unternehmen unterscheiden sich fundamental: Während Facebook das Internet kostenlos machen und Einnahmen über Werbung erzielen will, bevorzugt Apple Bezahlmodelle – etwa wenn Spielehersteller, Medienunternehmen oder Videodienste Inhalte über den App Store verkaufen.
Gleichzeitig sind sie gegenseitig voneinander abhängig: Facebook braucht die vielen iPhone-Nutzer, damit die eigenen Dienste erfolgreich sein können. Apple ist auf attraktive Apps angewiesen, um die Premiumpreise für die eigene Hardware rechtfertigen zu können – ohne Facebook, Instagram und WhatsApp geht es somit nicht.

„Apple hat allen Grund, seine dominante Plattform zu missbrauchen, um unsere Apps und ihre Funktionen zu behindern.“
Die Abhängigkeit wurde in der Analysten-Konferenz deutlich, in der Zuckerberg Apple den Fehdehandschuh hinwarf: Finanzchef David Wehner warnte seine Investoren vor den Folgen von Apples Transparenz-Initiative. Diese bringe „signifikante Unsicherheit“ in das Werbegeschäft, von dem Facebooks Umsatz fast vollständig abhängt.
Eric Seufert, ein US-Werbeexperte, schätzt den Schaden für Facebook im zweiten Quartal auf bis zu sieben Prozent seines Umsatzes oder fünf Milliarden Dollar. Am Donnerstag verlor die Facebook-Aktie mehr als 2,5 Prozent an Wert.
Der Effekt der neuen Regeln wird aber weniger Werbung in Facebooks eigenen Apps betreffen, sondern Entwickler, die das „Facebook Audience Network“ nutzen. Dabei bezahlt beispielsweise der Entwickler eines Handyspiels Facebook dafür, das Verhalten eines Spielers in anderen Apps zu beobachten, um in sein Spiel zielgenauere und deshalb lukrativere Werbung anzuzeigen.
Alternative Werbeformate
Im Krieg der Worte versucht Facebook deshalb, kleine Entwickler an seine Seite zu ziehen. „Wir wehren uns gegen Apple, um kleinen Unternehmen überall zu helfen“, waren die ganzseitigen Anzeigen überschrieben, die Facebook im Dezember in Zeitungen wie der „New York Times“ schaltete. Auch Buchläden, Pizzerien und andere kleine Händler seien gerade in der Pandemie auf zielgenaue Werbung angewiesen, um Kunden zu erreichen, die nicht mehr in eine Filiale kommen.
Apple widerspricht dem Argument, dass die Tracking-Abfrage kleinen Unternehmen schade. Ein Apple-Mitarbeiter, der an der Initiative mitarbeitet, zieht eine Parallele zur „Intelligent Tracking Prevention“, mit der Apple 2017 das Tracking in seinem Safari-Browser stark einschränkte. Der Mitarbeiter verweist darauf, dass die Angst vor sinkenden Werbeeinnahmen mit Apple-Nutzern stark übertrieben gewesen sei. Tatsächlich sei der Umsatz der Werbeindustrie danach gestiegen. Allerdings zitierte das Fachmagazin „Digiday“ 2019 Betreiber von Internetseiten, deren Umsatz pro Klick nach ITP um 40 Prozent fiel.
Apple verweist zudem auf andere, vielversprechende Werbeformate, die ohne Tracking funktionieren: Werbung mit „First-Party-Data“, bei der ein Seitenbetreiber nur selbst gesammelte Nutzerdaten verwendet, und kontextbezogene Werbung.
Mit Letzterer hat der niederländische öffentlich-rechtliche Rundfunk NPO gute Erfahrungen gemacht. Statt seine Online-Werbeplätze über eine Plattformen von Google zu versteigern, bietet er Werbetreibenden 23 inhaltliche Kanäle wie „Musik“ und „Königshaus“ auf der Seite an. Wer die Werbung dann sieht, erfährt der Werbekunde nie. Und NPO verdient nach eigenen Angaben mehr als zuvor.
Die „New York Times“ wiederum hat im Juni ihre eigene First-Party-Data-Plattform gestartet, die auf Basis etwa von Lesegewohnheiten ihrer Abonnenten gezielte Werbung ausspielt. Das New Yorker Medienhaus nutzt Google nur noch als Cloud-Plattform, nicht mehr als Werbe-Dienstleister.

Die Chef von Apple und Facebook tragen ihren Datenschutz-Streit öffentlich aus.
Wie sich die Änderungen auf die Masse der Unternehmen – besonders der kleinen – auswirken, lässt sich derzeit allerdings noch nicht absehen. Die Umstellung auf thematische Werbung ist mit Aufwand verbunden Und eigene Tracking-Systeme können viele mangels Reichweite vermutlich nicht aufbauen.
Google kann sich von der Kritik von Apple-Chef Cook genauso gemeint fühlen. Mit Youtube hat das Unternehmen eine eigene Plattform, die Extremisten für die Werbung und Radikalisierung von Mitgliedern genutzt haben.
Streit über Beipackzettel für Apps
Und ATT wird Googles Werbe-Netzwerk ähnlich treffen wie das von Facebook: Durch die Veränderungen würde es schwerer für App-Entwickler „nachzuvollziehen, welche Werbung zu Umsatz oder App-Installationen geführt haben“, schreibt das Unternehmen auf seinem Blog.
Auch an einer anderen Stelle liegen Google und Apple über Kreuz: Seit dem 8. Dezember verlangt Apple von Entwicklern in seinem App Store, bei Updates eine Art Beipackzettel für den Datenschutz anzuhängen. Darauf können Nutzer vor dem Herunterladen einer App studieren, welche Daten die App über sie sammelt.
Google hat offenbar aus diesem Grund seit bald zwei Monaten keine Updates für wichtige Apps wie Maps, Youtube oder Gmail mehr bei Apple angemeldet. Normalerweise werden die Anwendungen, die jeweils mehr als eine Milliarde Menschen verwenden, mindestens alle paar Tage erneuert, schon um kleine Software-Fehler zu entfernen.
Die Kennzeichnung haben die Google-Apps bis heute nicht. Am Mittwoch hat Google angekündigt, neue Versionen der Apps demnächst mit dem Label im App Store hochzuladen.

Google hat offenbar seit längerem keine Updates für wichtige Apps wie Maps, You Tube oder Mail mehr bei Apple angemeldet.
Inzwischen arbeitet aber auch Google daran, Online-Werbung und Datenschutz besser zu vereinbaren. Statt mit Cookies, die einen Nutzer quer über Internetseiten identifizieren, will der Onlineriese aggregierte Daten Tausender Nutzer verwenden, um zielgenaue Werbung auszuspielen. Die Daten des einzelnen Nutzers sollen dabei anonym bleiben. Bis 2022 will Google Cookies von Fremdseiten in seinem Chrome-Browser, dem meistgenutzten der Welt, ganz abschaffen.
Mit seinen Datenschutzinitiativen treibt Cook seine Konkurrenten aus dem Silicon Valley vor sich her. Doch der Apple-Chef hofft auch auf die Politik. Ein bundesweites Datenschutzgesetz in den USA gibt es etwa immer noch nicht. „Ich hoffe, es wird mehr Regulierung geben“, sagt Cook dem Handelsblatt und lobt die EU und ihre Datenschutz-Grundverordnung. „Die DSGVO ist eine großartige Grundlage. Ohne diese Initiative wären wir heute in einer noch übleren Situation.“
Cook reicht das aber nicht: „Ich bin dafür, noch weiter zu gehen. Neue Gesetze sollten Datensparsamkeit als Grundlage haben. Außerdem brauchen Nutzer Zugang zu und Kontrolle über die Daten, die über sie gesammelt werden.“
Mehr: Apple und Facebook feiern Rekordgewinne trotz Pandemie.
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Diese ganze Facebook Story ist doch kompletter Schwachsinn für saudumme Selbstdarsteller. Der Facebook laden nichts weiter als eine riesige Abzocke dieser Idioten. Es gab mal etwas ähnliches mit " Wer kennt Wen". Ich hatte das einmal angeschaut und sofort gestoppt. Einerseits Datenschutz ohne Ende und dann entblößen für den Rest der Welt und diesen -zugegeben- cleveren kleinen Abzocker Zuckerberg, der damit unvorstellbare Vermögen erzielt hat. Letztendlich ein Zeichen dafür wie blöd die Menschen sind.