Elektronikindustrie Samsung tauscht überraschend die Top-Führung aus

Zuletzt hatte Samsung den zweithöchsten Quartalsgewinn der Konzerngeschichte eingefahren.
Tokio Bei Südkoreas Elektronikriesen Samsung Electronics findet im Dezember traditionell ein großes Personalkarussell statt. Doch dieses Mal überrascht der faktische Unternehmenschef Lee Jae-yong die Korea AG mit einem der größten Führungswechsel in der Konzerngeschichte: Im Rahmen einer Unternehmensreform tauscht Samsung die Chefs der drei größten Sparten aus, um den Konzern laut eigenen Angaben „für die Wachstumsphase“ zu positionieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Der TV-Experte Han Jong-hee wird aus der zweiten Reihe zum stellvertretenden Konzernvorsitzenden und CEO der neu geschaffenen SET-Division befördert. Damit wird er für die bisher separat geführten Aushängeschilder Unterhaltungselektronik und IT/mobile Kommunikation zuständig, die zuvor von den Co-CEOs Kim Hyun-suk und Koh Dong-jin geleitet wurden.
Der Geschäftsbereich Device Solutions (DS), sprich die Chipsparte, wird künftig vom Halbleiterexperten Kyung Kye-hyun geleitet, der bisher CEO von Samsung Electro-Mechanics war. Der bisherige Amtsinhaber Kim Ki-nam, der immerhin stellvertretender Konzernvorsitzender war, wurde zum Vorsitzenden des Samsung Advanced Institute of Technology ernannt.
An kollektivem Führungsversagen kann der große personelle Wechsel nicht liegen. Angetrieben von seiner starken Speicherchipsparte hat Samsung im vorigen Quartal einen Rekordumsatz und hohe Gewinne verbucht. Die Märkte hatten daher erwartet, dass die bisherigen Chefs den Konzern weiterführen werden. Hinzu kommt, dass der erst jüngst freigelassene Enkel des Firmengründers Lee sich vor Gericht noch gegen mehrere Anklagen verteidigen muss.
Aber genau dieser juristische Druck treibt Lee zu einer großen Unternehmensreform an, die zwei Ziele verfolgt: Zum einen will er Samsung im globalen Wettbewerb stärken und den Konzern vom Speicherchipspezialisten zu einem der führenden Auftragshersteller von Chips aufbauen. Zum anderen will er sich und Samsung nach seiner Verurteilung wegen Korruption als geläutert darstellen.
Der letzte dynastische Erbe Samsungs
So hatte er jüngst erklärt, dass er durch eine große Reform „ein besseres Samsung“ schaffen wolle. Lee versprach bereits, dass er der letzte dynastische Erbe Samsungs sein werde. Außerdem will er die bisher als undurchsichtig kritisierte Unternehmensführung verbessern und die bisher auf Befehl und Gehorsam aufgebauten Hierarchien abflachen.
Erst vorige Woche hatte der Konzern ein überarbeitetes Personalsystem vorgestellt, das den Aufstieg junger Führungskräfte erleichtern und die Unternehmenskultur flexibler machen soll. Dazu wurde das Dienstalter als wichtiges Kriterium für eine Beförderung abgewertet.
Damit verbindet Samsung die Hoffnung, im Kampf um Talente attraktiver und im globalen Wettbewerb schneller zu werden. Denn die guten Bilanzen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Samsungs einstige Aushängeschilder wie Fernseher und Smartphones, die Samsungs Aufstieg zur Weltmarke begründeten, an Glanz verloren haben.
Die hohen Gewinne haben die Koreaner stattdessen dem langjährigen Boom bei Speicherchips zu verdanken, bei denen Samsung Weltmarktführer ist. Seit Jahren bemüht sich der Konzern daher, neue Wachstumsfelder jenseits der drei Schlüsselsparten zu entwickeln, noch mit geringem Erfolg.
Ausbau der Halbleitersparte
Vor diesem Hintergrund demonstriert die Zusammenlegung von Unterhaltungselektronik und Mobilsparte, wie sehr sich Samsung in diesen Bereichen im Wettbewerb vor allem mit chinesischen Rivalen in der Defensive sieht. Vom neuen Chef Han erwartet der Konzern, dass er „die Synergien zwischen den verschiedenen Geschäftsbereichen in der SET-Division verstärken“ und die Entwicklung „neuer Geschäfte und Technologien“ vorantreiben wird.
Die meisten Investitionen fließen allerdings in den Ausbau der Halbleitersparte. Denn Samsung und auch die koreanische Regierung wollen den Konzern im Wettbewerb mit dem US-Rivalen Intel und dem Weltmarktführer TSMC aus Taiwan zum größten Auftragsfertiger von Computerchips aufbauen.
Erst im November kündigten die Koreaner an, für 17 Milliarden Dollar ein Werk in den USA zu bauen. Der neue Spartenchef Kyung soll mit seiner Expertise in der Chipentwicklung nun Samsungs Führungsposition in angestammten Feldern verteidigen und gleichzeitig „Innovationen im Komponentengeschäft vorantreiben“, teilte der Konzern mit.
Eine Führungsposition ließ Samsung allerdings weiterhin pietätvoll unbesetzt: Obwohl der langjährige Konzernchef Lee Kun-hee bereits im Oktober 2020 verstarb, ließ Samsung das Amt des Verwaltungsratschefs weiterhin unbesetzt. Sein Sohn Lee Jae-yong führt den Konzern vorerst als stellvertretender Vorsitzender.
Mehr: Kein Ende des Booms in der Chipindustrie in Sicht – die Lieferengpässe bleiben.
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