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Elektronikhersteller Chipmangel „bis Mitte nächsten Jahres“ – Lenovo-Chef über Lieferengpässe und die Neuerfindung des Konzerns

Der größte PC-Hersteller der Welt vermeldet Rekord-Zuwächse. Konzernchef Yang Yuanqing erklärt, warum er dennoch umbauen will.
05.09.2021 - 13:03 Uhr Kommentieren
Lenovo-Chef Yang Yuanqing will sich nicht nur auf das Wachstum mit PCs verlassen. Quelle: Bloomberg
Lenovo will expandieren

Lenovo-Chef Yang Yuanqing will sich nicht nur auf das Wachstum mit PCs verlassen.

(Foto: Bloomberg)

Düsseldorf Wie die Zukunft von Lenovo aussehen soll, können Besucher seit einigen Wochen in einem „Future Center“ in Schanghai besichtigen. Der chinesische Konzern hat mehrere Szenarien aufgebaut, um die Einsatzmöglichkeiten seiner Technologie zu zeigen – zum Beispiel bei der Verwaltung von Städten oder der Steigerung von Ernten: „Smart City“ und „Smart Agriculture“ lauten die Schlagworte. Der wohl markanteste Hingucker: ein Industrieroboter, der Besuchern winkt.

Die Ausstellung ist ein Signal, nach außen wie nach innen. Lenovo ist der größte PC-Produzent der Welt, das Geschäft läuft seit dem Ausbruch der Pandemie blendend – doch Vorstandschef Yang Yuanqing schwört den chinesischen Konzern auf eine neue Strategie ein. Der soll von einem Gerätehersteller zu einem Technologiekonzern werden, der auch Software und Dienstleistungen anbietet.

Mit Technologien wie Cloud-Computing, künstlicher Intelligenz und dem Internet der Dinge verändere sich die IT-Architektur fundamental, sagte Yang dem Handelsblatt. Die beschleunigte digitale Transformation biete weltweit große Chancen – darauf müsse das Unternehmen reagieren. So richtete das Management im Frühjahr die Solutions and Services Group ein, die Lösungen für bestimmte Branchen entwickeln soll, wie man in Schanghai besichtigen kann.

Es ist eine Gelegenheit für Lenovo, neue Märkte zu erschließen. Es ist aber auch eine Versicherung gegen das Risiko, dass PCs nach der Pandemie eines Tages wieder als langweilige und austauschbare Produkte gelten, die man nutzt, bis sie kaputtgehen – wie vor gut anderthalb Jahren noch.

Die Gegenwart von Lenovo hat mit den Szenarien im „Future Center“ nur bedingt zu tun. Der chinesische Konzern ist primär ein PC-Hersteller. Im vergangenen Geschäftsjahr bis Ende März trug die Sparte mit Notebooks, Desktops und Tablets 80 Prozent zum Umsatz bei, der kräftig auf 60,7 Milliarden Dollar wuchs – so viel wie noch nie.

In der aktuellen Situation ist das kein Nachteil: Seit dem Ausbruch der Pandemie haben sich viele Verbraucher mit Computern und Zubehör ausgestattet, um zu Hause arbeiten, lernen und spielen zu können. Im vergangenen Jahr stieg der globale Absatz nach Einschätzung des Marktforschers Gartner um rund fünf Prozent auf 275 Millionen Einheiten, trotz zwischenzeitlicher Lieferschwierigkeiten. Die Nachfrage steigt weiter, wenn auch langsamer.

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„Die Pandemie hat die Arbeit und das Leben verändert. Der PC hat ein Comeback im Mittelpunkt des Lebens erlebt“, ist Lenovo-Chef Yang überzeugt. Das werde auch so bleiben – etwa durch neue Arbeitsmodelle. Eine Studie des Konzerns zeige, dass die tägliche Nutzungsdauer doppelt so hoch sei wie früher. Die Studien von Marktforschern, die jetzt ein schwächeres Wachstum erwarten, hält er daher für zu pessimistisch.

Der Manager hofft auf einen neuen Zyklus: Wenn Nutzer sich eine eigene Ausstattung fürs Homeoffice anschaffen, benötigen sie irgendwann ein Upgrade. Und weil sie viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen, schaffen sie sich eine hochwertige Ausstattung an, was für den Computer wie fürs Zubehör gilt.

Störungen durch geopolitische Konflikte konnte Lenovo bislang vermeiden. Das Unternehmen hat seit der Übernahme des PC-Geschäfts von IBM eines der Hauptquartiere im US-Staat North Carolina und ist – anders als die chinesischen Elektronikhersteller Huawei und ZTE – von Sanktionen verschont geblieben.

Der Computerhersteller will das Geschäft breiter aufstellen. Quelle: Lenovo
Roboter von Lenovo

Der Computerhersteller will das Geschäft breiter aufstellen.

Allerdings erschwert der globale Chipmangel das Geschäft. Die Lieferzeiten für Komponenten steigen, ebenso die Preise. Auch Lenovo bekomme das zu spüren, bei PCs ebenso wie bei Smartphones und Rechenzentrumszubehör, berichtet Yang, der sich intern bei seinen englischen Initialen „Why-Why“ nennen lässt. „Mindestens bis Mitte nächsten Jahres“ werde die Situation andauern.

Der Manager sieht darin aber eine Chance: „Lenovo hat die beste Lieferkette der Welt.“ Die Beziehung zu den Zulieferern sei sehr eng. „Ich bin zuversichtlich, dass wir schneller als der Wettbewerb wachsen können“, ist er daher überzeugt. Der Auftragsbestand wachse von Quartal zu Quartal.

Nutzer müssen sich allerdings auf weiter steigende Preise einstellen. Zum einen geben die Hersteller die Kosten für die Komponenten weiter, zum anderen fokussieren sie sich bei der Produktion auf Kategorien, die mehr Gewinn abwerfen, beispielsweise hochwertige Notebooks. Auch Lenovo hat die durchschnittlichen Preise zuletzt steigern können.

Neue Struktur für neue Geschäftsfelder

Die derzeitige Sonderkonjunktur kommt für die PC-Hersteller unverhofft, angesichts der Verbreitung von Smartphones galten Notebooks und Desktop-Computer zuvor als Auslaufmodelle. Deswegen versucht Lenovo – ähnlich wie Dell – bereits seit einigen Jahren, zusätzliche Geschäftsfelder aufzubauen. Mit durchwachsenem Erfolg.

So hegte das Management große Ambitionen im Smartphone-Geschäft: Nach der Übernahme von Motorola 2014 gab es das Ziel aus, die Nummer eins zu werden, vor Samsung und Apple. Bis heute führen Marktforscher den Konzern jedoch nur unter „Sonstige“. Im letzten Jahr gelang es immerhin, den Umsatz auf 5,7 Milliarden Dollar zu steigern und gleichzeitig die Verluste einzudämmen – YY verspricht nun profitables Wachstum.

Schwierig ist auch das Server-Geschäft, das der Konzern 2014 durch den Kauf der IBM-Sparte stärkte. Es wuchs zwar im vergangenen Jahr auf 6,2 Milliarden Dollar, ist aber angesichts des hohen Konkurrenzdrucks nicht profitabel. Analysten halten dem Management zugute, dass es die Verluste zumindest eindämmt.

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Mit einer neuen Struktur will sich Lenovo nun für die Megatrends der Technologiewelt rüsten. Unter dem Konzerndach gibt es seit April drei Gruppen:

• Die Intelligent Devices Group für Hardware, für die man Lenovo kennt, also PCs, Tablets und Smartphones, außerdem Smart-Home-Produkte und Virtual-Reality-Brillen.

• Die Infrastructure Solutions Group für Infrastrukturlösungen wie Server, Speicher und Netzwerktechnik, ob fürs eigene Rechenzentrum oder die Cloud.

• Und die Solutions and Services Group für Komplettlösungen und Dienstleistungen, zu der klassisches IT-Outsourcing genauso zählt wie die schlüsselfertige Einrichtung von komplexen Systemen.

Besonders mit Speziallösungen, wie sie im „Future Center“ in Schanghai zu sehen sind, will sich Lenovo einen Namen machen, mit Systemen beispielsweise, die Städte steuern und die Erträge in der Landwirtschaft verbessern können. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die im vergangenen Geschäftsjahr rund 1,5 Milliarden Dollar betrugen, sollen deswegen in den nächsten drei Jahren auf das Doppelte erhöht werden.

Erste Erfolge der neuen Strategie

Damit der Plan aufgeht, braucht es allerdings eine Zusammenarbeit über die Grenzen der drei Gruppen hinweg. Yang Yuanqing hat intern das Motto „One Lenovo“ ausgegeben: Die Organisationen sollen gemeinsam Lösungen entwickeln, die ein einheitlicher Vertrieb in 180 Ländern verkauft. „Mit unserer neuen Organisation können wir die Synergien zwischen den verschiedenen Gruppen heben“, ist er überzeugt.

Erste Erfolge sind bereits zu sehen. Im vergangenen Geschäftsjahr stieg der Umsatz mit Software und Services um fast 40 Prozent auf 4,9 Milliarden Dollar, das Plus war also fast doppelt so hoch wie bei Lenovo insgesamt.

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Analysten haben diese Entwicklung genau im Blick: Die neue Gruppe könne zu einer „langfristigen Transformation“ des Konzerns führen, inklusive eines besseren Margenprofils, meint etwa die Schweizer Bank Credit Suisse – mit intelligenten Dienstleistungen, so die Annahme, verdient man mehr als mit PCs.

Für die Entwicklung an der Börse ist das PC-Geschäft allerdings nach wie vor das Maß aller Dinge. So sieht es etwa die Schweizer Großbank UBS, die gerade die Bewertung von Lenovo auf „Neutral“ angehoben hat. Sie erwartet, dass der PC-Hersteller massiv davon profitiert, dass Unternehmen in neue Computer investieren. Der Aktienkurs, der seit März um 30 Prozent gesunken ist, reflektiere das nicht.

Mehr: Michael Dell: „Die Chip-Knappheit wird wahrscheinlich ein paar Jahre anhalten“

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