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Deutsches Decacorn Celonis und der US-Konzern Service Now starten strategische Partnerschaft

Ex-SAP-Chef Bill McDermott und das deutsche Decacorn wollen künftig ihre Software gemeinsam verkaufen. Zudem wolle Service Now in Celonis investieren.
06.10.2021 - 15:00 Uhr Kommentieren
Der Celonis-Mitgründer und der Service-Now-Chef berichten den Celonis-Kunden auf der Hauskonferenz „Celonis World Tour“ am Mittwochabend über ihre neue Partnerschaft. Das Gespräch der beiden wurde vorab aufgezeichnet.
Alexander Rinke (links) und Bill McDermott

Der Celonis-Mitgründer und der Service-Now-Chef berichten den Celonis-Kunden auf der Hauskonferenz „Celonis World Tour“ am Mittwochabend über ihre neue Partnerschaft. Das Gespräch der beiden wurde vorab aufgezeichnet.

Düsseldorf Der US-Konzern Service Now und das aufstrebende Münchener Technologieunternehmen Celonis arbeiten künftig als strategische Partner zusammen. Die beiden Unternehmen wollen gemeinsame Produkte entwickeln, gegenseitig ihre Dienste verkaufen und beim Marketing kooperieren. Konkret geht es darum, Unternehmenskunden zunächst die Analyse ihrer Geschäftsprozesse zu ermöglichen und sie dann durch digitale und automatisierte Prozesse zu verbessern.

Bill McDermott, CEO von Service Now, erklärte das Zusammenwirken beider Unternehmen gegenüber dem Handelsblatt so: „Celonis macht die Röntgenaufnahme: Was ist los mit dem Patienten?“ Die Software des Unternehmens analysiere, wie das Geschäft läuft, wo Engpässe auftreten und welche Änderungen zu besseren Ergebnissen führen könnten. „Service Now kann dieses Analyseergebnis sofort aufgreifen und Arbeitsabläufe automatisieren“, sagte McDermott. Der US-Manager hat Ende 2019 seinen Job bei Service Now angetreten, zuvor war er fast zehn Jahre lang Chef des Walldorfer Dax-Konzerns SAP.

Die Anwendungen des wertvollsten deutschen Start-ups erhalten durch die Vertriebspartnerschaft mit Service Now eine weitere Aufwertung. Beide eint, dass sie Dienste zahlreicher Unternehmen integrieren. Celonis gilt als einer der Pioniere und Marktführer im „Process Mining“.

Der Begriff ist an den Bergbau angelehnt: So wie in Minen Bodenschätze erschlossen werden, befördert Celonis Daten sämtlicher Geschäftsprozesse aus den unterschiedlichsten Systemen an die Oberfläche. Dadurch werden Abläufe visualisiert, analysierbar und zum Teil automatisch optimierbar. Beispiel Lufthansa-Tochter Cityline: Für die Airline hat Celonis eine Anwendung gebaut, mit der sich die Abfertigung von Flugzeugen je nach Aufkommen von Passagieren und Gepäck und nötigen Wartungen so zeitsparend wie möglich organisieren lässt.

Service Now agiert eine Ebene darüber: Mit seiner Cloud-Plattform können Kunden Geschäftsprozesse über verschiedene IT-Systeme hinweg gestalten und automatisieren. Bekannt geworden ist das Unternehmen mit Lösungen für IT-Abteilungen, es will das Prinzip aber auf zahlreiche andere Bereiche der Geschäftswelt übertragen.

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Eine Lösung fürs Personalwesen soll etwa neuen Mitarbeitern den Start erleichtern. Sie können mit wenigen Klicks ihr E-Mail-Postfach einrichten, ein Notebook bestellen und ihre Daten an die Personalabteilung übermitteln. Dafür greift die Software über Schnittstellen auf Systeme von Anbietern wie SAP, Salesforce, Microsoft oder Oracle zu, wo die Daten liegen.

Billionenmarkt Hyperautomatisierung

Die Chefs beider Unternehmen betonten vor allem die Vorteile ihrer Zusammenarbeit für die Kunden. Alexander Rinke, Co-CEO und Mitgründer von Celonis, sagte: „Wir glauben, dass die Gewinner der digitalen Innovation diejenigen Unternehmen sein werden, die in jeder Facette ihres Geschäfts datenbasiert arbeiten.“

In den vergangenen drei Jahren seien drei Billionen Dollar in die digitale Transformation investiert worden, aber nur eins von fünf Projekten sei rentabel, sagte Bill McDermott. „Grund Nummer eins ist, dass die Sachen nicht gut integriert werden.“ Erste gemeinsame Anwendungen von Service Now und Celonis sind für die erste Jahreshälfte 2022 angekündigt.

Bisher nutzten nach Schätzungen der Chefs bereits 20 Prozent der Celonis-Kunden auch Service Now. Langfristig erwartet sich Bill McDermott von der Partnerschaft für beide Unternehmen nach eigenen Angaben „Tausende neuer Kunden“. Celonis und Service Now seien Teil des Wachstumsmarkts für Hyperautomatisierung, der laut Prognosen in drei Jahren acht Billionen Dollar umfassen werde.

Mit der Ankündigung der Partnerschaft gab Service Now auch bekannt, dass das Unternehmen eine strategische Investition in Celonis beabsichtige. Zu den Konditionen wollten sich beide Unternehmen nicht äußern. Fest steht, dass Celonis mittelfristig einen eigenständigen Börsengang anstrebt. Bei der jüngsten Finanzierungsrunde wurde das Jungunternehmen mit 11,1 Milliarden Dollar (zum damaligen Kurs: 9,1 Milliarden Euro) bewertet. Da die Bewertung zehn Millionen Dollar übersteigt, gilt Celonis als erstes und bislang einziges deutsches Decacorn.

Service Now seinerseits übertraf zuletzt wiederholt die Erwartungen der Analysten. Im zweiten Quartal hatte das Unternehmen wieder deutlich zweistellige Wachstumsraten gemeldet, auch die Profitabilität konnte deutlich gesteigert werden. Die Marktkapitalisierung liegt derzeit bei 125 Milliarden Dollar (108 Milliarden Euro).

Interessant ist, dass Bill McDermott und Celonis eine Vorgeschichte haben: In seiner Zeit als SAP-Chef arbeitete der Manager mit den Gründern zusammen. Schon damals sei er ein großer Unterstützer gewesen, sagt Rinke. „Er hatte wirklich größere Sorgen als unser gemeinsames Geschäft über 1,5 Millionen Dollar“, sagt der Gründer. Aber wenn er am 31. Dezember eine Mail an den damaligen SAP-Chef geschickt habe, um sich für die Kooperation zu bedanken, habe der sich innerhalb von fünf Minuten für die „großartigen Nachrichten“ bedankt und ihn weiter angespornt: „The sky is the limit.“

Celonis übernimmt Anbieter für Livedaten

Inzwischen hat die Beziehung zu SAP eine Wendung genommen. Der Walldorfer Konzern hat im Mai den Celonis-Konkurrenten Signavio gekauft. Seitdem sind beide Firmen praktisch Wettbewerber. Service Now und Celonis betonten, dass ihre Partnerschaft nicht exklusiv sei: Kunden stehe es weiterhin frei, mit Wettbewerbern beider Unternehmen zu kooperieren.

Celonis hat sich unterdessen auch selbst durch einen Zukauf verstärkt. Anfang der Woche wurde die Übernahme des Livedaten-Anbieters Lenses.IO bestätigt. „Sie erlauben uns, Daten aus Hunderten Quellen in Echtzeit in Celonis zusammenzuführen“, sagte Rinke. Wie Celonis-Kunden damit ihre Geschäftsprozesse weiter optimieren können, erklärte er am Beispiel der Lufthansa Cityline: Vor jedem Flug müssten die Piloten bisher auf Basis ihrer Erfahrungen entscheiden, wie viel Benzin getankt wird. Dabei spielten verschiedene Faktoren eine Rolle – wie das Wetter, die Route, das Flugzeug, die Gepäckmenge und die Anzahl der Passagiere.

Im Ergebnis werde heute oft zu viel getankt, und das entsprechend schwere Flugzeug verbrauche mehr Benzin als nötig: „Mit Lenses können wir für den Piloten in Echtzeit alle Informationen verarbeiten und Empfehlungen geben, wie viel Sprit er mitnehmen soll.“ Dazu würden unter anderem Wetterdaten verarbeitet, die Daten aus dem Check-in- und Gepäck-System. Lenses.IO hat 60 Mitarbeiter in London und Athen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Mehr: Bewertung übersteigt zehn Milliarden Dollar: Münchener Start-up Celonis ist erstes deutsches Decacorn

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