E-Commerce iPhone und Laptop als Abo: Miet-Plattform Grover erhält Milliardenfinanzierung

Das Miet-Commerce Grover erhielt gerade eine Milliardenfinanzierung.
Düsseldorf Technische Hardware, seien es Smartphones, Notebooks oder Tablets, sind Dinge, die man heute haben „muss“ – und weniger haben „will“. Dieser Überzeugung ist Michael Cassau, der CEO von Grover. Über seine Plattform kann man elektronische Geräte monatlich mieten – ähnlich wie das Leasing von Autos oder das Streaming-Abo von Netflix.
Cassau trifft damit einen wichtigen Punkt in der Gesellschaft: Güter nicht immer neu zu kaufen und alte Produkte wegzuwerfen. Denn immer mehr Menschen sind der Überzeugung, dass man Geräte – vor allem teure – wiederverwenden sollte. In einer Studie von EY (Ernst & Young) sagten von 2500 Konsumenten 55 Prozent aus, beim Kauf auf Langlebigkeit zu achten. „Wir wollen mehr Menschen Zugang zu Technik bieten und dabei gleichzeitig den alarmierenden Trend zu mehr Elektroschrott umkehren“, sagt der Gründer.
Die zirkuläre Wirtschaft, in der Produkte am Ende ihres Lebenszyklus wiederverwendet oder recycelt werden, um möglichst viele Emissionen zu sparen, ist mittlerweile nicht mehr nur eine der Ideen für den Klimaschutz. Sie ist auch ein lukratives Geschäft geworden. So hat beispielsweise Bosch schon Initiativen für die Vermietung, Rückgabe und Neuverwertung seiner Haushaltsgeräte gestartet. Bei Apple können Kunden ihre alten Geräte eintauschen oder recyclen lassen. Audi etwa gibt Materialaussonderungen an die Lieferanten zurück, damit diese sie wiederverwenden. Gleichzeitig wachsen auch Firmen, bei denen man unterschiedlichste Produkte eben mieten und wieder zurückgeben kann.
Aktuell gab es für Grover eine kräftige Finanzspritze: Das Start-up erhielt eine Milliarde US-Dollar große Asset-Backed-Finanzierung, also Geld für die Produkte, die das Start-up seinen Kunden später vermietet. Außerdem erhielt das Miet-Commerce eine Erweiterung zu seiner Serie-B-Finanzierung: Die Investoren haben von knapp 70 Millionen US-Dollar auf 100 Millionen Dollar aufgestockt.
Anführer der Asset-Finanzierung: Hedgefonds Fasanara Capital aus London
Angeführt wurde die Asset-Finanzierung vom Hedgefonds Fasanara Capital aus London. Der Investor konzentrierte sich bislang meist auf Fintech-Start-ups, Immobilien und andere Vermögenswerte. „Grover ist auf dem besten Weg, Weltmarktführer im 280 Milliarden US-Dollar schweren Markt für Miet-Commerce von Tech-Produkten zu werden“, sagt Fasanara-CEO Francesco Filia.
Mit dem Fremdkapital siedelt das gesamte Produktportfolio nun in eine eigene Gesellschaft, die sich ganz von der Grover Group trennen soll, heißt es vom Unternehmen. „Die gesamten Produktwerte gehören jetzt zu einer eigenen Gesellschaft und sind nicht auf der Bilanz von Grover selbst“, sagt Vorstandschef Cassau im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Das erlaubt uns, schneller zu wachsen.“ Die Zahl der zu vermietenden Geräte will das Start-up bis ins Jahr 2024 von aktuell 475.000 auf fünf Millionen steigern.
In den letzten zwölf Monaten konnte Grover laut Cassau die annualisierten Mieteinnahmen auf fast 100 Millionen Euro steigern – und erzielte alleine im Jahr 2020 ein Umsatzwachstum von mehr als 150 Prozent. In diesem Jahr erwartet Cassau erneut ein 150-prozentiges Wachstum.
Auf der Plattform finden Kunden 3000 verschiedene technische Geräte, die sie mit einem Abonnement für ein paar Monate oder auch für zwei Jahre ausleihen können. Sie zahlen monatlich einen Betrag, können die Produkte dann nach Ablauf des Abos zurückgeben, weitervermieten oder auch kaufen.
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Vermietung wie Kredit mit kleinem Zinssatz
Die Vermietung kann man sich vorstellen wie einen Kredit mit kleinem Zinssatz: Kostet etwa eine neue, große Musikbox von Soundboks im Geschäft 800 Euro, kann man diese bei Grover für knapp 45 Euro monatlich mieten. Nach 23 Monaten kann man sie dann für einen Euro zusätzlich kaufen – was sie 1036 Euro teuer macht.
Laut Cassau lohnt sich das Mietmodell trotzdem: „Es gibt drei Möglichkeiten: Entweder man kauft etwas direkt teuer, man kauft etwas und muss einen Kredit abfinanzieren, oder man mietet es eben und hat dann die Möglichkeit, es auch wieder zurückzugeben.“

CFO Thomas Antonioli und CEO Michael Cassau erwarten ein deutliches Umsatzplus.
In der zirkulären Wirtschaft mit Tech-Produkten ist Grover, zumindest in Deutschland, bisher keiner großen Konkurrenz ausgesetzt. Der Versandkonzern Otto bot bis Anfang des Jahres eine ähnliche Miet-Plattform an. Seine Verleihsparte Otto Now schloss nach vier Jahren im Januar das Geschäft. „Die Produktvermietung ist in Deutschland nach wie vor ein Nischenmarkt. Konsumenten bevorzugen meist den Kauf eines Produktes“, sagte damals der Bereichsvorstand des Unternehmens.
Andere Start-ups, die sich mit der Wiederverwendung von Tech-Produkten beschäftigen, etwa die Gebrauchtwaren-Plattform Rebuy, wirtschaften im Gegensatz profitabel. Seit der Gründung 2010 erzielt das Unternehmen immer höhere Umsätze, 2020 lag dieser über 150 Millionen Euro. Allerdings verleiht Rebuy keine Tech-Produkte, sondern verkauft sie als Secondhandware.
Cassau jedenfalls ist überzeugt, dass sein Geschäftsmodell auf Dauer funktioniert. Er will „vorhandene Finanzierungsmodelle zerschlagen und innovieren“. Konkurrenz zu seinem Modell sieht er eher in Unternehmen wie Klarna: einem Fintech, das flexible Bezahlungszeiträume von Waren anbietet. „Im Konsumentenfeld sind wir immer noch im letzten Jahrhundert, denn man kauft immer noch neue Geräte, ohne sie jemals für zehn Jahre besitzen zu wollen“, meint Cassau.
Weniger Elektroschrott und eingesparte Emissionen
Auf die Idee mit Grover kam der Gründer allerdings nicht durch Technologien. Erst arbeitete er in London, wollte danach wieder ein paar Monate in seine Heimat Berlin ziehen und dann wieder zurück nach London. „Ich musste mein zwischengemietetes Apartment möblieren“, erzählt Cassau, „und für mich wäre es praktisch gewesen, Sofa, Bett und andere Möbel einfach für ein paar Monate mieten zu können.“
Zu seiner Kundschaft gehören heute nicht nur private Personen, die Kameras und Kopfhörer für die Freizeit benötigen. Auch bekannte Unternehmen mieten Geräte, darunter etwa Gorillas, der Zehn-Minuten-Lieferservice für Lebensmittel. Auch die Unternehmensberatung McKinsey zählt zu Grovers Kunden.
Mit dem Geschäftsmodell erzielt Grover eigenen Angaben zufolge auch den Nebeneffekt, Emissionen zu sparen und Elektroschrott zu vermindern. Das Start-up will bis Ende 2024 mit den vermieteten Handys, Fernsehern und anderen Waren mehr als 24.000 Tonnen Elektroschrott vermeiden.
Demnächst will Vorstandschef Cassau außerdem noch einen Schritt weitergehen: Wenn die Produkte nicht mehr funktionieren oder nicht mehr repariert werden können, sollen sie recycelt werden. Bald will er dafür einen Nachhaltigkeitsbeauftragten ins Team holen. Dieser soll dann etwa Partnerschaften mit Recyclingunternehmen vereinbaren.
„Dafür müssen aber Unternehmen ihre Produkte auch wiederverwertbar herstellen, statt sie als Einwegprodukte zu bauen“, erklärt der Gründer. Jedes Produkt, das erst durch den Zirkular-Kreislauf geht, muss eben am Ende seines Lebens auch in das Recycling gehen können, sagt Cassau.
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Das Modell finde ich gut, insbesondere für projektbezogenen Technikbedarf. Nur "kleiner Zinssatz" finde ich zum Schenkelklopfen komisch. Im geschilderten Beispiel sind das fast 30% für 2 Jahre.