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Initiative für Netzausbau Milliarden für Glasfaser: Telefónica greift auf dem deutschen Markt an

Deutschland hängt beim Glasfaser-Netz zurück. Jetzt will die spanische Telefónica Milliarden in den Markt investieren – doch selbst das könnte nicht reichen.
05.08.2020 - 04:00 Uhr Kommentieren
Mit einer eigenen Glasfasergesellschaft will Telefónica in den Infrastrukturausbau in Deutschland einsteigen. Quelle: dpa
Leerrohre für das spätere Verlegen von Glasfaserkabeln

Mit einer eigenen Glasfasergesellschaft will Telefónica in den Infrastrukturausbau in Deutschland einsteigen.

(Foto: dpa)

Madrid, Düsseldorf Glasfaser ist ein trauriges Thema in Deutschland. Anschlüsse mit dem superschnellen Breitband sind die wichtigste Basis für eine zukunftssichere digitale Infrastruktur. Doch ausgerechnet bei den Anschlüssen für die Haushalte gehört die Bundesrepublik europaweit zu den Schlusslichtern. Jetzt schaltet sich Telefónica ein. Das spanische Telekommunikationsunternehmen hatte sein Heimatland innerhalb weniger Jahre zu den führenden Glasfaser-Staaten in Europa gemacht.

Die Spanier wollen nun auch in Deutschland den Glasfasermarkt aufmischen. Mit einer eigenen Glasfasergesellschaft will der Konzern in den Infrastrukturausbau in Deutschland einsteigen – und Milliarden investieren. Mit Telefónica Deutschland haben die Spanier zwar hierzulande schon eine Tochtergesellschaft. Diese hatte jedoch vor Längerem ihr gesamtes Breitbandnetz verkauft und betreibt heute nur noch ein Mobilfunknetz.

Wer bei Telefónica in Deutschland einen Festnetzanschluss bezieht, bekommt aktuell letztlich angemietete Leitungen von der Telekom und künftig auch von Vodafone und Telecolumbus. Jetzt sehen die Spanier aber neue Chancen.

Aus Sicht der Spanier ist Deutschland schließlich ein Entwicklungsland. „Deutschland ist ein Markt, der im Hinblick auf Glasfaser unterentwickelt ist“, sagte Telefónica-CEO Ángel Vilá jüngst bei der Vorstellung der Halbjahresergebnisse vor Analysten. In den deutschen Regionen, wo bislang noch keine Glasfaserkabel liegen, sieht er Chancen. Telefónica werde „sehr genau geografisch segmentieren und in Gebiete gehen, die noch nicht abgedeckt sind, weil wir eine Überbauung vermeiden wollen“, kündigte er an.

Telefónica will die Kosten für das Projekt nicht allein stemmen, sondern wirbt bereits seit Wochen um Investoren. Eine ganze Reihe von potenziellen Geldgebern wurde kontaktiert, wie das Handelsblatt aus Investorenkreisen erfuhr. „Wir haben mit dem Prozess schon begonnen und Interessensbekundungen erhalten“, bestätigte Vilá. Zu den Interessenten gehören nach Angaben aus Unternehmenskreisen vor allem Pensionsfonds und Infrastrukturfonds, da beide einen langfristigen Fokus hätten.

Insgesamt soll sich das Investment auf 3,2 Milliarden Euro belaufen, berichtete das US-Portal „The Information“ unter Berufung auf Insider. Als mögliche Geldgeber wurden Allianz Capital Partners, Antin Infrastructure und Brookfield Infrastructure aufgezählt.

Die genaue Struktur und die finalen Partner für das Projekt stehen noch nicht fest. Derzeit ist noch im Gespräch, ob sich auch Telefónica Deutschland beteiligen wird, wie das Handelsblatt erfuhr.

Spanien dient als Vorbild

Der Ausbau des Glasfasernetzes war über Jahrzehnte ein Dauerthema in Europa. Spanien gehörte noch im Jahr 2008, ähnlich wie Deutschland, zu den am schlechtesten erschlossenen Ländern in Europa. In nur sechs Jahren gelang es dem Land aber, sich auf den ersten Platz der großen Staaten in Europa vorzuarbeiten. Hinter dem rasanten Aufstieg stand unter anderem ein ambitioniertes Ausbauprogramm von Telefónica.

Heute besitzt Spanien ein nahezu flächendeckendes Glasfasernetz. Der Konzern kündigte am Donnerstag an, bis 2025 alle Haushalte mit den schnellen Leitungen zu versorgen. Im Vergleich der OECD-Länder rangiert Spanien auf einem der vordersten Plätze. Stand Juni 2019 hatten in Spanien 62,5 Prozent der Haushalte einen Glasfaseranschluss. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 3,6 Prozent.

Über viele Jahre hatte sich beim Glasfaser-Ausbau in Deutschland nicht viel getan. Ursprünglich hatte die Deutsche Telekom den Ausbau des Glasfasernetzes forciert, sich dann jedoch dazu entschieden, ihr bestehendes Kupfernetz mit den Vectoring-Technologien aufzuwerten. Damit sind zwar Geschwindigkeiten von bis zu 250 Megabit pro Sekunde möglich. Glasfaserleitungen bieten jedoch ein Vielfaches davon.

Grafik

Telekom-Rivale Vodafone hatte durch Übernahmen fast das gesamte TV-Kabelnetz in Deutschland erworben. Im Gegensatz zu den DSL-Kupferkabeln der Telekom können verbesserte Breitbandanschlüsse im TV-Kabelnetz Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde bieten. Doch auch hier ist klar, dass letztlich Glasfaserleitungen bis in die Wohnungen der Kunden die zukunftssichere Technik sein werden.

Bei der Hauptversammlung der Telekom hatte CEO Timotheus Höttges angekündigt, dass bis zum Jahr 2030 in Deutschland jeder Haushalt einen Glasfaseranschluss haben solle. Der Telekom-Chef rechnete vor: „Das erfordert zweistellige Milliardeninvestitionen für Deutschland. Ein Teil von uns. Aber auch von den Wettbewerbern.“ Jedes Jahr will die Telekom zwei Millionen Haushalte mit Glasfaser anschließen.

Die Telekom nimmt damit das Glasfaserprogramm wieder auf, das sie vor Jahren gestoppt hatte. Der Dax-Konzern hatte zwar in der Zwischenzeit sein deutschlandweites Glasfasernetz auf mehr als 500.000 Kilometer erweitert. Damit sind jedoch vor allem die Mobilfunkstandorte angeschlossen sowie die Verteilerkästen in der Nähe der Haushalte der Kunden. Das letzte Stück zu den Haushalten ist jedoch das aufwendigste Stück, weil viele Straßen und Vorgärten aufgerissen werden müssen.
Viele Stadtnetzbetreiber haben in den vergangenen Jahren versucht, die Lücke zu füllen. In diesem Jahr haben zudem die Investoren EQT und OMERS die Netzanbieter Inexio und Deutsche Glasfaser fusioniert. Sie kündigten Investitionen von sieben Milliarden Euro an, um damit sechs Millionen Glasfaseranschlüsse zu bauen.

Der Investitionsbedarf ist hoch

Deutschland könnte versuchen, getrieben von Telefónica, dem spanischen Vorbild zu folgen und massiv das Glasfasernetz auszubauen. Klar ist, dass es dafür eines großen Investments bedarf. Die angepeilten Milliardeninvestitionen der Telefónica-Glasfasertochter oder von EQT und OMERS werden nicht reichen. Deutlich mehr Geld ist nötig. Wie viel beispielsweise die Deutsche Telekom genau in den Glasfaserausbau investieren wird, ist noch nicht klar.
Doch ein großes Investment allein reicht nicht aus. Auch wenn es immer wieder Kritik an der Aufwertung des Kupfernetzes der Deutschen Telekom gab, ist es ihr dadurch gelungen, dass viele Menschen heute deutlich höhere Bandbreiten erhalten. Für viele Verbraucher reichen Geschwindigkeiten von 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) völlig aus.

Videostreaming ist der wichtigste Treiber für einen hohen Datendurchsatz. Wer einen Film in HD-Qualität im Stream schauen möchte, muss laut Amazon 3,5 Mbit/s bereithalten, Netflix veranschlagt 5 Mbit/s und Maxdome 6 Mbit/s. Wer auf den hochauflösenden Standard 4K setzt, braucht laut Amazon 15 Mbit/s und laut Netflix 25 Mbit/s. Rechnerisch könnten also bei einem 50-Mbit/s-Anschluss zwei Personen gleichzeitig in höchster Qualität per Netflix streamen.

Das führt dazu, dass vielen Verbrauchern derzeit die Geschwindigkeiten ausreichen. Sie sind schlicht nicht bereit, einen deutlichen Mehrpreis für einen Glasfaseranschluss zu zahlen. Der Branchenverband VATM rechnete vor, im Sommer werde es in Deutschland rund 4,75 Millionen Glasfaseranschlüsse geben. Dafür würde aber nur rund ein Drittel von Verbrauchern genutzt. Im Gegenzug bedeutet das, dass in zwei Dritteln der Haushalte, die heute schon einen Glasfaseranschluss haben, die Kunden doch lieber DSL oder TV-Kabel nutzen – vermutlich aufgrund des geringeren Preises.

Die letzten Meter des Glasfasernetzes bis an die Wohnung der Kunden sind besonders aufwendig und teuer. Quelle: imago/photothek
Glasfaser

Die letzten Meter des Glasfasernetzes bis an die Wohnung der Kunden sind besonders aufwendig und teuer.

(Foto: imago/photothek)

Das Problem ist: Für viele Verbraucher lohnt sich heute ein teurer Glasfaseranschluss zwar noch nicht, der Ausbau dauert jedoch viele Jahre. Wenn in Zukunft neue Anwendungen deutlich höhere Bandbreiten erfordern, kann Glasfaser nicht in kurzer Zeit nachgerüstet werden. Deutschland muss also heute die Richtungsentscheidung treffen, damit das Land in zehn Jahren auch wirklich ein weit verzweigtes Glasfasernetz besitzt.

Zudem wird das Glasfaserkabel in Spanien anders verlegt. Für Telefónica war der Glasfaserausbau auf dem Heimatmarkt viel günstiger als für die Rivalen in Deutschland. Telefónica hatte in Spanien bereits unterirdische Kabelkanäle gebaut, durch die der Konzern ohne großen Aufwand neue Glasfaserkabel ziehen konnte.

In Deutschland dagegen muss die Telekom alle Straßen aufreißen, um darunter erst einmal diese Kabelschächte zu verlegen. Das machte den Ausbau nach Schätzungen von Analysten um bis zu zehn Mal teurer im Vergleich zu Spanien. Goldman Sachs rechnete 2018 mit 100 bis 200 Euro pro Haus für einen Glasfaseranschluss in Spanien und 1000 Euro in Deutschland.

Hinzu kommt eine andere Regulierung für den spanischen Ex-Monopolisten: Spaniens Regulierer hat Telefónica – anders als die Bundesnetzagentur die Deutsche Telekom - nicht verpflichtet, die superschnellen Bandbreiten auch den Wettbewerbern zur Verfügung zu stellen. Das hat zusammen mit den billigen Baukosten dazu geführt, dass auch die beiden Rivalen Orange und Vodafone eigene Kabel verlegt haben – vor allem in dicht besiedelten Gebieten.

Für Telefónica bedeutet das allerdings, dass der Konzern da, wo Leitungen mehrfach verlegt wurden, seine eigene Infrastruktur nicht an die Rivalen vermieten kann. Ihm entgeht damit nicht nur Umsatz. Die starke Konkurrenz birgt zudem die Gefahr von Preiskämpfen. Diese Erfahrungen dürften ein Grund dafür sein, dass CEO Ángel Vilá nun in Deutschland eine Überbauung vermeiden will.

Mehr: Italien macht Glasfaser-Ausbau zur Staatsangelegenheit

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