Internet-Bezahldienst 45 Milliarden Dollar schwerer Deal: Was Paypal mit der Pinterest-Übernahme bezwecken könnte

Vor einigen Tagen hatte der Pinterest-Mitgründer Evan Sharp angekündigt, das Unternehmen verlassen zu wollen.
Düsseldorf, San Francisco Unter den weltgrößten Technologiekonzernen könnte die nächste Megaübernahme anstehen. Der Internet-Bezahldienst Paypal plant laut übereinstimmenden Berichten mehrerer US-Medien den Kauf der Online-Pinnwand Pinterest. Verhandlungen zwischen Vertretern beider Seiten seien sehr weit fortgeschritten und könnten in den nächsten Wochen abgeschlossen werden, hieß es.
Paypal soll 70 Dollar je Pinterest-Aktie geboten haben. Der Kaufpreis würde sich damit auf 45 Milliarden Dollar belaufen, umgerechnet etwa 39 Milliarden Euro. Damit wäre es die bisher größte Übernahme eines Social-Media-Konzerns. Microsoft zahlte vor fünf Jahren gut 26 Milliarden Dollar für die Karriereplattform LinkedIn.
Nach Veröffentlichung der Berichte legte die Pinterest-Aktie am Mittwoch fast 13 Prozent auf knapp 63 Dollar zu. Die Paypal-Bewertung sackte hingegen um knapp vier Prozent ab. Die Anleger zweifeln offenbar an dem Sinn des möglichen Zukaufs für den Bezahldienstleister.
Paypal hatte stark von der Coronapandemie profitiert, seit Anfang 2020 hat die Aktie mehr als 125 Prozent zugelegt. Derzeit wird das Unternehmen an der Börse mit mehr als 300 Milliarden Dollar bewertet. Getrieben von dem Erfolg hatte Paypal-Präsident Dan Schulman angekündigt, die Bezahl-App stark ausbauen zu wollen. Im Juli hatte er das langfristige Ziel einer „Super-App“ vorgestellt, die Finanzdienstleistungen mit Kommunikation, Einkaufen und weiteren Funktionen kombinieren soll.
Seitdem hatte Paypal eine Reihe von Schritten zum Ausbau des Angebots ergriffen. Im September hatte der Finanzkonzern aus Palo Alto den japanischen Einkaufsdienstleister Paidy für 2,7 Milliarden Dollar übernommen. Paidy ermöglicht Kunden, ein Produkt zu erwerben und erst später in Raten zu zahlen – oft sogar ohne Zinsen.
Schulman hatte gegenüber Analysten angekündigt: „In den nächsten Monaten planen wir in den USA mit einer Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen in den Bereichen Zahlungsverkehr, grundlegende Finanzdienstleistungen für Verbraucher sowie Handels- und Einkaufstools, die wir Quartal für Quartal starten werden.“
Pinterest hat ein komplett anderes Geschäftsmodell
Im Gegensatz zu Paidy ist Pinterest jedoch weit vom bisherigen Geschäftsmodell von Paypal entfernt. Auf der Plattform können Nutzerinnen und Nutzer Pinnwände anlegen, auf denen sie Bilder zu unterschiedlichen Themen sammeln. Dazu zählen beispielsweise Einrichtungsideen oder die Planung der Hochzeit. Pinterest weitet seit einiger Zeit zudem die Möglichkeiten hin zu einer gezielten Bildersuche aus.
Das Unternehmen verdient dabei Geld mit platzierter Werbung. Zudem will die Plattform direkte Einkaufsmöglichkeiten bieten. Ein Paar, das seine Hochzeit plant, könnte Ideen für Tischgedecke oder Dekoration auf einem Pinboard sammeln und per Klick direkt bestellen.
Hier könnte das Kalkül für einen möglichen Pinterest-Zukauf liegen, vermutet Mike Proulx vom Analysehaus Forrester. „Dies ist der Versuch von Paypal, in das explodierende Social-Commerce-Geschäft einzusteigen“, sagte Proulx.
Instagram und Youtube haben solche Ideen bereits umgesetzt: Dort können Werbekunden Links direkt auf Produkten in Fotos oder Videos platzieren, die dann aus der App gekauft werden können. Eine solche Funktion ist auch für Pinterest vorstellbar. Paypal würde im Hintergrund dann den Bezahlvorgang übernehmen, damit Kunden ihre Bezahldaten nicht extra bei Pinterest hinterlegen müssen.
Das könnte bei Pinterest besonders von Vorteil sein, weil die App viele ihrer Nutzer über die Google-Suche anzieht, bevor sie ein Profil dort anlegen. Solange der Nutzer ein Paypal-Kunde ist – wovon es weltweit mehr als 400 Millionen aktive gibt – könnte er das Produkt direkt bestellen.
Im zweiten Quartal verzeichnete Pinterest ein Umsatzwachstum von 125 Prozent auf 613 Millionen Dollar. Die Zahl der monatlich aktiven Nutzer stieg zwar um neun Prozent auf 454 Millionen. Analysten hatten jedoch mehr erwartet, der Börsenwert brach an einem Tag um rund acht Milliarden Dollar ein.
Pinterest versucht derzeit, seine Nutzerschaft auszubauen, und kopiert dabei Ideen von anderen Netzwerken wie den Videodiensten Tiktok oder Snapchat. Erst am Mittwoch stellte Pinterest neue Videoformate in Hochkant vor sowie einen Fonds zur Unterstützung von Nutzerinnen und Nutzern, die wertvolle Inhalte erstellen, mit einem Volumen von 30 Millionen Dollar.
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