Festplattenfirma Western Digital angeblich an Halbleiterkonzern Kioxia interessiert

Die Aktien von Western Digital sprangen nach dem Bericht um bis zu 15 Prozent in die Höhe.
San Francisco Die Festplatten- und Speicherfirma Western Digital (WD) ist laut einem Medienbericht in fortgeschrittenen Gesprächen über eine Übernahme der japanischen Kioxia Holding für geschätzte 20 Milliarden US-Dollar. Die Nachricht des „Wall Street Journals“ sorgte im späten US-Handel für einen Kurssprung von 7,8 Prozent bei der WD-Aktie.
Laut nicht näher genannten Quellen werde WD aus dem kalifornischen San Jose den Kauf mit eigenen Aktien finanzieren. Die Transaktion könne noch im September abgeschlossen werden. Die betroffenen Unternehmen waren bisher nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Kioxia ist einer der weltweit führenden Hersteller von Speicherchips und war früher die Speicher-Sparte von Toshiba, bevor sie von einer Investorengruppe aufgekauft wurde.
Der Zusammenschluss von WD und Kioxia würde beide Partner wieder in die Spitzengruppe der Speicherindustrie katapultieren, neben Samsung und dem aufstrebenden SK Hynix. Speicherchips sind ein zentraler Baustein in der IT-Industrie. Sie kommen in Smartphones, PCs, Tablets, Smartwatches, Servern in Rechenzentren oder Autos sowie zahllosen anderen digitalen Geräten zur Anwendung.
Früher waren die Massenspeicher für IT-Komponenten oder in der Konsumelektronik komplexe Bauteile mit rotierenden Platten und Datenabnehmern, die aussahen wie Tonabnehmer von Schallplattenspielern. Selbst die ersten Video-iPods von Apple hatten noch solche Festplatten. Doch mit einem generellen Preisverfall der Speicherchips wurde der Einsatz von Chips anstelle von rotierenden Platten immer wirtschaftlicher.
Das brachte Platten-Hersteller wie Western Digital oder Seagate in eine zunehmend schwierige Lage. Sie expandierten ebenfalls in die Chipindustrie, um wegbrechende Umsätze auszugleichen, da zur gleichen Zeit lokale Speicher in den Geräten durch Speicher im Internet, „in der Cloud“, ersetzt wurden.
Kryptowährungen rücken Speicherchips wieder in den Fokus
Derzeit erleben Speicherplatten allerdings einen ungeplanten Aufschwung. Grund sind Cyberwährungen. Während populäre Cyberwährungen wie Bitcoin mit extrem stromfressenden Grafikkarten „erzeugt“ werden, nutzt die „Chia Coin“ mit speziellen Files belegten Festplattenplatz als Arbeitsbeleg. Der Gründer des Chia Networks ist Bram Cohen, der bereits die Datentauschbörse Bittorrent erschaffen hat.
Chia nimmt für sich in Anspruch nur einen Bruchteil der Energie zu verwenden, die Bitcoins verbrauchen. Seit Monaten sind nun auch wieder die Absätze von Festplatten bei WD, Seagate und anderen im Aufwärtstrend, teilweise müssen Konsumenten mit Wartezeiten rechnen, die Aktienkurse steigen wieder und bieten somit eine gute Gelegenheit, um aktienbasierte Übernahmen und Fusionen zu prüfen.
Das „Wall Street Journal" weist ausdrücklich darauf hin, dass der Deal jederzeit noch scheitern könne, unter anderem weil für den japanischen Konzern auch ein Börsengang eine attraktive Alternative wäre. Eine Übernahme könnte zudem durch Einsprüche verschiedener nationaler Aufsichtsbehörden verzögert oder verhindert werden.
Wettbewerbshüter beobachten mit Argwohn die rapide zunehmende Machtkonzentration in der Chipindustrie in den Händen von nur wenigen zentralen Spielern – und auch Nvidia und AMD sehen sich zunehmend regulatorischen Hürden gegenüber. Mittlerweile gelten Investments in der Chipindustrie als eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit. Nicht zuletzt, seit eine weltweite Knappheit an speziellen Chips in vielen Industrien, zum Beispiel der Autoindustrie, zu Werksschließungen, Kurzarbeit oder gesenkten Umsatzprognosen geführt hat.
Insgesamt häufen sich die Übernahmeaktivitäten in der Chip-Industrie aktuell. Bisherige oder geplante Deals betrafen jedoch nicht die Memory- und Speicherindustrie. So will Grafikchip-Riese Nvidia den Prozessor-Designer ARM schlucken und Intel und AMD angreifen. AMD wiederum kontert mit der 35-Milliarden-Dollar-Übernahme von Xilinx, einem Hersteller von programmierbaren Halbleitern, um das Business mit Supercomputern auszubauen, das bisher von Intel und Nvidia beherrscht wird.
Die bislang bedeutendste Transaktion in der Memorychip-Industrie war der 2021 angekündigte Verkauf der Speicherchip-Sparte von Intel an die koreanische SK Hynix. Intel befindet sich aktuell in einer Konsolidierungsphase und trennt sich von Randaktivitäten, wozu auch Speicherchips gehören.
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