Hauptversammlung Scout24 ringt mit Hedgefonds um die künftige Ausrichtung

Das Unternehmen ringt mit Hedgefonds um die künftige Ausrichtung.
München Das wesentliche Signal der Hauptversammlung von Scout24 sendeten die Aktionäre zum Schluss: Mit 53,76 Prozent der Stimmen wählten die Aktionäre Christoph Brand in den Aufsichtsrat. Den Kandidaten hatte nicht die Gesellschaft, sondern der Hedgefonds Pelham, der nach eigenen Angaben 8,22 Prozent der Scout24-Anteile hält, per Antrag aufgestellt.
Der stellvertretende Vorsitzende der Schweizer Mediengruppe Tamedia und Verantwortliche für deren Internetmarktplätze hatte bei seiner Vorstellung gesagt, er habe „keine Zweifel, dass die strategischen Fragen, mit denen wir uns befassen, auch für die ScoutGruppe relevant sind“ – nicht zuletzt diese: Wie weit könne man und solle man Synergien zwischen zwei Geschäftsfeldern herstellen oder nicht?
Eine Frage, die kürzlich erst der Hedgefonds Elliott in Bezug auf ImmobilienScout24 und AutoScout24 aufgeworfen hatte und die das Unternehmen seither umtreibt. Von vornherein ist auf der Hauptversammlung am Freitag klar: Die Stimmung ist längst nicht so gelassen, wie sie sein könnte. Dabei läuft das Geschäft „besser denn je“, wie Scout24-Chef Tobias Hartmann und Aufsichtsratschef Hans-Holger Albrecht immer wieder betonten.
Schon seit einigen Monaten herrscht Unruhe bei Scout24. Das Unternehmen betreibt mehrere Portale, die wichtigsten sind ImmobilienScout24 und Autoscout24. Dort können Wohnungen und Häuser vermittelt und Gebrauchtwagen verkauft werden. Die Frage, die über der Hauptversammlung stand: Wie lange noch?
Nach der geplatzten Übernahme durch Hellman & Friedman und Blackstone im Frühjahr ist der aktivistische Investor Paul Singer bei dem Internetunternehmen eingestiegen. Er hält inzwischen einen Anteil von etwa 7,5 Prozent und will mit einer Zerschlagung ordentlich Rendite für die 400 Millionen Euro rausholen, mit denen er seinen Hedgefonds Elliott bei Scout24 eingekauft hat.
Der Name Paul Singer ist bekannt. Wo er auftaucht, stellt er das Management öffentlich infrage. So auch bei dem Internetunternehmen. Wie es für Investoren seines Schlags üblich ist, hat er deshalb öffentlich seine Vorstellungen dargelegt und der Unternehmensleitung schlechtes Urteilsvermögen und fehlende Ambitionen vorgeworfen. Und: Die Kommunikation sei auch mangelhaft.
Der Marktwert von Scout24 liegt bei etwa 5,4 Milliarden Euro. Nach Einschätzungen von Elliott wäre Immoscout allein nach einer Zerschlagung fünf Milliarden Euro wert, für Autoscout berechnet er 2,5 Milliarden Euro. Der Wert einer Aktie würde dann von etwa 52 Euro auf 65 Euro steigen, hat Singer vorgerechnet. Einigen Beobachtern erscheint das zu hoch gegriffen.
Elliott-Aussagen wecken Begehrlichkeiten bei Aktionären
Aber: Aussagen wie die von Elliott wecken Begehrlichkeiten. Rekordergebnis hin oder her: Viele Aktionäre sehen sich auch durch die Wertsteigerung der Aktie bestätigt. Sie hatten das Angebot von Hellman & Friedman und Blackstone von 46 Euro pro Aktie inklusive Aufschlag abgelehnt, weil ihnen das zu wenig war. Die bietenden Investoren hatten eine Übernahmeschwelle von 50 Prozent gesetzt. Nur 42,8 Prozent der Aktien kamen schließlich zusammen. Der Coup scheiterte also deutlich.
Außerdem wurden auf der Hauptversammlung kritische Fragen laut, ob Tobias Hartmann wirklich eine eigene, bessere Strategie für Scout24 als Elliott hat. Er ist erst seit einem Jahr im Amt und kam in das Unternehmen, als die Zeichen noch auf Übernahme standen. Immer wieder betonte er bei der Hauptversammlung, dass für die Zukunft des Unternehmens alle Optionen geprüft würden, vorrangig „mit dem Ziel, langfristigen Wert für alle unsere Aktionäre zu schaffen“.
Seine eigenen Pläne hat der Vorstand Mitte Juli vorgestellt. Die sehen vor, Anteile im Volumen von 300 Millionen Euro zurückzukaufen. Sind weniger Aktien am Markt notiert, steigt in der Regel der Kurs. Der Haken: Scout24 müsste sich dafür verschulden. Und das Wachstum würde wohl wesentlich langsamer voranschreiten als bei einem Verkauf der Auto-Plattform. Als mögliche Käufer hat Paul Singer unter anderem bereits den Medienkonzern Axel Springer und den Gebrauchtwagenhändler Auto1 ins Spiel gebracht.
Aus Sicht der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) macht eine Aufspaltung der Scout24 AG wenig Sinn. „Wir als SdK sehen Synergien zwischen Immoscout24 und Autoscout24“, sagt Aktionärsschützerin Andrea M. Winter. Zwar sei davon auszugehen, dass die Aktionäre mit AutoScout24 „kurzfristig Kasse machen können“, das sei aber zu kurzfristig gedacht, sagt Winter mahnend. Denn bei einer Aufspaltung hätte die ImmoScout24 die Verwaltungs- und Entwicklungskosten alleine zu tragen. „Dies ist nicht im Sinne längerfristig denkender Aktionäre, die die SdK vertritt.“
Auch die Frage nach einer Rezession waberte durch die Hauptversammlung, genauso wie Bedenken, wie sich politische Debatten über eine Begrenzung von Mietpreisen auf die Gewinne von Immobilienscout24 auswirken würden. Vielleicht, so der Hintergedanke, braucht es das Gebrauchtwagenportal als Absicherung für schlechtere Zeiten.
Über diese Mahnungen muss sich das Scout24-Management nun also ebenso Gedanken machen wie über das Brand-Votum. Über ein Zwischenergebnis soll bei einem Kapitalmarkttag am 26. November informiert werden.
Kontrolliert wird der Vorstand auf Arbeitgeberseite künftig neben Brand von Flixbus-Mitgründer André Schwämmlein und dem Vorsitzenden der CRX Markets, Frank Lutz. Im Aufsichtsrat verbleiben außerdem Hans-Holger Albrecht, Ciara Smyth und Peter Schwarzenbauer. Nicht zum Zug kommt der CEO vom schwedischen Online-Reisebüro Etraveli AB, Matthias Hedlund.
Mehr: Scout24-Großaktionär Baillie Gifford fordert im Ringen um einen möglichen Verkauf von AutoScout24 „Ruhe und Stabilität“. Man sei besorgt über den Druck, dem sich das Management ausgesetzt sehe.
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