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Halbleiter Der weltweite Subventionswettlauf um die Chips: Industrie fordert von Europa Hilfen ein

Immer mehr Länder subventionieren Halbleiter. Europa dagegen zögert. So gerät die EU immer mehr unter Zeitdruck. Auch der Intel-Chef drängt bereits.
05.07.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
So soll das neue Halbleiterwerk von Globalfoundries in Singapur einmal aussehen. Die Amerikaner haben sich für den asiatischen Stadtstaat entschieden statt für Dresden, wo sie bereits seit Jahren fertigen. Quelle: via REUTERS
Geplante Chipfabrik

So soll das neue Halbleiterwerk von Globalfoundries in Singapur einmal aussehen. Die Amerikaner haben sich für den asiatischen Stadtstaat entschieden statt für Dresden, wo sie bereits seit Jahren fertigen.

(Foto: via REUTERS)

München, Brüssel Es ist ein Weckruf für EU und Bundesregierung: Für vier Milliarden Dollar baut Globalfoundries eine neue Chipfabrik in Singapur. Das kündigte der US-Konzern gerade an. Dabei betreibt der Auftragsfertiger zwei Werke in Dresden und hätte dort expandieren können. Allerdings sei der asiatische Stadtstaat flexibler und schneller gewesen, als es um Subventionen ging, heißt es in Firmenkreisen.

Das zeigt: Die Aufholjagd Europas bei den Chips kommt nicht voran. Das alarmiert die europäische Industrie. Die Firmen fordern von der EU, den eigenen Ankündigungen zu den Halbleitern vom Jahresbeginn endlich Taten folgen zu lassen. „Es kommt darauf an, jetzt zügig Entscheidungen zu treffen“, sagte Wolfgang Weber, Geschäftsführer des deutschen Branchenverbands ZVEI, dem Handelsblatt.

Erst Südkorea, dann die USA und Japan, nun Singapur: Eine Nation nach der anderen rüstet in der Halbleiterindustrie auf. Mit Subventionen und Steuererleichterungen wollen sich die Länder an die Spitze der Zukunftsbranche katapultieren.

Europa dagegen zögert. Dabei ist es erklärtes Ziel, unabhängiger von Lieferanten aus Asien zu werden. Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, versprach, bis 2030 die Produktion der nächsten Generation von Spitzenchips nach Europa zu holen. Zudem will der Franzose den Anteil Europas an der Chipproduktion auf 20 Prozent mehr als verdoppeln.

Noch ist aber unklar, ob und wie viel Geld zur Verfügung stehen wird. Es brauche dafür „neue Förderinstrumente, die dezidiert auf die Ausweitung der Produktionskapazität gerichtet sind“, heißt es in einer Bestandsaufnahme des ZVEI zur Lage der europäischen Chipindustrie. Es gebe bei den Subventionen „eine gravierende Lücke in der europäischen Strategie, die dringend zu schließen ist“.

Bislang würde vor allem Forschung gefördert sowie Pilotprojekte in der Industrie – eher wenig Geld sei vorgesehen für neue Werke oder die Modernisierung von Standorten. Genau das sei jetzt aber nötig: Eine neue, hochmoderne Fertigung würde rund vier Milliarden Euro an Subventionen erfordern, erläuterte Intel-Chef Pat Gelsinger. Sechs bis acht Werke will der Weltmarktführer in Europa errichten, falls genügend Staatsgeld fließt.

Europäischer Ansatz soll Subventionswettlauf verhindern

Er verstehe die Ungeduld, sagte EU-Kommissar Breton am Freitag bei einem Besuch des Münchner Chipherstellers Infineon. „Wir dürfen nicht zu lange warten“, erklärte der Franzose. In Brüssel heißt es aber, es müsse sichergestellt sein, dass die europäische Chipstrategie solide und langfristig tragfähig sei. 22 Mitgliedstaaten haben Interesse an einer europäischen Chip-Allianz bekundet. Breton müsse nun dafür sorgen, dass der Zusammenschluss angesichts der akuten Lieferengpässe nicht auseinanderbreche und jedes Land für sich versuche, Intel oder einen anderen Hersteller mit üppigen Investitionsanreizen anzulocken. Nur ein europäischer Ansatz verhindere einen Subventionswettlauf, verlautet es aus der Kommission.

Die Firmen sind auch deshalb so ungeduldig, weil seit Monaten Autofabriken stillstehen. Den Herstellern fehlen die Chips von Auftragsfertigern in Fernost.

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Dass Breton vor allem an den Chipmarkt der Zukunft denkt, hat auch mit den industriepolitischen Instrumenten zu tun, die der EU zur Verfügung stehen. Großzügige Subventionen für neue Fabriken sind unter den europäischen Beihilferegeln nur dann möglich, wenn Innovation gefördert wird. Einen Markt für die heutige Generation von Chips – jene Bauteile also, die die deutsche Autoindustrie derzeit händeringend sucht – gibt es bereits. Hier kann die EU wenig unternehmen. Die Chips von morgen dagegen kann sie subventionieren.

Andere Chipnationen preschen vor

Europa steht unter Zeitdruck: Andere Chipnationen sind mit konkreten Plänen vorgeprescht. Der US-Senat hat ein Gesetz beschlossen, um der Halbleiterindustrie mit 52 Milliarden Dollar unter die Arme zu greifen. Südkoreas Regierung will die Halbleiterhersteller des Landes mit hohen Subventionen und Steuernachlässen ermutigen, bis 2030 umgerechnet 370 Milliarden Euro zu investieren. Präsident Moon Jae In begründete dies mit den Förderprogrammen des Auslands. „Die Halbleiterindustrie ist in eine Ära des Wettbewerbs zwischen Ländern übergegangen, nicht nur des Wettbewerbs zwischen Unternehmen“, sagte er. Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga hat zwar noch keine Zahlen genannt. Er kündigte jedoch Initiativen an, „die mit denen anderer Länder vergleichbar sind“.

Der Chiphersteller erweitert seinen Standort in Irland, will aber auch auf dem europäischen Kontinent expandieren. Allerdings verlangt Intel-Chef Pat Gelsinger Subventionen in Milliardenhöhe. Quelle: NurPhoto/Getty Images
Intel-Baustelle in Irland

Der Chiphersteller erweitert seinen Standort in Irland, will aber auch auf dem europäischen Kontinent expandieren. Allerdings verlangt Intel-Chef Pat Gelsinger Subventionen in Milliardenhöhe.

(Foto: NurPhoto/Getty Images)

Es gibt noch einen Grund, dass die europäische Industrie auf eine rasche Entscheidung zu Fördermitteln drängt: „Der Bedarf an Halbleitern aller Art wird massiv steigen“, betont ZVEI-Geschäftsführer Weber.

„Eine zügige Reaktion auf die Halbleiterkrise ist von entscheidender Bedeutung, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken und die Arbeitsplätze tausender Bürger in der EU zu schützen“, fordert auch Clepa, die Vereinigung der europäischen Autozulieferer. Dem Verband zufolge stammen heute zwischen 60 und 70 Prozent der Autochips aus Taiwan oder China.

Der Intel-Chef drängt auf eine zügige Entscheidung

Der ZVEI spricht sich dafür aus, zunächst in Werke zu investieren, in denen Chips mit 12- bis 40-Nanometer-Technologie produziert werden. Dies sind Bauelemente von einer Größe, wie sie die Autohersteller benötigen. Das aber ist unter den aktuellen Richtlinien der EU schwierig umzusetzen.

Erst im zweiten Schritt sollten dann die neuesten Technologien eingesetzt werden, also die 5-, 3- und Ende des Jahrzehnts 2-Nanometer-Verfahren. Ein solches Werk würde mindestens zehn Milliarden Euro kosten.

Am Dienstag hat sich Breton in Brüssel mit Intel-Chef Gelsinger unterhalten. Es war das zweite Treffen innerhalb weniger Wochen – und es ging, einmal mehr, um den möglichen Bau neuer Intel-Chipfabriken in Europa. Der EU-Kommissar sieht in Gelsinger den idealen Partner, um die Schwächen der heimischen Industrie auszugleichen und Europa wieder zu einem ernst zu nehmenden Spieler auf dem Chipmarkt zu machen.

Gleichzeitig sucht er den Schulterschluss mit europäischen Chipherstellern. Am Freitag traf er deshalb mit Infineon-Chef Reinhard Ploss zusammen. Breton versprach, eine Entscheidung über die Förderung in den nächsten Monaten zu treffen. Für die EU-Verhältnisse wäre das ein geradezu rasantes Tempo.

Mehr: Chinas milliardenschwere Aufholjagd in der Chipindustrie stößt an Grenzen

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