Erster deutscher Spac Hometogo-Börsengang: Große Chancen, starke Konkurrenz

Hometogo bündelt Ferienhaus-Inserate verschiedener Vermietungsplattformen.
Düsseldorf Auch Privatanleger können bald in ein sehr junges Wachstumsunternehmen in Deutschland investieren. Möglich macht das der erste Spac an der Frankfurter Börse.
Das Kürzel steht für „Special Purpose Acquisition Company“ und bezeichnet Zweckfirmen, die zunächst an der Börse Kapital erhalten und erst danach mit dem Erlös auf die Suche nach Zukäufen gehen. Der Vorteil der Konstruktion: Die übernommenen Unternehmen können einen Börsengang schnell und kostengünstig abwickeln.
Diesen Vorzug will Hometogo, eine Vermittlungsplattform für Ferienhäuser, nutzen. Im dritten Quartal dieses Jahres soll die Aktie unter dem Tickersymbol HTG in Frankfurt gehandelt werden. Zwar hat die wagniskapitalfinanzierte Firma noch nicht bewiesen, dass sie profitabel sein kann. Aber: „Wir haben einen Reifegrad erreicht, an dem es aus unserer Sicht Sinn macht, an die Börse zu gehen“, sagte Hometogo-Chef Patrick Andrae dem Handelsblatt.
Dieser Meinung ist auch Investor Klaus Hommels, der die Spac-Idee in Europa populär machen will. Er hat mittels einer Börsenhülle insgesamt 350 Millionen Euro von institutionellen und privaten Anlegern zur Übernahme eines Start-ups eingesammelt.
Jetzt holt er Hometogo per Akquisition aufs Parkett. Die Firma ist aus seiner Sicht nicht nur ein aussichtsreiches Investment, sondern auch „die beste aller Lösungen“, um in Deutschland die Attraktivität von Spacs unter Beweis zu stellen.

Der Unternehmer gründete Hometogo 2014.

Der deutsche Investor brachte den ersten deutschen Spac in Frankfurt an die Börse.
Eine Kritik an Spacs ist, dass sie es Initiatoren wie Hommels ermöglichen, sich relativ schnell und mit üppigem Profit wieder aus dem Geschäft zurückzuziehen – unabhängig von der Wertentwicklung. Ein hohes Risiko für Anleger und Übernahmeziel gleichermaßen.
Hommels hat seine Mantelfirma aber so konstruiert, dass er erst bei 20 Prozent Wertsteigerung einen Teil seiner Aktien verkaufen kann: „Bei anderen Initiatoren weiß man nicht, ob sie dich nur nutzen wollen, um schnell Geld zu verdienen“, sagt Andrae.
Wichtig ist auch: Für die von Spacs übernommenen Firmen gibt es keinen Börsenprospekt, der Anleger über Chancen und Risiken des Investments aufklärt. Das Handelsblatt versucht nach einem Gespräch mit Andrae und Klaus Hommels die wichtigsten Fragen zur Hometogo-Aktie zu beantworten:
Was genau macht Hometogo?
Die Berliner Firma ist ein Onlinemarktplatz für Ferienhäuser. Für Nutzer ist die Plattform eine Suchmaschine für Ferienunterkünfte vor allem an Reisezielen in Europa. Die Plattform aggregiert Ferienunterkünfte von größeren Verwaltern und solche, die auf verschiedenen anderen Plattformen inseriert werden. Ein Großteil davon lässt sich direkt auf der Hometogo-Seite buchen. Für private Anbieter hat Hometogo Anfang des Jahres die Software Smoobu herausgebracht. Damit können sie ihre Ferienwohnungen auf verschiedenen Plattformen anbieten.
Geschäftsmodell: Wie verdient Hometogo Geld?
Hometogo erhebt in der Regel Provisionen auf die Buchungen direkt bei den Anbietern. Die Höhe hängt davon ab, auf welcher Seite Nutzer ihre Ferienunterkunft letztlich gebucht haben. Die eigene Plattform wird dabei immer stärker, sagt Andrae: „Das äußert sich dadurch, dass unsere Durchschnittsprovision 2020 bei 6,4 Prozent lag, jetzt steht sie schon bei 7,5 Prozent.“
Was kann die Technologie von Hometogo?
Moderne Onlinemarktplätze sind weit mehr als Plattformen für Inserate. So reichert die Firma Inserate über intelligente Software mit Daten an – etwa der Entfernung zum nächsten Flughafen. Zudem wird ein integrierter Bezahldienst angeboten. Und Hometogo stellt Nutzern Werkzeuge zur Verfügung, um Fotos ihrer Wohnungen besser aussehen zu lassen – wie bei Instagram. Manche Anbieter könnten dadurch ihre Buchungen verzehnfachen, sagt Andrae. Das bindet sie. Auch Partnerplattformen zeigten Interesse, diese Softwarelösungen zu nutzen. Es ist ein neues Wachstumsfeld für Hometogo.
Die Software Smoobu helfe Privatanbietern, plattformübergreifend Objekte zu verwalten, sagt Andrae. Würden Unterkünfte gleichzeitig auf Hometogo, Airbnb und Fewo-direkt beworben, ließen sich Buchungen und Preise synchronisieren. So werde sichergestellt, dass als verfügbar angezeigte Wohnungen auch tatsächlich noch zu haben sind.
Was sind die wichtigsten Kennzahlen?
Wenn die Übernahme abgeschlossen ist, wird die Marktkapitalisierung 1,2 Milliarden Euro betragen. Zieht man die Nettoverschuldung ab, ergibt sich eine Unternehmensbewertung von 861 Millionen Euro. Schwarze Zahlen schreibt die Firma dabei noch nicht: Im vergangenen Jahr hatte Hometogo ein bereinigtes Ebitda von minus zwei Millionen Euro eingefahren.
Betrachtet man die deutlich höheren Verluste in früheren Jahren, zeige der Trend in die richtige Richtung, hebt Hommels auch mit Hinweis auf die Fortschritte im besonders herausfordernden Corona-Jahr 2020 hervor. Zudem bringe jede Werbemaßnahme inzwischen deutlich mehr Geld ein, als sie koste, ergänzt der Investor.
Im ersten Halbjahr 2021 habe Hometogo einen Bruttobuchungswert von über 900 Millionen Buchungen verzeichnet – eine mehr als 25-prozentige Steigerung gegenüber dem Vergleichszeitraum 2020, sagt Andrae. Er betont, dass diese Kennzahl zur Beurteilung der Geschäftsentwicklung sehr wichtig ist, weil sie im Unterschied zu den Umsätzen nicht anzeige, wann gereist wird, sondern wann die Aufträge erteilt wurden. Insgesamt hat Hometogo im vergangenen Jahr 1,3 Milliarden Buchungen verzeichnet.
Welche Risiken gibt es bei der Aktie?
Hometogo hat sich auch in der Pandemie positiv entwickelt. Trotzdem ist das Marktrisiko insbesondere mit Blick auf die Corona-Situation laut Hommels derzeit das größte Risiko für die Firma, das niemand genau abschätzen könne.
Je nach Marktdefinition konkurriert Hometogo mit Plattformen für unterschiedliche Ferienunterkünfte. Besonders stark in dem Segment ist Airbnb, das 2020 den größten US-Börsengang des Jahres hinlegte.
Fraglich ist auch, wie weit Google noch in die Suche für Ferienunterkünfte vordringt und Nutzer künftig an die Spezialplattformen weiterleitet oder Buchungen direkt über die Suchmaschine ermöglicht. Hier hoffen Hometogo und andere Reiseplattformen auf Hilfe durch Regulierer.
Wie will Hometogo wachsen?
Der Börsengang gibt Hometogo die Möglichkeit für Akquisitionen. Damit könnte es einerseits seine technischen Lösungen erweitern, andererseits expandieren. Außerdem will das Unternehmen über sein profitables Marketing Kunden überzeugen.
Patrick Andrae darf keine Wachstumsprognosen treffen. Hommels schon: Er ist schon seit 2018 mit seiner Wagniskapitalfirma Lakestar in Hometogo investiert und hat im Zuge des Spacs noch mal einen „signifikanten“ Betrag nachgelegt, heißt es. Das soll auch seinen Glauben an die Firma unter Beweis stellen. Seine Investments in Start-ups, die sich in einem vergleichbaren Entwicklungsstadium befanden, hätten ihren Wert in den Folgejahren um den Faktor fünf bis sieben multipliziert, sagt er.
Mehr: Nach Hometogo-Deal: „Der ganze Markt schaut jetzt auf den Spac von Klaus Hommels“
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